Gescheiterte Kanzlerwahl von Merz: "Vertrauen zerrüttet" - ein Kommentar
Berlin/Dresden - Wie fühlt es sich an, wenn die Braut vorm Altar plötzlich Nein sagt? Im Gesicht von Friedrich Merz (69) konnte man es eindrucksvoll ablesen.

Spaß beiseite: Diese historische Wahlschlappe ist ein Debakel, nicht nur für den durchgefallenen Kanzler. Sie zerrüttet das mühsam aufgebaute Vertrauen zwischen CDU und SPD.
Beschädigt sind auch die frisch ernannten Fraktionsvorsitzenden-Chefs Jens Spahn (44, CDU) und Matthias Miersch (56, SPD). Vor allem aber die Parteichefs Klingbeil (47) und Merz. Trotz aller Machtfülle haben sie ihren Laden ganz offensichtlich nicht im Griff. Anders ist es nicht zu erklären, dass am Morgen noch alle intern ihre Zustimmung versicherten. Um "ihren" Kanzler dann derart zu düpieren.
Woher kommt das Misstrauen? Von den ausgebooteten SPD-Granden um Esken (63), Lauterbach (62), Heil (52) und Faeser (54)?

Vom SPD-Nachwuchs, der schon den Koalitionsvertrag abgelehnt hatte? Oder doch aus der CDU, wo Merz mit seinem AfD-Schulterschluss und gebrochenen Wahlversprechen - Schuldenpaket statt Schuldenbremse - vielen vor den Kopf gestoßen hat?
Falls Merz doch noch zum Kanzler gewählt wird, startet seine neue Regierung mit Misstrauen und tiefen Gräben. Falls nicht, schlägt wohl die Stunde der AfD. Sie ist die eigentliche Gewinnerin dieses Debakels.
Titelfoto: Fotomontage: Eric Münch//Michael Kappeler/dpa