Abstiegs-Kandidaten der 3. Liga: Erwischt es wieder zwei von vier Aufsteigern?

Deutschland - Zwei von vier! In der SpVgg Bayreuth und dem VfB Oldenburg mussten zum Ende der abgelaufenen Spielzeit zwei Aufsteiger direkt wieder runter in die Regionalliga. Die Mission Klassenerhalt 3. Liga gehen der SSV Ulm, Preußen Münster, der VfB Lübeck und die SpVgg Unterhaching mit unterschiedlichen Strategien an. Wer drin bleibt? TAG24 macht den Check.

Genügt der Aufstiegskader des SSV Ulm in der 3. Liga?

Für Ulms Kapitän Johannes Reichert (32, r.) ging mit dem Aufstieg seines Jugendvereins ein Kindheitstraum in Erfüllung.
Für Ulms Kapitän Johannes Reichert (32, r.) ging mit dem Aufstieg seines Jugendvereins ein Kindheitstraum in Erfüllung.  © Felix Kästle/dpa

Die Ulmer Spatzen sind zurück auf der Landkarte des Profifußballs! Zuletzt bevölkerten die Schwaben 2000/01 die 2. Bundesliga, hatten zuvor sogar ein kurzes Gastspiel in der Beletage des Fußballs.

Der nach der Insolvenz 2014 eingeleitete Neuaufbau mündete jetzt mit dem Sprung in die 3. Liga. Für das Vorhaben Klassenerhalt vertrauen Trainer Thomas Wörle (41) und Co. im Wesentlichen dem Aufstiegskader.

Aushängeschild und Abwehrchef Johannes Reichert (32) schnürt schon seit Kindestagen die Schuhe für den SSV. Nebenmann Thomas Geyer (31) bringt die Erfahrung von über 300 Drittliga-Einsätzen mit. In der Aufstiegssaison war die Defensive mit nur 25 Gegentoren das Prunkstück der Liga.

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Außerdem kommt die Ulmer Mannschaft über Fußballerfahrung, Eingespieltheit und Geschlossenheit, lediglich sieben Neue wurden geholt. Der bekannteste: Mittelstürmer Lenn Jastremski (22), immerhin noch mit Vertrag bei der U23 von Bayern, vergangene Hinrunde aber nur mit einem Tor für Aue.

Die Basis des Erfolgs bleiben eine stabile Defensive und ein besonnenes Umfeld. Offensiv müssen sich die Spatzen (nur 59 Ligatore) um Torjäger Lucas Röser (29) erheblich steigern, wenn sie bis zum Schluss um den Klassenerhalt mit zwitschern wollen.

Kann Preußen Münster die Abgänge von Nicolai Remberg und Henok Teklab auffangen?

Sebastian Mrowca (29, r.) war über viele Jahre Kapitän von Wehen Wiesbaden. Jetzt will der zweikampfstarke, aber auch verletzungsanfällige Defensivakteur in Münster vorangehen.
Sebastian Mrowca (29, r.) war über viele Jahre Kapitän von Wehen Wiesbaden. Jetzt will der zweikampfstarke, aber auch verletzungsanfällige Defensivakteur in Münster vorangehen.  © PICTURE POINT / S. Sonntag

"Alle zusammen - eine Stadt steigt auf." Der eigens von Preußen Münster produzierte Aufstiegsfilm steht symbolisch für die neugewonnene Attraktivität. In der Aufstiegssaison strömten teilweise mehr Fans ins Stadion als in der zurückliegenden Drittliga-Periode (2011 bis 2020).

Damals wie heute waren die Ur-Preußen Simon Scherder (30, Innenverteidigung) und Max Schulze-Niehues (34, Tor) dabei, die seitdem aber nicht jünger geworden sind. Auch Trainer Sascha Hildmann (51) hat den Ab- wie Aufstieg miterlebt.

Mit der neuen Zeitrechnung hat auch ein Aderlass eingesetzt: Die Aufstiegshelden Henok Teklab (24) und Nicolai Remberg (23) wechselten höherklassig, Dennis Grote (36) riss sich das Kreuzband.

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Sie ersetzen sollen Malik Batmaz (23, Sturm), der schon in jungen Jahren sechsmal in Liga 2 traf, Sebastian Mrowca (29, defensives Mittelfeld) der jüngst mit Wiesbaden in diese Spielklasse aufstieg sowie Joel Grodowski (25, Sturm), der mit der Empfehlung von neun Torbeteiligungen für Verl zurückgeholt wurde.

Das über drei Regionalliga-Saisons gewachsene Kollektiv wurde sinnvoll verstärkt, die Mischung aus Jung und Alt, erfahren und entwicklungsfähig stimmt. Dennoch bleibt fraglich, ob der Verlust der drei Säulen aus der Aufstiegssaison aufgefangen werden kann.

Hat der VfB Lübeck aus der Abstiegssaison 2020/21 gelernt?

Lukas Pfeiffer (32) wird in der anstehenden Saison der jüngste Chefcoach der 3. Liga sein.
Lukas Pfeiffer (32) wird in der anstehenden Saison der jüngste Chefcoach der 3. Liga sein.  © Michael Schwartz/dpa

VfB Lübeck? 3. Liga? Da war doch was! Richtig, kaum hatten die Hansestädter die lang ersehnte Rückkehr in den Profifußball 2020 geschafft, bremste sie Corona und die Zuschauerbeschränkungen aus. Mit nur 35 Punkten stieg man sofort wieder ab.

Den Neuaufbau leitete in Lukas Pfeiffer der Co-Trainer der Abstiegself erfolgreich ein. Der 32-Jährige besitzt nicht die erforderliche Trainerlizenz, trotzdem segeln die Lübecker mit ihrem Steuermann volle Kraft voraus Richtung 3. Liga.

Wurden spielerseitig die Lehren aus der Abstiegssaison gezogen? Bedingt. Kapitän 2020 wie heute ist Tommy Grupe (31), dessen Kopfballstärke hinten wie vorne eine Waffe ist, dem allerdings wie Nebenmann Jannik Löhden (34) komplett die Geschwindigkeit abgeht.

Auf der Zugangsseite kam neben zwei Talenten aus der U23 des HSV der zentrale Mittelfeldspieler Hanno Behrens (33). Doch der 210-malige Zweitliga-Profi verpasste nach seinem Indien-Abenteuer die komplette Vorbereitung angeschlagen, genauso wie der letztjährige Topscorer Felix Drinkuth (28).

Darum ruhen offensiv alle Hoffnungen auf Rückkehrer Cyrill Akono (23). Der Mittelstürmer ist der einzige Spieler im Kader, der schon regelmäßig in der 3. Liga traf. Außerdem hat man zu wenige U23-Spieler im Kader.

Schon die Meisterschaft in der eher schwachen Regionalliga Nord gelang eher schleppend. Wenn Sportvorstand Sebastian Harms (44) nicht noch zwei, drei Verstärkungen an die Trave holt, droht den Lübeckern dasselbe Szenario wie 2021.

Ein Neuer, ein unerfahrener Trainer und hohe Bälle, reicht das der SpVgg Unterhaching in der 3. Liga?

Markus Schwabl (32) wird nicht nur seine elfte Spielzeit für die Hachinger absolvieren, sondern ist neuerdings in Doppelfunktion auch Sportdirektor der SpVgg.
Markus Schwabl (32) wird nicht nur seine elfte Spielzeit für die Hachinger absolvieren, sondern ist neuerdings in Doppelfunktion auch Sportdirektor der SpVgg.  © Picture Point / Gabor Krieg

Der prominenteste Abgang der Hachinger war der des Trainers: Aufstiegscoach Sandro Wagner (35) verabschiedete sich. Geht mit dem ehemals kantigen Mittelstürmer auch der Spielstil der SpVgg verloren?

Die Erfolgsformel der Vorsaison und Aufstiegsspiele war relativ einfach: Lange Schläge auf die bulligen Patrick Hobsch (28) und Matthias Fetsch (34) im Sturmzentrum. Ein pragmatischer Ansatz, der für den Abstiegskampf taugen könnte, insbesondere Torschützenkönig (27 Treffer) Hobsch brennt darauf, im zweiten Anlauf 3. Liga durchzustarten.

Offensiv bleiben keine großartig anderen Optionen, da Niclas Anspach (23) wechselte, Toptalent Maurice Krattenmacher (17) verletzt ist und aus finanziellen Gründen noch nicht mit Standardspezialist Sebastian Maier (30) verlängert wurde.

Außerdem schlägt der Verlust von Abwehrchef David Pisot (36) ins Kontor, ihn soll der einzige Neue, der 1,95 Meter lange Ösi Raphael Schifferl (24) ersetzen. Generell punktet der Verein mit einem familiären Umfeld, beförderte nicht ohne Grund den bisherigen U19-Coach Marc Unterberger (34) ins erste Glied.

Für den Zusammenhalt sorgen langjährige Haudegen wie Präsidenten-Sohn Markus Schwabl (32) oder Kapitän Josef Welzmüller (33) in seiner zehnten Haching-Saison. Ob diese simplen Mittel zum Klassenerhalt im Haifischbecken 3. Liga reichen, erscheint fraglich.

Retten 14-Tore-Stürmer Dominic Baumann und Sreto Ristic den Halleschen FC vor dem Abstieg?

Dominic Baumann (28, l.) ist Halles neuer Zielspieler im Sturm. In der Vorbereitung (hier gegen Lok Leipzig) zeigte er bereits, wie schwer er vom Ball zu trennen ist.
Dominic Baumann (28, l.) ist Halles neuer Zielspieler im Sturm. In der Vorbereitung (hier gegen Lok Leipzig) zeigte er bereits, wie schwer er vom Ball zu trennen ist.  © PICTURE POINT / S. Sonntag

Die Bilanz von Trainer Sreto Ristic (47) war beachtlich: 24 Punkte aus den verbliebenen 16 Partien retteten den Halleschen FC vor dem Abstieg, sorgten für die zwölfte Drittliga-Saison in Folge. Der Landespokalsieg kam obendrauf.

Außerdem fing Ristic das Umfeld wieder ein - lange Zeit als graue Maus der Liga verschrien, sind viele Saalestädter froh, weiter Teil dieser Spielklasse zu sein, da die Konkurrenz oft über mehr Mittel oder eine größere Fanbase im Umfeld verfügt.

Darüber hinaus zahlte sich der mutige Personalkurs von Sportchef Thomas Sobotzik (48) aus: Die langfristig wie frühzeitig verlängerten Verträge der Häuptlinge Jonas Nietfeld (29) und Niklas Kreuzer (30) setzten Kräfte frei, galten andererseits nur für den Fall des Klassenerhalts.

Als offensive Entlastung konnten Spielmacher Besar Halimi (28) und Torjäger Dominic Baumann (28) gewonnen werden, der zuletzt zwei Jahre zweistellig traf. Bis auf Tom Zimmerschied (24) und Felix Gebhardt (21) blieb der Kern des Teams beisammen und sollte nach der Rückrunde enger zusammengerückt sein.

Schafft es Sreto Ristic erneut, dem Team den Spirit einzuimpfen, dass Halle und 3. Liga alles andere als selbstverständlich ist, sollte mit der vorhandenen Achse erneut die Klasse gehalten werden.

Viel Unruhe im Umfeld und ein unausgewogener Kader bei Rot-Weiß Essen

Vinko Sapina (28) war zwei Jahre der Taktgeber im Verler Mittelfeld und wurde gegen Ablöse von Konkurrent Rot-Weiß Essen abgeworben.
Vinko Sapina (28) war zwei Jahre der Taktgeber im Verler Mittelfeld und wurde gegen Ablöse von Konkurrent Rot-Weiß Essen abgeworben.  © PICTURE POINT / S. Sonntag

Als RWE Ende Juni einen Jahresverlust von 3,6 Millionen Euro auf der Mitgliederversammlung bekannt gab, schrillten die Alarmglocken in Essen.

Nur dank teurer Nachverpflichtungen hielt der Aufsteiger nach Horrorstart (sechs Spiele, drei Punkte, minus acht Tore) die Klasse und am nicht unumstrittenen Trainer Christoph Dabrowski (45) fest.

Kaum einer im nervösen Essener Umfeld wird eine erneute Zittersaison dulden. Dafür traf man mutige Entscheidungen und trennte sich von den drei langjährigen Führungsspielern Felix Herzenbruch (30), Oguzhan Kefkir (31) und Simon Engelmann (34), auch um die Verjüngung voranzutreiben.

Von den entwicklungsfähigen Neuzugängen Aaron Manu (23), Eric Voufack (21), Marvin Obuz (21), Lucas Brumme (23) sollte der ein oder andere zünden. Definitiv liefern müssen der aus Verl geholte Vinko Sapina (28) und Sturmtalent Leonardo Vonic (20), für die der Revierklub sogar kleine Ablösen zahlte.

Dennoch geht Essen insbesondere offensiv die Torgefahr ab, während man im zentralen Mittelfeld erst recht nach der Verpflichtung Sapinas überbesetzt scheint. Außerdem belasten zahlreiche Kaderfüller den Etat.

Der Essener Kader wirkt unausgewogen, einige Spieler sind verletzungsanfällig, das Umfeld kann an guten Tagen beflügeln, in schlechten Zeiten der härteste Gegner sein. Es muss vieles zusammenpassen, damit RWE mehr als der Klassenerhalt gelingt.

Titelfoto: Bildmontage: Felix Kästle/dpa, Michael Schwartz/dpa, PICTURE POINT / Gabor Krieg

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