Interview treibt Olaf Scholz zur Weißglut: "Stellen Ihre Frage nur, um Schlagzeilen zu produzieren!"

Berlin - Die nächste Ausgabe des "Tagesspiegel" dürfte bei Bundeskanzler Olaf Scholz (66, SPD) mit großer Wahrscheinlichkeit direkt in die Tonne wandern.

Im Interview mit dem "Tagesspiegel" zeigte sich Bundeskanzler Olaf Scholz (66) genervt von den Fragen. (Archivbild)
Im Interview mit dem "Tagesspiegel" zeigte sich Bundeskanzler Olaf Scholz (66) genervt von den Fragen. (Archivbild)  © Christoph Soeder/dpa

In einem am Samstagmorgen veröffentlichten Interview mit der Berliner Tageszeitung übt ein angriffslustiger Kanzler starke Kritik an den gestellten Fragen und wirft den beteiligten Journalisten vor, bloß Schlagzeilen generieren zu wollen.

In der Berichterstattung über dieses Gespräch liegt der Fokus bei einem Großteil der allgemein bekannten Medien derweil auf Scholz' optimistischer Aussage, wonach er fest damit rechne, dass seine SPD auch nach der nächsten Bundestagswahl die Regierung anführen werde.

Ein Blick hinter die Bezahlschranke des "Tagesspiegel" offenbart allerdings ein Interview, bei dem man nicht weiß, ob man lachen oder weinen soll.

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Warum, wird direkt in der ersten Zeile deutlich, als die wagemutigen Schreiberlinge den amtierenden Kanzler fragen, ob er denn noch der Richtige sei, um dem Land zu dienen. Welcher Regierungschef antwortet da gerne mit "Nein"?

Wenig überraschend lautet Scholz' Antwort also: "Klar". Fortan bekommt man als Leser den Eindruck, dass damit das Interview gelaufen ist.

Scholz vergleicht Berichterstattung mit einer Folge "Gute Zeiten, schlechte Zeiten"!

Laut Scholz werde zu wenig darüber berichtet, worum es in der Politik "wirklich" gehe. (Archivbild)
Laut Scholz werde zu wenig darüber berichtet, worum es in der Politik "wirklich" gehe. (Archivbild)  © Kay Nietfeld/dpa

Wie besessen von der Kanzlerfrage, holt der "Tagesspiegel" ein weiteres Mal aus und hakt indirekt nach, ob die SPD mit dem derzeitigen Verteidigungsminister Boris Pistorius (64) als Kanzlerkandidat nicht bessere Chancen hätte.

"Auch Boris Pistorius will, wie viele andere, dass ich wieder als Kanzler antrete. Ich sehe das genau so", reagiert Scholz zunächst. Als er darauf hingewiesen wird, dass damit die Frage nicht beantwortet sei, wird der Kanzler deutlich: "Sie stellen Ihre Frage ja auch nur, um Schlagzeilen zu produzieren. Wozu ist das gut?"

Ähnliches Spiel wenige Zeilen später: Die Journalisten bringen Gerüchte zur Sprache, wonach die FDP aus der Koalition austreten wolle und Deutschland fortan von einer Minderheitsregierung geführt werden könnte. "Wieder eine Frage, bei der ich die nächste Schlagzeile schon vor Augen sehe, egal, wie ich jetzt antworte. Ich rechne fest damit, dass die Regierung in dieser Konstellation die ganze Legislaturperiode zusammenbleibt", kontert Scholz.

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Das Highlight des Interviews liegt schließlich darin, dass der sonst so ruhig wirkende Scholz sich durch diese Fragestellungen dazu genötigt sieht, die deutsche Medienlandschaft mit einer Folge "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" zu vergleichen: "Die Bürgerinnen und Bürger erfahren von politischen Diskussionen zu selten, worum es wirklich geht. Zu oft wird nur berichtet: Wer tritt wie auf? Wer benimmt sich daneben? Wer sieht hübsch aus oder formuliert besonders clever? Wir machen hier aber keine neue Folge von 'Gute Zeiten, schlechte Zeiten' – es geht doch um Politik."

Einziges Trostpflaster für den "Tagesspiegel": Mit diesem Interview hat man zumindest eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass auch die politische Mitte nicht mehr Halt davor macht, die Medienlandschaft zu denunzieren.

Titelfoto: Bildmontage: Kay Nietfeld/dpa, Christoph Soeder/dpa

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