Behörden-Irrsinn um einen Zaun! Regionalliga-Klub muss seit einem Jahr auswärts spielen
Berlin - Es ist das wohl größte Trauerspiel des deutschen Viertliga-Fußballs! Die Mühlen der Behörden zwingen Regionalliga-Neuling Hertha 03 Zehlendorf seit einem Jahr zum Ausweichen, was ihre Spielstätte angeht.
Alles in Kürze
- Hertha 03 Zehlendorf spielt seit einem Jahr auswärts
- Kein separierter Gästebereich in der Heimspielstätte
- Bezirksamt verzögert Bau eines Zauns zur Fantrennung
- Verein erleidet Wettbewerbsnachteil und Mehrkosten
- Ausschreibung des Bauauftrags läuft, Entscheidung erwartet

Am Sonntag war in Zehlendorf, im Süden Berlins, ein kleiner Feiertag. Knapp 900 zahlende Zuschauer wollten sich das Duell zwischen Hertha 03 und dem BFC Preussen nicht entgehen lassen.
Gespielt wurde im Ernst-Reuter-Sportfeld, was einer Seltenheit gleichkommt. Denn Hertha 03 Zehlendorf darf in seiner eigenen Spielstätte gegen Teams mit nennenswertem Gäste-Aufkommen nicht spielen!
Gemäß NOFV-Statuten muss jedes Stadion einen separierten Gästebereich samt eigenem Zugang aufweisen. Stichwort: Fantrennung.
Dafür ist ein im Boden verankerter Zaun zur Abtrennung der Gästezone unerlässlich. Einen solchen besitzt die Zehlendorfer Heimspielstätte nicht, auch weil sich das zuständige Bezirksamt seit einem Jahr quält, diesen zu errichten.
Die Konsequenz: Die "kleine Hertha" muss seit dem Viertliga-Aufstieg ins Stadion Lichterfelde von Lokal-Rivale Viktoria Berlin ausweichen. Den Zehlendorfer gehen so lukrative Heimspieltage gegen illustre Gegner wie Carl Zeiss Jena, Rot-Weiß Erfurt oder dem Chemnitzer FC, die den Reiz der Liga ausmachen, flöten.
Hertha 03 Zehlendorf erleidet "großen Wettbewerbsnachteil" und Mehrkosten in der Regionalliga

Im Telefonat mit TAG24 spricht Zehlendorfs Präsident Kamyar Niroumand von einem "großen Wettbewerbsnachteil", weil auswärts der Flair fehle. Viele eingefleischte Zehlendorfer Fans würden sonst zu Fuß ins Ernst-Reuter-Sportfeld kommen.
Außerdem belaste die Situation die Vereinskasse: Die "kleine Hertha" müsse bis zu 4000 Euro für jedes auswärtige Heimspiel mehr zahlen.
In der Vorsaison habe dies fast ein Zehntel des Gesamtetats blockiert, der Arbeitsaufwand mit dem Überkleiden der Werbetafeln gar nicht einberechnet.
Dabei waren nach Auskunft von Niroumand die baulichen Anforderungen für die Regionalliga Verein und Bezirksamt von langer Hand bekannt. Bereits im Februar 2024 - und damit vier Monate vor dem tatsächlichen Aufstieg - gab das Bezirksamt die Zusage, den Zaun zu bauen und finanzieren.
Anderthalb Jahre später ist davon nichts zu sehen. Die Frage muss erlaubt sein: Warum braucht das Bezirksamt so lange, um einen einfachen Zaun zu errichten?
Zehlendorf-Präsident spricht vom "berühmtesten Zaun Berlins", Bezirksamt schweigt

Eine Mail von TAG24 blieb unbeantwortet - nach unseren Recherchen herrschte lange Uneinigkeit zwischen Bau-, Sport- und Grünflächenamt des Bezirks. Unter anderem soll eine Baumwurzel Schwierigkeiten verursacht haben.
In der Hauptstadt kein Einzelfall: Die VSG Altglienicke zog wegen einer ausstehenden Baugenehmigung auf eigenem Grund sogar kürzlich nach Brandenburg um.
Als im Fall Zehlendorf endlich die Ausschreibung des Bauauftrags erfolgt war, bewarb sich kein Unternehmen. Im Raum stehen zu hohe Hürden der Bürokratie und ein verhältnismäßig kleiner Auftrag.
Der Verein ging selbst auf die Suche, stellte Kontakt zu einer Baufirma her, erklärte sich bereit, sogar die Kosten zu übernehmen. Das Bezirksamt schrieb noch einmal den Bauauftrag aus - in der Hoffnung, dass sich mindestens die von Zehlendorf benannte Firma bewerbe.
Dem Vernehmen nach endet die Ausschreibung, eine Entscheidung wird dieser Tage erwartet. Zuletzt hätten Voruntersuchungen auf der Zehlendorfer Anlage stattgefunden. Gibt es endlich Licht am Ende des Tunnels?
Niroumand rechnet vor, dass ab der Auftragserteilung sechs bis acht Wochen vergehen dürften, bis der "Fantrenner" tatsächlich errichtet wäre. Seine Hoffnung: Im Oktober steht endlich der "berühmteste Zaun Berlins".
Titelfoto: Bildmontage: IMAGO / Matthias Koch (2)