Merle-Hund: So gefährlich ist das Merle-Gen

Gemustert wie ein Leopard oder Marmor: Manche Hunde haben eine individuelle und besondere Fellfärbung. Ihr einzigartiges Fell macht Merle-Hunde sehr beliebt. Doch der sogenannte Merle-Faktor ist bei Hunden sehr umstritten.

Ein Merle-Hund ist durch seine einzigartige Fellfärbung ein echter Hingucker.
Ein Merle-Hund ist durch seine einzigartige Fellfärbung ein echter Hingucker.  © 123RF/dorazett

Seitdem die Menschen verstanden haben, wie sie die verschiedenen Eigenschaften von Hunderassen gezielt kombinieren und züchten können, gibt es für die Varietät fast keine Grenzen mehr. Folglich wächst die Zahl der Hunderassen in unterschiedlichster Ausprägung stetig.

Bei der Hundezüchtung spielen auch optische Aspekte wie Augen- und Fellfarbe eine Rolle. Weil sie besonders schön und populär sind, werden Australien Shephards oder Border Collies gezielt mit fleckigem Fell gezüchtet. Dieses Fell wird als "merle" (zu Deutsch "marmoriert") bezeichnet.

Weil die Nachfrage nach solchen Hunden steigt, wird das Merle-Gen in viele Hunderassen eingekreuzt. Für Forschung und Züchter ist das Grund genug, sich genauer mit der Genetik von Merle zu beschäftigen.

10 beliebte mittelgroße Hunde im Rasseportrait
Hunderatgeber 10 beliebte mittelgroße Hunde im Rasseportrait

Der Hunderatgeber klärt auf, was sich hinter der einzigartigen Merle-Färbung bei Hunden verbirgt.

Was ist das Merle-Gen?

Merle zu verstehen, ist gar nicht so leicht, denn die Genetik dahinter ist ziemlich komplex. In der Forschung und Hundezucht kursieren zu Merle die unterschiedlichsten Thesen, Ansichten, Meinungen und Mythen.

Bei Hundefell gibt es die drei Grundfarben Braun, Schwarz und Rot. Die Haarfarbe von Hunden wird durch die Pigmente Eumelanin (Schwarz-Braun-Pigment) und Phäomelanin (Rot-Pigment) bestimmt. Wie viele Pigmente der Hund im Fell bildet und welche Farben letztendlich entstehen, wird durch die Gene des Tieres bestimmt.

Bei Hunden mit Merle-Gen im Erbgut ist das Silver-Locus-Gen (Pmel17) mutiert. Konkret wurden zusätzliche Stücke DNA in das eigentliche Genom eingefügt (SINE Insertion). Es gibt verschiedene Merle-Typen, die nach der Basenpaarlänge der Allele unterschiedenen werden. Je länger diese sind, desto ausgeprägter ist Merle. Welche das bei dem individuellen Merle-Hund konkret sind, ist vorrangig für die Zucht relevant.

Die Merle-Mutation im Silver-Locus-Gen hellt die Fellbereiche, in denen ausschließlich Eumelanin vorkommt, auf. Das Fell, in dem ausschließlich Phäomelanin enthalten ist, bleibt normalerweise unverändert. Folglich ist Merle eine Pigmentstörung durch einen Gendefekt bzw. eine Genmutation.

Da die Stellen im Fell, die eigentlich schwarz sind, aufgehellt oder weiß abgezeichnet wurden, sieht das Fell des Hundes gefleckt, gescheckt oder gesprenkelt aus. Die dunklen Flächen wirken zerrissen. Bei manchen Merle-Hunden erinnert die einzigartige und unregelmäßige Pigmentierung an Marmor.

Ein Hund ist entweder Merle oder nicht. Die Ausprägung variiert von Hund zu Hund. Bei vielen Merle-Hunden zeigt sie sich durch Flecken und bei anderen sind ganze Fellflächen verändert. Bei bestimmten Fällen ist das Pigment "gelöscht", sodass der Hund vollständig weiß erscheint. Einige Hunde mit Merle-Gen im Erbgut haben ein unverändertes Fell.

Eumelanin ist ebenso für die Färbung der Augen, der Nase und der Haut des Hundes relevant. Bei Hunden mit Merle-Gen sind oft auch die Augen stechend blau oder braun verfärbt. Es kann sein, dass beide Augen verschieden gefärbt sind.

Tipp: Wer sich umfassend und tiefgreifend mit dem Thema auseinandersetzten möchte, sollte sich mit den Arbeiten der Züchterin Verena Priller und der Tierärztin Jana Westerveld sowie der kanadischen Züchterin Mary Langevin beschäftigen.

Red Merle und Blue Merle sind zwei beliebte Fellfärbungen bei Hunden.
Red Merle und Blue Merle sind zwei beliebte Fellfärbungen bei Hunden.  © 123RF/izemphoto

Merle-Hund: Farbvarianten

Die durch die Genmutation entstehende Merle-Variante ist abhängig davon, welche Grundfarbe das Fell des Hundes eigentlich hat. Merle ist eine noch etwas instabile Mutation, die ganz verschiedene Ausprägungen zur Folge haben kann.

Red Merle

Als Red Merle werden Hunde bezeichnet, deren Fell rötlich oder bräunlich gescheckt ist. Die Färbung entsteht, wenn der Rot-Anteil im Fell relativ hoch ist und Schwarz aufgehellt bzw. gelöscht wird. Red Merle ist eher selten

Die Färbung wird Red Merle, Chocolate Merle oder auch Brown Merle genannt. Sollte Red Merle nicht so stark ausgeprägt sein, sind nur einzelne Haare verfärbt und das Fell hat einen ungewöhnlichen Rotstich.

Blue Merle

Bei Blue Merle bzw. Black Merle ist das Hundefell meist grau mit schwarzen Flecken. Diese Verfärbung entsteht, wenn die eigentliche Grundfarbe des Fells Schwarz gewesen wäre.

In manchen Fällen ist das Fell des Merle-Hundes auch silbergrau mit einem Blaustich.

Mittlerweile ist die Merle-Färbung als Zuchtstandard für mehrere Hunderassen von der Weltorganisation der Kynologie FCI (Fédération Cynologique Internationale) anerkannt.

Mosaik-Hunde

Mosaik-Hunden sind ein Sonderfall. Optisch ist Mosaik nicht eindeutig vom üblichen Merle zu unterscheiden. Die Besonderheit der Hunde ist, dass sie unterschiedliche Informationen bzw. Allele in ihren Zellen tragen, welche sie dann auch vererben können.

Hunderassen mit Merle-Faktor

Das Merle-Gen wird in viele Hunderassen eingekreuzt.
Das Merle-Gen wird in viele Hunderassen eingekreuzt.  © 123RF / Liudmilachernetska

Viele Hundehalter finden Hunde mit Merle-Faktor besonders schön. Aufgrund der Nachfrage wird Merle gezielt gezüchtet und in die verschiedensten Hunderassen eingekreuzt.

Diese Hunderassen werden mit Merle-Gen gezüchtet:

  • Australian Shepherd
  • Beauceron Sheepdog
  • Border Collie
  • Cardigan Welsh Corgi
  • Catahoula Leopard Dog
  • Chihuahua
  • Cocker Spaniel
  • Collie
  • Dackel
  • Deutsche Dogge
  • Norwegian Hound
  • Pit Bull
  • Pomeranian
  • Pyrenean Shepherd
  • Shetland Sheepdog
Können Hunde Farben sehen?
Hunderatgeber Können Hunde Farben sehen?

Diese Auflistung hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Hunde mit Merle-Faktor können teuer verkauft werden, weshalb es für Züchter sehr reizvoll ist, das Gen in jede Hunderasse einzukreuzen.

Wer die Züchtung mit Merle-Gen einmal richtig verstanden hat, kann dieses in verschiedenste Hunderasse einkreuzen. Es gelten die gleichen genetischen Regeln.

Merle-Hund: Gibt es gesundheitliche Probleme?

Das Problem bzw. die Herausforderung bei der Züchtung von Hunden mit Merle-Faktor ist, dass diese Genmutation nicht nur die Fellfarbe, sondern auch andere Körperbereiche des Hundes verändern kann.

Augen und Ohren bei Merle-Hunden

Die meisten Merle-Hunde haben keine Beschwerden und sind völlig gesund.

Wie bei vielen anderen genetischen Veränderungen ist eine Weiß-Färbung jedoch mit einem gesundheitlichen Risiko verbunden, denn Weiß ist die Abwesenheit des Pigments. In seltenen Fällen kann Merle Sinnesorgandefekte wie Fehlbildungen der Augen oder im Innenohr hervorrufen.

Der Grund ist, dass das Pigment Eumelanin nicht nur für die Färbung wichtig ist, sondern auch für die Funktion des Sinnesorgans. Ist dieses reduziert oder fehlt dieses ganz wie bei Merle, dann kann es vorkommen, dass das Organ beeinträchtigt ist.

Selbiges gilt auch für andere pigmentlöschende Gene wie z. B. Whitehead, Weißscheckung und die Harlekin-Modifikation bei Doggen.

Hunde mit Merle-Faktor haben in seltenen Fällen Probleme mit den Augen und Ohren.
Hunde mit Merle-Faktor haben in seltenen Fällen Probleme mit den Augen und Ohren.  © 123RF/photodeti

Doppel-Merle

Die bedenklichste Form der Genmutation wird umgangssprachlich als "Doppel-Merle" oder "Weißtiger" bezeichnet. Doppel-Merle kann bei der Züchtung mit bestimmten Kombinationen von Merle-Hunden entstehen. Im seltenen Extrem-Fall haben diese Tiere ein vollständig weißes Fell mit nur wenigen Farbflecken.

Mögliche Probleme von "Doppel-Merle-Hunden":

  • Beeinträchtigung der Hörfähigkeit bis hin zur Taubheit
  • Blindheit

Aus diesem Grund ist es in Deutschland laut § 11b Tierschutzgesetz verboten, zwei Tiere mit bestimmten Merle-Genen zu paaren.

Es kann jedoch sein, dass die Tiere mit Doppel-Merle versehentlich gezüchtet werden, denn nicht alle Hunde mit Merle-Gen zeigen die phänotypische Ausprägung (Augen- und Fellfärbung). Das Risiko, einen kranken Merle zu züchten, kann extrem verringert werden, wenn man die Gene der Zuchttiere genauesten testet und dann nur bestimmte Kombinationen bei der Zucht zulässt. Ein gewisses Restrisiko durch zufällige Mutationen besteht bei jeder Zucht, egal ob es sich dabei um Merle handelt oder nicht.

Unseriösen und illegalen Züchtern ist es egal, ob die Tiere gesund sind. Es geht nur um den Gewinn. Wer sich einen Merle-Hund anschaffen möchte, sollte beim Kauf auf vertrauensvolle Züchtung achten. Am besten ist es, sich vor Ort ein Bild von der Haltung der Hunde zu machen.

Merle ist genetisch nachweisbar, aber derartige Tests kosten Geld. Leider sind nicht alle Züchter dazu bereit, diesen Preis zu zahlen.

Bei der Zucht mit Merle sollte man die Gene der Hunde genauesten analysieren, um Qualzucht zu vermeiden.
Bei der Zucht mit Merle sollte man die Gene der Hunde genauesten analysieren, um Qualzucht zu vermeiden.  © 123RF/duben

Fazit:

Wer sich einen Hund anschafft, sollte daran denken, dass dieser kein schickes Accessoire, sondern ein Lebewesen ist. Was letztendlich wirklich zählt, ist die Gesundheit des Hundes. Achte beim Kauf eines Merle-Hundes auf eine seriöse Züchtung.

Titelfoto: 123RF/dorazett

Mehr zum Thema Hunderatgeber: