Kastration beim Hund: Solltest Du Deinen Hund kastrieren?

Die Kastration vom Hund gehört mittlerweile zum medizinischen Standard. Die Frage, ob der eigene Hund kastriert werden muss, kann Hundebesitzer ziemlich ins Grübeln bringen und das nicht ohne Grund, denn der Eingriff sollte in jedem Fall gut überlegt sein.

Weitere Tipps und Infos rund um Hunde gibt's im Hunderatgeber.

Eine Kastration beim Hund ist nicht in jedem Fall sinnvoll.
Eine Kastration beim Hund ist nicht in jedem Fall sinnvoll.  © 123RF/olimpic

Hunde, die aggressiv oder ungehorsam sind, jede Stelle markieren, ständig weglaufen, in der Gegenwart einer läufigen Hündin nichts mehr fressen oder allem aufreiten, können für ihre Halter eine echte Belastung sein.

Wenn der Hund Probleme macht, glauben viele Hundebesitzer, dass eine Kastration die Lösung ist. Wird der Hund nicht mehr von seinen Sexualhormonen beeinflusst, ist die Erziehung bestimmt wieder ganz einfach.

Aber ganz so leicht und effektiv, wie es vielleicht scheint, ist diese Operation dann doch nicht.

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Welche Vor- und Nachteile die Kastration für den Hund haben kann und weitere wichtige Informationen zum Eingriff findest Du im Folgenden.

Ablauf einer Kastration beim Hund

Bei der Kastration wird das zur Fortpflanzung notwendige Organ beim Hund unter Vollnarkose operativ entfernt. Eine Kastration kann sowohl bei Rüden als auch bei Hündinnen durchgeführt werden.

Kastration beim Rüden

Eine Kastration beim Rüden gilt als einfacher Routineeingriff. Sie ist wesentlich unkomplizierter als bei einer Hündin und damit auch preisgünstiger.

Bei der Operation wird der Hodensack des Hundes aufgeschnitten, die Hoden werden entfernt und die Samenstränge werden abgebunden. Zurück bleiben eine Narbe und lebenslange Unfruchtbarkeit.

Eine Kastration bei einer Hündin ist aufwendiger als bei einem Rüden.
Eine Kastration bei einer Hündin ist aufwendiger als bei einem Rüden.  © 123RF/chalabala

Kastration bei der Hündin

Wird eine Hündin kastriert, ist das etwas aufwendiger und damit auch teurer als beim Rüden.

Der Hündin werden unter Vollnarkose die Eierstöcke und zum Teil auch die Gebärmutter entfernt. Theoretisch würde es reichen, die Eierstöcke zu entfernen, aber um Krankheiten vorzubeugen, wird oft auch gleich die Gebärmutter entnommen.

Gesetze und Rechtliches zur Kastration

Wer sich damit beschäftigt, den eigenen Hund kastrieren zu lassen, sollte sich vorab zu den gesetzlichen Bestimmungen informieren.

In Deutschland ist es nach § 6 Tierschutzgesetz verboten, Organe von Wirbeltieren zu entnehmen oder zu zerstören. Es gibt jedoch Ausnahmen von diesem Verbot. Erlaubt ist Kastration, wenn sie unkontrollierte Vermehrung verhindert oder tiermedizinisch notwendig ist.

Fraglich ist, ob sich ein einfacher Familienhund in geordneten Verhältnissen wirklich unkontrolliert vermehren wird. Ebenso zu hinterfragen ist es, in welcher Form die Entnahme eines Organs, das vielleicht irgendwann erkranken könnte, wirklich tiermedizinisch notwendig ist.

Es ist auch wichtig, sich zu den Verordnungen des jeweiligen deutschen Bundeslandes zu informieren. In einigen Bundesländern ist es Pflicht, Listenhunde und verhaltensauffällige Hunde mit Gefahrenpotenzial kastrieren zu lassen.

Ab wann ist eine Kastration bei Hunden sinnvoll?

Theoretisch können Hunde in jedem Alter kastriert werden. Dennoch ist es wichtig, mindestens zu warten, bis die Pubertät, das Knochenwachstum und wichtige Entwicklungsschritte des Hundes abgeschlossen sind.

Die Sexualhormone sind wichtig für die Entwicklung des Gehirns und folglich auch für die Intelligenz, Stressverarbeitung und soziale Kompetenz des Hundes.

Im Zweifel solltest Du Dich in einer Tierarztpraxis oder mehreren beraten lassen, ob und wann eine Kastration Deines Hundes sinnvoll ist. Auch Hundetrainer beraten zur Notwendigkeit und Zeitpunkt einer Kastration.

Frühkastration führt beim Hund zu zahlreichen Problemen wie z. B. schlechte Knochen und Verhaltensauffälligkeiten.

Soll der Hund kastriert werden, ist es ratsam, sich zu informieren und Preise zu vergleichen.
Soll der Hund kastriert werden, ist es ratsam, sich zu informieren und Preise zu vergleichen.  © 123RF/lightfieldstudios

Was kostet eine Kastration beim Hund?

Wie viel eine Kastration kostet, hängt vom Geschlecht, dem Gewicht und der Größe des Hundes ab. Auch die Art und Menge des Narkosemittels sowie Medikamente, Verbandsmaterialien und die erforderlichen Nachuntersuchungen sind für den Preis der Kastration relevant.

Was alles abgerechnet werden darf, steht in der Gebührenordnung für Tierärzte (GOT). Darin ist ebenfalls ein Gebührenrahmen festgelegt.

Da der Grundsatz für den Zeitaufwand und Weiteres stark variieren können, lässt sich keine allgemeingültige Aussage, sondern nur eine grobe Schätzung der Kosten für eine Kastration treffen.

Geschätzte Kosten für eine Kastration beim Hund:

  • Rüde: bis zu 400 Euro
  • Hündin: bis zu 600 Euro

Hundehalter sollten vorab den Gebührensatz und die Zusatzkosten klären. Es empfiehlt sich, Beratungen von verschiedenen Tierarztpraxen oder Tierkliniken in Anspruch zu nehmen, Preisvorschläge einzuholen und diese zu vergleichen.

Die preislichen Unterschiede sind zum Teil sehr groß, weshalb es sich finanziell sehr lohnen kann, etwas Zeit in die Recherche zu investieren.

Vorteile einer Kastration beim Hund

Es gibt einige positive Aspekte, die für eine Kastration des Hundes sprechen.

Mögliche Vorteile einer Kastration beim Hund sind:

  • Unfruchtbarkeit (keine ungewollten Nachkommen)
  • Vorbeugung für Krankheiten wie Hodenkrebs, Gebärmuttervereiterung (Pyometra), Gesäugetumor (Mammatumor) oder Scheinträchtigkeit (Scheinmutterschaft)
  • Kastration kann eine Voraussetzung für Hundeschule, -pension oder -wettbewerbe sein
  • hormongesteuertes Verhalten wird seltener oder bleibt aus
  • keine Läufigkeit und Blutung bei Hündinnen
  • Insulin kann bei Hunden mit Diabetes mellitus ungestört von Sexualhormonen wirken

Hundebesitzer sollten jedoch bedenken, dass eine Kastration keine Garantie dafür ist, dass der Hund nicht erkrankt. Manche Erkrankungen sind nicht nur auf das Organ, sondern auch auf andere Faktoren wie Ernährung und Stress zurückzuführen.

Ein weiterer Punkt ist, dass das Risiko für bestimmte Erkrankungen generell gering ist. Es ist nicht sinnvoll, dem Hund aus Angst alles entfernen zu lassen, das eventuell erkranken könnte.

Hundehalter sollten sich Gedanken machen, ob es wirklich Vorteile für den Hund sind oder sie sich durch die Kastration einen einfacheren Hund erhoffen.

Nachteile einer Kastration beim Hund

Wie jeder operative Eingriff ist auch eine Kastration nicht ganz ungefährlich und auch nach der Operation kann sich das Ganze negativ auf die Gesundheit sowie das Verhalten des Hundes auswirken.

Mögliche Nachteile einer Kastration beim Hund sind:

  • Grundrisiko der Narkose, Operation und Narbenheilung
  • keine Zucht mehr möglich
  • erhöhtes Risiko zum Übergewicht
  • Neigung zur Schilddrüsenunterfunktion
  • Inkontinenz (Harnträufeln)
  • Entwicklungsstopp, fehlende körperliche und geistige Ausbildung (z. B. Inaktivität, Desinteresse, kindliches Verhalten, Unsicherheit und Unruhe)
  • Fellveränderung, "Welpenfell" bleibt erhalten
  • erhöhtes Risiko für Milztumore, Knochenkrebs und Prostatakrebs (Prostatakarzinom)
  • Anfälligkeit für Gelenkerkrankungen und orthopädische Probleme wie Hüftgelenksdysplasie
  • häufige Entzündung der Ohren
  • vor allem bei Hündinnen kommt es zur verstärkten Ablehnung gegenüber Artgenossen, Beißerei und Aggressivität

Ob der Hund die Kastration gut verträgt oder doch unter den negativen Spätfolgen leidet, hängt vom richtigen Zeitpunkt und dem individuellen Tier ab.

Nach der Kastration sind manche Hunde aggressiver als zuvor.
Nach der Kastration sind manche Hunde aggressiver als zuvor.  © unsplash/Collins Lesulie

Verhalten des Hundes nach der Kastration

Eine Kastration wird oft durchgeführt, um das durch Sexualhormone gesteuerte Verhalten beim Hund zu unterbinden. Umso überraschender ist es für Hundebesitzer, wenn der Rüde oder die Hündin nach der Kastration keine Besserung oder sogar noch eine Verschlimmerung der unerwünschten Verhaltensweisen zeigt.

In solchen Fällen wurde das Verhalten des Hundes fälschlicherweise den Sexualhormonen zugeschrieben. Es gibt jedoch eine Vielzahl von anderen Hormonen und Faktoren, die unerwünschtes Verhalten des Hundes begünstigen.

Die Sexualhormone hingegen sorgen für ein hormonelles Gleichgewicht. Wenn sie dem Hund fehlen, kommt es manchmal zu einer grundlegenden Wesensveränderung.

Aggression, Angst und Unsicherheit

Ein sehr wirkungsvolles Hormon ist Cortisol, das auch Stresshormon genannt wird. Wird dieses beim Hund übermäßig viel produziert, begünstigt Cortisol Angst, Unsicherheit, Panik und auch Aggression. Eine Kastration kann helfen, dieses durch Cortisol gesteuerte Verhalten zu unterbinden.

Es gibt jedoch auch andere Gründe für Aggression, Angst oder Unsicherheit beim Hund.

Hunde zeigen sich ebenso aus Selbstschutz und zur Selbstverteidigung aggressiv, was auf das Kampfhormon Noradrenalin zurückzuführen ist. Dieses Hormon sorgt auch dafür, dass Hunde schnell lernen. Folglich lernt der Hund schnell, dass Aggression für ihn ein guter Ausweg aus einer unsicheren Situation ist.

Wurden die Tiere zu früh kastriert, fehlt es ihnen zusätzlich an Selbstbewusstsein und Stressresistenz, was ebenso zu Unsicherheit und Angst führt.

Dominanz

Wer den Hund als dominant empfindet, wird das Problem nicht durch eine Kastration lösen können. Der Begriff Dominanz beschreibt keine Charaktereigenschaft des Hundes, sondern die Beziehung zwischen zwei Hunden oder auch Hund und Mensch.

Können Besitzer ihren angeblich dominanten Hund nicht erziehen, liegt es oft nicht am Hund, sondern vielmehr an der Führungskompetenz der Halter.

Manchmal ist es sinnvoller, an der Beziehung zwischen Hund und Mensch zu arbeiten, anstatt den Hund kastrieren zu lassen.
Manchmal ist es sinnvoller, an der Beziehung zwischen Hund und Mensch zu arbeiten, anstatt den Hund kastrieren zu lassen.  © unsplash/Patricia Simonet

Sexualtrieb und Ressourcenverteidigung

Manche Hundehalter glauben vielleicht, dass sie ihrem Hund den sexuellen Frust nehmen, wenn sie ihn kastrieren. Sie sollten jedoch bedenken, das in einem natürlichen Hunderudel nicht alle Tiere ihren Sexualtrieb ausleben, denn Hunde leben in einer Hierarchie, wo nur der Ranghöchste zur Paarung berechtigt ist.

Wenn der Hund Gegenstände, Tiere oder Menschen besteigt, handelt es sich oft nicht um den Sexualtrieb, sondern um eine Übersprunghandlung, welche viele Ursachen haben kann.

Auch Verhaltensweisen wie Eifersucht und Partnerschutz sind nicht durch Sexualhormone, sondern durch das Eifersuchtshormon Vasopressin gesteuert. Kastrierte Hunde können genauso aggressiv ihre Besitzer verteidigen wie unkastrierte.

Das Elternhormon Prolaktin sorgt dafür, dass Rüden ihren Welpen verteidigen, und kann bei Hündinnen eine Scheinschwangerschaft auslösen.

Negative Verhaltensweisen, die nicht auf die Sexualhormone zurückzuführen sind, bleiben nach der Kastration erhalten und können sich verschlimmern. Folglich kann beim Hund eine Kastration keinesfalls eine Verhaltenstherapie ersetzen.

Alternativen zur Kastration beim Hund

Wer den Hund nicht dauerhaft unfruchtbar machen möchte, kann Alternativen in Erwägung ziehen, welche die Sexualhormone nur für bestimmte Zeit reduzieren.

Sterilisation

Es ist eine Fehlannahme, dass Kastrationen bei Rüden und Sterilisation bei Hündinnen durchgeführt werden. Die Begriffe beschreiben zwei unterschiedliche Eingriffe, die bei beiden Geschlechtern durchgeführt werden können. Bei der Sterilisation werden die Samen- oder Eileiter durchtrennt. Die Hoden oder die Eierstöcke bleiben dem Hund erhalten, wodurch die Sexualhormone trotzdem wirken können.

Die Vorteile sind, dass der Hormonhaushalt nicht so stark gestört wird wie bei der Kastration und die Sterilisation meistens umkehrbar ist.

In der Tierpraxis wird Sterilisation eher weniger durchgeführt, weil es ein etwas komplizierterer und auch teurerer Eingriff ist. Außerdem ändert sich das hormongesteuerte Verhalten durch eine Sterilisation des Hundes nicht.

Die chemische Kastration macht Hunde nur für einen befristeten Zeitraum unfruchtbar.
Die chemische Kastration macht Hunde nur für einen befristeten Zeitraum unfruchtbar.  © 123rf/nenovbrothers

Chemische Kastration beim Hund: Hormonimplantat

Die chemische Kastration ist bislang nur für Rüden zugelassen und macht den Hund nur vorübergehend unfruchtbar. Um den Hund chemisch zu kastrieren, wird ihm ein Suprelorin-Implantat bzw. ein Kastrations-Chip unter die Haut zwischen den Schulterblättern oder im Bereich des Nabels gesetzt. Das Implantat enthält den Wirkstoff Deslorelin, der die Aktivität der Libido, den Testosteronspiegel und die Fortpflanzungsfähigkeit des Hundes für etwa 6 bis 14 Monate einschränkt.

Hundebesitzer sollten beachten, dass sich die Wirkung des Implantates erst nach einigen Wochen zeigt.

Diese zeitlich begrenzte Variante eignet sich gut, um zu sehen, ob die Sexualhormone sich wirklich negativ auf den Hund auswirken, um entsprechend das Verhalten des Hundes zu trainieren.

Muss Dein Hund wirklich kastriert werden?

Hundehalter sollten sich genau überlegen, warum sie ihren Hund kastrieren wollen und ob eine Kastration wirklich die richtige Lösung ist. Kastration kann den Hund zwar schon vor bestimmten Erkrankungen bewahren, macht ihn aber gleichzeitig anfälliger für andere.

Es ist ratsam, sich umfangreich beraten zu lassen und für den Hund individuell abzuwägen, wie groß der Leidensdruck aufgrund der Sexualhormone und Fortpflanzungsorgane wirklich ist.

Eine Kastration ist kein Weg zum einfachen Hund. Die Operation kann weder die richtige Erziehung des Hundes noch eine Verhaltenstherapie ersetzen. Worauf es ankommt, sind das Wohlbefinden und die Gesundheit des Hundes.

Titelfoto: 123RF/olimpic

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