Videoschiedsrichter töten den Fußball: VAR, du hast das Spiel gestohlen, gib es wieder her!

Frankfurt am Main - Was wurde uns eingefleischten Fußballfans mit der Einführung des Video Assistant Referee (VAR) alles versprochen: mehr Gerechtigkeit, weniger bis gar keine klaren Fehlentscheidungen mehr. Rund fünfeinhalb Jahre später ist das Projekt krachend gescheitert, meint TAG24-Redakteur Angelo Cali, der zudem klar konstatiert: "Der Videoschiedsrichter tötet den Fußball!"

Nicht nur am Sonntag stand der Videoschiedsrichter im Fokus: Auch im Hinspiel zwischen Eintracht Frankfurt und dem 1. FC Köln zeigte der VAR seine grässliche Fratze.
Nicht nur am Sonntag stand der Videoschiedsrichter im Fokus: Auch im Hinspiel zwischen Eintracht Frankfurt und dem 1. FC Köln zeigte der VAR seine grässliche Fratze.  © DPA/Arne Dedert

Jedem Eintracht-Fan blutet bei dieser Erinnerung wohl noch immer das Herz: Der 16. Mai 1992 hätte ein glorreicher werden können - endete jedoch im Desaster. Am letzten Spieltag der Saison hätte die SGE mit einem Sieg in Rostock das zweite Mal nach 1959 Deutscher Meister werden können.

Doch letztlich verloren die Adler vom Main mit 1:2, was den VfB Stuttgart zum Titelträger machte. Im Fokus stand hierbei vor allem einer - Schiedsrichter Alfons Berg (67) aus Konz. Denn der verweigerte der Truppe um Andreas Möller (55), Manfred Binz (57), Uwe Bein (62) und Co. beim Stand von 1:1 einen glasklaren Foulelfmeter.

Eben solche Dramen sollten sich durch die Einführung des VAR ab der Bundesligasaison 2017/18 nicht mehr wiederholen - dachte man zumindest. Doch das einzige, was dieses hochtechnische Folterinstrument zu vollbringen imstande ist, sind lange Phasen Ungewissheit, gestohlene Emotionen und allem voran klare Fehlentscheidungen - nur eben ganz andere.

Bedrohliches Szenario: Verliert dieser Bundesligist 16 Spieler auf einen Schlag?
Bundesliga Bedrohliches Szenario: Verliert dieser Bundesligist 16 Spieler auf einen Schlag?

Dabei ist es nicht einmal das Schlimmste, dass ein nicht gegebener Einwurf nach rund zwei weiteren Spielminuten dafür sorgt, dass ein glasklarer Treffer nicht gegeben wird. Vielmehr ist es die groteske Inkonstanz, mit der Spieltag für Spieltag ans Werk gegangen wird.

Auch der VfB Stuttgart kann mittlerweile wohl getrost auf den VAR verzichten

Klare - und richtige? - Botschaft der Stuttgarter Gruppierung "Ultras Schwabensturm 2002".
Klare - und richtige? - Botschaft der Stuttgarter Gruppierung "Ultras Schwabensturm 2002".  © John MACDOUGALL/AFP

Mehr Gerechtigkeit im Fußball durch den VAR? Denkste!

Der Gang zum Videomonitor ist mittlerweile Alltag im Profifußball. Doch sollte er das weiterhin sein?
Der Gang zum Videomonitor ist mittlerweile Alltag im Profifußball. Doch sollte er das weiterhin sein?  © dpa/David Inderlied

Eine Aktion, die auf einem Platz mithilfe des Videoreferees noch zurückgepfiffen wird, ist auf einem anderen nicht mal eine Überprüfung wert. Schuld daran mag zwar auch die teilweise undurchsichtige Regellage sein, ein gewisses Gschmäckle bleibt bei ungleicher Handhabe aber allemal.

Konkrete Beispiele gefällig? Aber gerne doch! Allein am vergangenen Spieltag sprach das Schiedsrichtergespann um Sascha Stegemann (38) beim Spiel der Freiburger gegen den VfB Stuttgart (2:1) den Hausherren zwei Strafstöße zu. Insbesondere im zweiten Fall benötigte es rund zehn Minuten, bis eine Entscheidung pro Freiburg gefällt war. Ursprünglich hatte der Unparteiische übrigens auf "kein Strafstoß" entschieden.

Das machte nicht nur VfB-Coach Bruno Labbadia (57) fuchsig ("So wird der Schiedsrichter enteiert"), sondern ergänzte mein ganz persönliches Groll-Puzzle um ein weiteres Element. Doch weiter geht's!

Nach Meisterschaft von Bayer 04: Dieser Sport-Star kann sich so gar nicht freuen
Bundesliga Nach Meisterschaft von Bayer 04: Dieser Sport-Star kann sich so gar nicht freuen

Zum Abschluss der 20. Runde musste Eintracht Frankfurt beim 1. FC Köln ran und kassierte dabei eine bittere 0:3-Niederlage. Doch hätte es wirklich so weit kommen müssen? Möglicherweise nicht!

Warum verstehen die Verantwortlichen nicht, dass das Projekt VAR gescheitert ist?

TAG24-Redakteur Angelo Cali hat keinen Bock mehr auf den Videoschiedsrichter.
TAG24-Redakteur Angelo Cali hat keinen Bock mehr auf den Videoschiedsrichter.  © privat

VfB-Coach Bruno Labbadia bringt es knallhart auf den Punkt: "So wird der Schiedsrichter enteiert!"

Ach, Bruno, ich kann dich nur allzu gut verstehen...
Ach, Bruno, ich kann dich nur allzu gut verstehen...  © DPA/Tom Weller

Nach einem Eckball für die SGE ist zumindest beim Betrachten der Kameraaufnahmen klar zu erkennen, dass Köln-Kicker Eric Martel (20) aktiv mit dem oberen Teil seines Arms in Richtung des Spielgeräts geht.

Alle Gegebenheiten sprechen klar für ein Handspiel - und obwohl des Fußballteufels Werkzeug eingreift und Schiri Daniel Siebert (38) vor den Monitor zitiert wird, bleiben die Korrektur und somit der Handelfmeter aus. Es hätte das 1:0 für die Adlerträger sein können.

Dass Stuttgart und Frankfurt an diesem Wochenende angesichts der gezeigten Leistungen wohl auch trotz Entscheidungen zu den eigenen Gunsten verloren hätten, darf hier durchaus angebracht werden. Dennoch weiß jeder echte Fan, wie herrlich komplex unser aller, vermeintlich derart simpler, Lieblingssport mitunter sein kann.

Und daher komme ich auch nicht umhin, mit zum Gebet gefalteten Händen in Richtung Fußballgott zu fluchen: "VAR, du hast das Spiel gestohlen, gib es wieder her!"

Titelfoto: Montage: John MACDOUGALL/AFP, DPA/David Inderlied

Mehr zum Thema Bundesliga: