Nach Loblied auf "Weltklasse"-Havertz: Ex-DDR-Trainer rüffelt Nagelsmann!

Jena - Da staunten viele Fans der deutschen Nationalmannschaft nicht schlecht, als Kai Havertz (24) im Spiel gegen die Türkei plötzlich als Linksverteidiger zum Zug kam. Bundestrainer Julian Nagelsmann (36) verteidigte seine Entscheidung im Anschluss aber vehement und lobte den Arsenal-Star über den grünen Klee. Ein alter Hase der Zunft will die Kirche lieber im Dorf lassen.

Vom Torschützen zum Pechvogel: Kai Havertz (24) erlebte gegen die Türkei ein Wechselbad der Gefühle.
Vom Torschützen zum Pechvogel: Kai Havertz (24) erlebte gegen die Türkei ein Wechselbad der Gefühle.  © Robert Michael/dpa

Der exotische Plan des neuen DFB-Übungsleiters schien zunächst voll aufzugehen, denn schon in der fünften Minute netzte der gebürtige Aachener zur 1:0-Führung ein.

Der Rest des Liedes ist bekannt, die Adlerträger verloren am Ende trotzdem mit 2:3. Den entscheidenden Handelfmeter verursachte ausgerechnet der umgeschulte Offensivakteur, wenn auch mit viel Pech ob der streitbaren Entscheidung.

Dennoch hielt sich Nagelsmann auf der anschließenden Pressekonferenz mit Superlativen nicht gerade zurück. Havertz sei ein "Weltklasse-Spieler" und habe die ungewohnte Rolle "sensationell" ausgefüllt.

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Bernd Stange (75), der von 1983 bis 1988 selbst als Nationaltrainer für die DDR an der Seitenlinie stand, sieht das etwas anders.

"Lieber Kollege, lieber Julian, auf der Pressekonferenz nach dem Türkei-Spiel bezeichnest Du dreimal unseren Kai Havertz als Weltklasse-Spieler. Mit dieser Bezeichnung sollten wir generell als Trainer etwas vorsichtiger umgehen", schrieb der Sachse laut der Bild-Zeitung auf seinem privaten Facebook-Profil.

Bernd Stange (75) führte die DDR als Trainer in 53 Partien zu 24 Siegen.
Bernd Stange (75) führte die DDR als Trainer in 53 Partien zu 24 Siegen.  © dpa/dpa

Für Bernd Stange ist Kai Havertz noch nicht Weltklasse

Zuletzt betreute Bernd Stange (75, M.) die syrische Nationalmannschaft, inzwischen hat er seine Trainerkarriere aber beendet.
Zuletzt betreute Bernd Stange (75, M.) die syrische Nationalmannschaft, inzwischen hat er seine Trainerkarriere aber beendet.  © Jia Shiqing/SIPA Asia via ZUMA Wire/dpa

Zwar gehöre der England-Legionär mit seiner Begabung zweifellos zu den Stars der Zukunft und verfüge definitiv über Talent, aber "er kämpft bei Arsenal um einen Stammplatz, hat bei zwölf Premier-League-Spielen acht Teileinsätze zu verzeichnen."

Demgegenüber seien die beschworenen Akteure von Weltformat "absolute Stammspieler", die aus der Masse herausstechen würden und "auch mal Spiele allein entscheiden".

"Ronaldo, Messi, Mbappé, Benzema fallen mir ein, auch Neuer. Buffon, Matthäus oder Ronaldinho in der Vergangenheit. Sie sind der Maßstab für die Bezeichnung Weltklasse!", so der mittlerweile 75-Jährige weiter.

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Havertz müsse sich diese höchste Lobpreisung erst erarbeiten. "Heute ist er es noch nicht", meinte Stange. Außerdem sollten Trainer den verschwenderischen Umgang mit dem Begriff "Weltklasse" doch eher den Journalisten überlassen.

Von der Hand zu weisen ist die Argumentation des erfahrenen Fachmanns mit Blick auf die jüngsten Leistungsnachweise des Arsenal-Kickers sicher nicht. Und Stange muss es wissen, denn der gebürtige Oberlausitzer ist nach seiner Amtszeit im Dienste der DDR ordentlich herumgekommen.

Nach Stationen beim FC Carl Zeiss Jena, Hertha BSC und dem VfB Leipzig zog es den Taktikfuchs in die weite Welt, wo er unter anderem die Nationalmannschaften des Oman, des Irak, von Singapur und Belarus betreute. Zuletzt war er von 2018 bis 2019 für die Auswahl von Syrien zuständig.

Titelfoto: Robert Michael/dpa, dpa/dpa

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