Antisemitisches Kunstwerk? Hochschule zieht Konsequenzen und zeigt Kritiker an

Von Daniel Josling

Halle/Leipzig - Ein Kunstwerk bei der Jahresausstellung der Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle sorgte für Diskussionen auch über Sachsen-Anhalt hinaus. Kritiker bezeichnen das Werk als antisemitisch. Die Hochschule beruft sich auf die Ausdrucksfreiheit.

Die Hochschule Burg Giebichenstein bietet verschiedene Studiengänge unter anderem in den Bereichen Design und Kunst an. (Archivbild)
Die Hochschule Burg Giebichenstein bietet verschiedene Studiengänge unter anderem in den Bereichen Design und Kunst an. (Archivbild)  © Heiko Rebsch/dpa

Nach anhaltender Kritik hat die Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle die Gründung eines unabhängigen Ethikrats angekündigt. Das Gremium soll Empfehlungen für den Umgang mit Kunstfreiheit, gesellschaftlicher Wirkung und öffentlicher Kritik entwickeln, wie die Hochschule mitteilte.

Auslöser der Debatte war ein Kunstwerk auf dem Campus Kunst, das laut dem Bündnis gegen Antisemitismus Halle eine übergroße Palästinaflagge sowie eine plastische Form zeige, die an antisemitische Schmähdarstellungen aus dem Mittelalter erinnere - insbesondere an die Darstellung eines Schweinekopfs.

Die Kritiker werfen der Hochschule vor, antisemitische Bildsprache unter dem Deckmantel der Kunstfreiheit zu dulden.

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Die Hochschule weist das zurück. Bei dem Werk handle es sich um ein "abstraktes Relief", das bereits im Frühjahr 2023 entstanden und im selben Jahr gezeigt worden sei - also vor Beginn des Gaza-Kriegs.

Hochschule stellt Strafanzeigen und beruft sich auf Kunstfreiheit

Bettina Erzgräber ist seit Oktober 2022 Rektorin an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein. (Archivbild)
Bettina Erzgräber ist seit Oktober 2022 Rektorin an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein. (Archivbild)  © Hendrik Schmidt/dpa

Die farbliche Überarbeitung kam laut Hochschule erst in diesem Jahr hinzu und soll die Empathie des Künstlers mit der Zivilbevölkerung im Gaza-Streifen ausdrücken.

"Kunst darf provozieren, irritieren und gesellschaftliche Normen hinterfragen", betonte Rektorin Bettina Erzgräber. Die Hochschule betonte zugleich, dass die Kunstfreiheit nicht unbegrenzt gelte. Sie ende dort, wo die verfassungsmäßigen Rechte anderer verletzt würden – etwa bei Volksverhetzung.

Ob eine Grenze überschritten sei, müsse juristisch geprüft werden. Die Einführung eines unabhängigen Ethikrats soll bei künftigen Debatten helfen.

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Inzwischen hat die Hochschule Strafanzeige gegen einzelne öffentliche Äußerungen gestellt.

Das Thema Kunstfreiheit beschäftigt auch sächsische Hochschulen

Das Bündnis gegen Antisemitismus kritisierte das Vorgehen scharf. Einerseits wolle man Hinweise ernst nehmen, andererseits Kritiker rechtlich belangen. Der Landesverband Jüdischer Gemeinden Sachsen-Anhalt zeigte sich ebenfalls tief besorgt. Die Darstellung auf dem Hochschulgelände habe "tiefes Entsetzen und Besorgnis in der jüdischen Gemeinschaft ausgelöst".

Auch in Sachsen beschäftigt das Thema Kunstfreiheit und gesellschaftliche Verantwortung immer wieder die Kunsthochschulen. Die Hochschule für Grafik und Buchkunst (HGB) in Leipzig betonte auf Anfrage, sie verstehe sich als Ort öffentlicher Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Fragen.

Zugleich positioniere sich die HGB entschieden gegen jede Form von Antisemitismus und Diskriminierung.

Titelfoto: Bildmontage: Heiko Rebsch/dpa; Hendrik Schmidt/dpa

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