Union-Berlin-Blog: Versöhnliches letztes Quali-Spiel mit WM-Tickets

Berlin - Eisern: In einer Personal-Union aus drei waschechten Berliner Fußball-Fan-Originalen gibt es bei TAG24 den Union-Berlin-Blog.

Christian Beeck, Jürgen Heinemann und Tobias Saalfeld.  © Archiv

Die Autoren:

Icke (Jürgen Heinemann) ist seit Mitte der Siebzigerjahre Unioner und als Betriebswirt seit über 30 Jahren im Vertrieb tätig. Er ist verheiratet und hat ein erwachsenes Kind. Icke lebt heute in Grünheide und schreibt hier als Gründer des Blogs.

Unionfux (Tobias Saalfeld) ist seit über 40 Jahren Unioner, er arbeitet als Freischaffender für Bühne, Funk und Fernsehen, auch dort schreibt er.

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Beecke (Christian Beeck), Ex-Bundesliga-Spieler (Hansa, Cottbus), Ex-Union-Manager, 21 Länderspiele für DDR-Junioren, stammt aus dem eigenen Nachwuchs von Union. Beecke hat zwei Kinder. In unserem Union-Blog fungiert Beecke als Berater.

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18. November: Versöhnliches letztes Quali-Spiel mit WM-Tickets

Nico Schlotterbeck (25) lässt sich feiern.  © Jan Woitas/dpa

Icke: Endlich spielte Deutschland einmal 90 Minuten konzentriert. Mit 6:0 wurden die Slowaken regelrecht auseinandergenommen. Das Spiel an sich war schon nach einer guten halben Stunde entschieden. Da stand es schon 3:0. Zur Halbzeit dann 4:0.

Die leicht verletzt gewesenen Schlotterbeck und Kimmich spielten. Das war auch wichtig, sie gaben Stabilität. Baumann hatte nicht allzu viel zu tun. Musste aber seinen Qualitätsnachweis in der 21.Minute erbringen. Da kratzte er einen Ball in Richtung Torecke noch um den Pfosten. Ganz stark! Die Abwehrreihe Kimmich-Tah-Schlotterbeck-Raum spielte wieder und hatte keine Probleme. Im zentralen Mittelfeld gab es mit Goretzka und Pavlovic wieder die Bayern-Variante und vorn durfte wieder Sane auf rechts spielen. Links Wirtz und in der Mitte Gnabry. Ganz vorn der immer besser werdende Woltemade.

Es war ein munteres Spiel. Die Slowaken waren sehr schwach. Das nutzten wir aus. Wir waren konzentriert und leisteten uns sehr wenige Fehler. Selbst unser Angriffsspiel war kreativ. Das kommt dabei heraus, wenn unsere Spieler endlich einmal ihre Potentiale abrufen. Sie können es ja. Sane auf rechts erwischte einen Tag, wo man feststellen musste, in der Form gehört er in die Stammelf. Zwei Tore (das dritte und vierte Tor) erzielte er selbst und viele gute Vorbereitungen kamen dazu. Woltemade eröffnete mit seinem druckvollen Kopfball zum 1:0. Und fragte sich hinterher selbst, wo irgendwelche Gegenspieler waren. Es waren im Umkreis von 5 Meter keine vorhanden. Das zweite Tor machte dann Gnabry nach Vorarbeit von Goretzka. Zeitweise spielten die Deutschen ihren Gegner schwindlig.

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Nagelsmann brachte F. Nmecha zur Halbzeit für Pavlovic nur zur vorbeugenden Sicherheit. Er fügte sich nahtlos ein. Die leicht angeschlagenen Schlotterbeck und Kimmich wurden dann nach einer guten Stunde durch Baku und Thiaw ersetzt. Ersterer hatte gleich so viel Spaß am deutschen Kombinationsspiel, dass er gleich mal das 5:0 (67.) schoss. Da ging es Nagelsmann durch den Kopf, was einmal funktioniert … könnte auch ein zweites Mal klappen. Nachdem er in der 72.Minute die linke Außenbahn durch Brown für Raum ersetzt hatte, brachte er nun in der 77.Minute den nachnominierten Quedraogo. Sein Pokerspiel ging auf. Zwei Minuten später erzielte der Rasenball-Spieler das 6:0.

Das Grund-Korsett für die WM bilden sicherlich die elf Kicker der Startformation. Havertz und Musiala werden alles daransetzen, wieder federführend mitzumischen. Beide befinden sich in der Reha. Kleindienst muss sich strecken und seine beste Form wiederfinden, will er Woltemade als 9er eine echte Konkurrenz sein. Bei Rüdiger werden wir sehen, ob er sich noch einmal reinspielen kann. Vor seiner Verletzung wackelte er gewaltig. Und Tah und Schlotterbeck scheinen sich gefunden zu haben. Na gut, im Tor müssen wir keine Sorgen haben. Auch Baumann kann eine gute WM spielen. Der eigentlich gesetzte Ter Stegen muss eine Lösung finden, Stammkeeper zu sein. Sonst wird es nicht klappen. Und zur allergrößten Not, kann man Neuer rund um die Uhr anrufen. Ob es El Mala oder Karl noch schaffen? Das ist schwer zu prognostizieren. Das Talent, eine gute WM für ein Land aus den Top-Ten zu spielen, haben beide Kicker. Ich vermute einer der beiden jungen Spieler wird mit in die USA reisen. Von den Ex-Unionern wird es wohl nur Schlotterbeck schaffen. Andrich scheint aktuell ohne Chance zu sein. Noch kann er sich aber durch starke Leistungen in der zweiten Hälfte der aktuellen Bundesliga-Saison empfehlen. Eisern.

17. November: Eine Institution - der Union Preis-Skat

Einige Unioner hatten am vergangenen Samstag gute Laune beim Skat - auch Präsident Dirk Zingler.  © Jens Kalaene/dpa

Icke: Neben dem eigentlichen Fußball hat der 1. FC Union eine ganze Menge Aktivitäten, Freizeitspaß und Soziales zu bieten. Ganz vorn mit dabei sind natürlich das Weihnachtssingen und das Drachenboot-Rennen. Ebenso die vereinseigene Stiftung, die sich vielen sozialen Dingen im Kiez, aber auch in ganz Berlin widmet. Bildungs- und Lernpatenschaften werden durchgeführt. Feriencamps für Kinder gibt es mehrere. Notfalls kann die Fanbase auch mit "2000 Mann-Stärke" anrücken und ein ganzes Stadion bauen. Und sollte es mal wieder eng werden, so wird eben in Massen Blut gespendet. Aber da gibt es noch ein kleines - aber feines Event:

Zum 50. Mal hintereinander fand am vergangenen Samstag der Union-Preis-Skat statt. Eine tolle Tradition. Seit über 20 Jahren wird in der Abseitsfalle gezockt, der Union-Kneipe am Stadion schlechthin. Früher war man gewohnt, alles liegt in der Hand von Andre Rolle, dem Chef-Organisator und ehemaligen Stadionsprecher von Union. Er hat das über einen langen Zeitraum verlässlich und hervorragend organisiert. An seiner Seite standen und stehen immer noch: Ukka, Wolfgang Vallentin und Torsten Eisenbeiser. Seit einiger Zeit ist federführend die Unionförsterin mit dabei. Ergo muss auch der (große) Olli mit ran. Marian (Andre Rolles' Sohn) gehört jetzt traditionell auch mit zum Team. Ebenso wie auch Fabian, den man mit Union-Spitznamen "Huhn" ruft. Und eben natürlich das (komplette) Team der Abseitsfalle.

120 Skatspieler vergnügten sich dann mit einer 1A-Organisation bis an die Mitternachtsgrenze. Zwei große Vierer-Runden werden gespielt und eine Pause gibt's dann auch noch. In früheren Jahren beglückten das Turnier Ex-Kicker wie Wolfgang Matthies und Manfred Zapf. Dieses Mal war es Dirk Zingler, der Lust auf einen gepflegten Skat hatte. Woher ich das alles weiß? Ich war schon in früheren Jahren gern dabei. Hatte nur eine (wenn auch größere) Pause eingelegt. Nach dem diesjährigen "Gute-Laune-Turnier" werden weitere Pausen bei mir entfallen.

Warum ist das so cool? Es ist völlig unwichtig, wer gewinnt und wer Letzter wird. Die Kommunikation zwischen Unionern und natürlich auch der Spaß am Skat stehen im Vordergrund. Bei mir jedenfalls hat sich das mehr als erfüllt. Einige Leute habe ich neu kennengelernt und alte Haudegen wiedergetroffen. Wenn man dann noch wenigstens ab und zu ein gutes Blatt bekommt, dann ist das ein mehr als gelungener Abend. Die Würze bei allem sind natürlich auch die Preise. Das war früher schon immer Wahnsinn, was die Orgas alles zusammengetragen haben. Wurde aber wohl dieses Jahr noch einmal getoppt. Jeder Teilnehmer bekommt einen Preis. Und was für Preise dort standen! Einen kleinen Union-Fan-Shop hätte man locker füllen können. Und es ist einfach schön zu sehen, wenn der (z.B.) 118. Immer noch einen wirklich tollen Preis bekommt.

Das ist es, was den 1. FC Union ausmacht. Bei Pflichtspielen immer ausverkauft (kein Wunder bei inzwischen knapp 75.000 Mitgliedern). Immer laut das Team unterstützend. Nie pfeifend. Und auch beim Skat, Drachenboot oder Weihnachtssingen Spaß haben. Die Ärztin neben dem Mann vom Bau und alles passt. Sportvereine wie Union erfüllen hier einen ganz wichtigen Beitrag für unsere Gesellschaft. Der Berliner Senat hat das noch nicht verstanden, sonst würde er sich (hinsichtlich der Infrastruktur bei der aktuell anstehenden Stadion Erweiterung) anders benehmen. Eisern

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15. November: Nicht mit Ruhm bekleckert

Fans von Union Berlin feuern ihr Team mit Schals an.  © Andreas Gora/dpa

Icke: Wenn der deutsche Torwart Baumann in der 1. Halbzeit mehr Ballkontakte hat, wie zwei deutsche Stürmer zusammen, dann sagt das allein schon viel aus. Sehr oft folgt auf ein gutes Spiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft ein Rumpel-Kick. So auch diesmal. Nein, wir haben ja mit 2:0 gewonnen, aber beim Fußball-Zwerg Luxemburg muss das anders aussehen. Kimmich und Schlotterbeck wurden mit leichten Blessuren geschont. Dafür spielten Baku und Anton.

Und nein, Mega-Talent El Mala wurde noch nicht eingesetzt. Adeyemi gelbgesperrt ebenso nicht. Wenigstens Woltemade erwischte einen guten Tag und erzielte beide Tore. Eins davon nach guter Vorarbeit von Sane, der wieder spielen durfte, aber ansonsten auch keine Bäume ausriss. Auch Wirtz konnte den Deutschen keinen Schwung verpassen. Und wirklich ernsthaft - musste Baumann mehrmals eingreifen, um ein Tor zu verhindern. Ein homogenes Gefüge ist die deutsche Nationalelf noch nicht.

Ein Punkt fehlt den Deutschen noch, um die Qualifikation zu schaffen. Den werden wir auch holen. Und dann muss nächstes Jahr ein Team stehen, was bei der Dreier-WM in USA+Kanada+Mexiko 2026 auch bestehen kann. Mal schauen, ob sich Nagelsmann traut unsere Mega-Talente noch zu integrieren. Neben Wirtz mit seiner Formkrise, kämpft ja auch noch Musiala um seine Rückkehr. Zeitlich könnte das passen. Ob er seine alte Form wiedererlangt, ist ein anderes Thema. El Mala saß das erste Mal auf der Bank. Für ihn war es ein Schnuppertag. Er sollte sich wohl an die Atmosphäre gewöhnen. Mit Lennart Karl steht das zweite Mega-Talent vor der Tür und scharrt mit den Hufen. Wenn ich die vier deutschen Talente aktuell in Augenschein nehme, hat Karl klar die Nase vorn. Eben auch vor Wirtz.

Genau das lässt mich noch ein wenig auf guten deutschen Fußball bei der nächsten Weltmeisterschaft hoffen. Musiala, Karl, Wirtz und El Mala sind allesamt Fußball-Künstler. Der ebenfalls noch junge Woltemade scheint sich jetzt zu akklimatisieren und beginnt auch in der Ländermannschaft Tore zu erzielen. Diese fünf jungen Spieler sind die Zukunft und die Hoffnung von Deutschland. Sane und Gnabry eher Auslaufmodelle. Einen wichtigen Schritt hat Nagelsmann schon vollzogen. Lange hat es gedauert, aber letztendlich hat er Kimmich wieder als rechten Verteidiger spielen lassen. Da gehört er hin. Jetzt muss noch die Keeper-Frage entschieden werden. Ter Stegen wird es wohl mangels Einsätze nicht mehr schaffen, sich (nach seiner Genesung) ins Team zu spielen. Dann muss Neuer zwingend noch einmal einspringen. Es ist keiner Diskussion würdig ... er ist immer noch eine Ausnahme-Erscheinung im Tor. Und kann einen ganz bestimmten Ball halten, den andere sehr gute Keeper (wozu Baumann Zweifelsfrei zählt) niemals sehen würden. Das sind die Kleinigkeiten, die zu Titeln führen. Eisern.

13. November: Für alle gilt - nur Mut!

Macht's noch (mehr als) einmal wie gegen die Bayern, Jungs!  © Andreas Gora/dpa

Unionfux: Die wichtigste Erkenntnis aus dem Spiel gegen die Bayern - mal abgesehen davon, Harry Kane in der Nachspielzeit nicht vollkommen allein zu lassen - ist sicherlich, dass Erfolg mit Mut verbunden ist. Alle unsere Siege und dieses Unentschieden haben wir durch mutiges Spiel erzielt, fernab von Zögern und allzu vielen Alibi-Pässen. Eins ist klar: In dieser Liga können wir uns, zumindest im Moment, kaum einen Gegner zurechtlegen, nicht zuletzt, da man dazu Ballbesitz braucht, den wir ja unter Baumgart noch mehr scheuen, wie der Teufel das Weihwasser als ohnehin schon, was die Bundesligazugehörigkeit betrifft. Uns fehlt dazu auch die individuelle Klasse, die bestenfalls hier und da mal aufblitzt und nicht zuletzt die Passsicherheit, die saubere Ballannahme und die einstudierten Laufwege (vielleicht gibt's die ja, man sieht sie nur so selten…). Wobei, das könnte man ja trainieren, trotzdem schleppen wir dieses Handicap schon viel zu lange mit uns rum, man wüsste zu gern, woran das liegt, dass da kaum Verbesserungen zu bemerken sind.

Umso wichtiger ist dann so etwas wie Entschlossenheit; Konsequenz und eben Mut. Mut zum Konter, Mut zum Abschluss, Mut zum Mitspielen. Gerade, wenn man sich die restlichen fünf Spiele bis zur Winterpause, gar die sieben bis zur Halbserie ansieht oder auch nur die nächsten zwei: Jetzt können wir schon einen großen Schritt zum Klassenerhalt machen, denn Siege auf St. Pauli und gegen Heidenheim - beide haben gerade große Probleme mit sich selbst - wären ein gewaltiger Satz nach vorn und schon quasi die halbe Miete nach nur zwölf Spieltagen.

Auch wenn das Aufrichten eines Kontrahenten unsere große Stärke ist - gegen Gladbach haben wir bewiesen, dass wir durchaus auch anders können, besonders in der ersten halben Stunde, als wir das Spiel im Grunde bereits klar gemacht haben. Zaudern, abwarten, reagieren, das wird uns nicht weiterbringen, wobei man natürlich nicht ins offene Messer laufen darf. Insofern müssen wir in Hamburg und zu Hause gegen Heidenheim mit der breiten Brust auflaufen, die gegen den Meister so imposant war.

Außerdem beginnt sich schon jetzt das Wintertransferkarussell leicht zu drehen. Der AC Florenz soll sich, wieder einmal, für Diogo Leite interessieren, Doekhi ist natürlich auch in der Verlosung, ganz besonders nach seinen starken Auftritten inklusive Torgefahr. Wir hingegen sollen ein Auge auf Valentino Lazaro vom AC Turin geworfen haben, als möglicher Nachfolger unserer Vereinslegende Trimmel. Lazaro ist vielen noch aus seiner Zeit bei der Hertha in Erinnerung und natürlich auch für sein unfassbares Tor via Scorpionkick für Mönchengladbach gegen Leverkusen. Bis hierher ist es nur ein Gerücht, mal sehen, was letztlich daraus wird.

Ansonsten werde ich nicht müde, für einen Achter oder Zehner zu werben, der uns offensiv entscheidend besser in Szene setzen kann plus im besten Falle Fähigkeiten für Standards mitbringt, denn da haben wir nur Trimmel und jetzt wieder Juranovic und auch noch Skov, aber die beiden sind nun mal verletzungsanfällig - und so, wie wir teilweise darauf angewiesen sind, wäre da ein weiterer Spezialist gar nicht mal verkehrt. Viel Hoffnung habe ich da leider nicht, zu stark scheint die allgemeine Abneigung gegen Spielmacher o. ä bei den Verantwortlichen und es wird natürlich nicht zuletzt danach gehen, wen man noch alles ersetzen muss bzw. wen man davon überzeugen kann, sein fußballerisches Glück woanders zu versuchen. Und logischerweise gilt dabei auch für Horst Heldt: nur Mut!

Insbesondere weil sein Vorgänger und unser derzeitiger Chefscout, Oliver Ruhnert, uns mit sofortiger Wirkung und nach fast achteinhalb Jahren, zweifellos etwas überraschend, verlässt. Damit geht endgültig eine Ära zu Ende, denn ganz besonders er und natürlich Urs Fischer haben die unbestritten erfolgreichste Zeit unseres Vereins geprägt. Wir werden an dieser Stelle zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal ausführlicher darauf eingehen. Bis dahin sagen wir: Herzlich eisernen Dank für alles, Oliver und nur das Beste für deine weiteren Pläne und Ziele!

10. November: Tausendsassa Jochen Lesching

Der 1. FC Union Berlin trauert um Hans-Joachim "Jochen" Lesching, Aufsichtsratsmitglied und Ehrenmitglied des Vereins.  © Screenshot Instagram: 1.fcunion

Icke: Nun ist es schon ein paar Wochen her. Jochen Lesching verabschiedete sich von uns. Ich hatte das unbedingte Vergnügen ihn kennenzulernen. Ein ganz cooler Typ. Eine echte Marke, wie man es nur noch selten heute erlebt. Immer geradeaus. Er philosophierte sehr gern. Und er war uneigennützig wie verrückt. Ich sagte einmal, er ist der einzige Millionär, den ich kenne, der seine Hefte noch selbst verkauft. In Anspielung darauf, dass er selbst noch im betagten Alter am Tor stand und unser/sein Programmheft am Spieltag verkaufte. Großartig so etwas sehen zu dürfen! Ein Tausendsasse ist nach heutigem Verständnis übrigens ein Mensch, der vielseitig begabt und damit unterwegs ist.

Und ja, er war auch ein erfolgreicher Geschäftsmann. Die Druckerei, die er aufbaute, war Anfangs sehr klein und nahm jeden Auftrag an. In den Neunziger Jahren ließ ich mir von ihm eine Grundausstattung zur Selbstständigkeit anfertigen. Das ging los mit den Entwürfen für Logos und endete in dessen Druck. Dann wuchs seine Druckerei zu einer relevanten Institution. Nicht nur für das Union-Programmheft. Immerhin mussten regelmäßig etliche tausend Exemplare gedruckt werden. Übrigens ist es für eine Druckerei keine Selbstverständlichkeit, Maschinen für Prospekt-Druck zu besitzen. Der große Berliner Verlag beispielsweise muss das außer Haus drucken lassen. Er hat diese Technik gar nicht. So eine Maschine kostet richtig Geld. Jochen investierte das zur rechten Zeit.

Später riss unser Kontakt nie ab. Und es ging um ganz verschiedene Themen. Eben auch um Hilfen für Bedürftige. Oder auch um Werbe-Deals mit Firmen zu tätigen. Um es vorwegzunehmen, es klappte nicht alles, was wir uns in stundenlangen Telefonaten ausdachten. Einiges aber schon. Er war immer positiv. Dinge einfach mal versuchen, war genau sein Ding. Und Projekte, wie den Spielplatzbau, was einer seiner besonderen Steckenpferde war … kaum einer kann sich vorstellen, wie viel Arbeit im Vorfeld, das macht … Finanzierungen zu sichern, Sponsoren bei der Stange zu halten und dann auch noch den ganzen Behördenkram durchzustehen.

Ganz am Anfang, als es darum ging, die Union-Stiftung überhaupt auf solide Füße zu stellen, hatte er noch eine fleißige und kluge Organisations-Partnerin, die ihm bei vielen Dingen half oder sogar federführend war. Tekmessa, die leider ebenfalls viel zu früh verstorbene „gute Seele“ von Union. Die beiden waren hinsichtlich der Stiftung und sozialen Arbeit in unserem Verein ein absolutes Dream-Team.

Und auch fußballerisch konnte ich in vielen Dingen mit ihm übereinstimmen. Ohne jetzt Namen zu nennen, verstanden wir beide niemals … wie ein bestimmter Spieler bei uns … gehypt wurde. Wir waren da anderer Meinung. Und das war auch gut so. Denn diese Eigenschaft, immer eine eigene Meinung zu vertreten, nützte Union. Wir brauchen keine Ja-Sager, sondern kluge Köpfe mit eigenen Meinungen. Leider haben wir hier einen herben Verlust erlitten. Kommende Generationen werden hoffentlich so einen „Großen“ immer respektvoll in Erinnerung behalten.

Sein Leben steht für ein Paradebeispiel eines erfüllten Lebens. Wer im privaten, beruflichen und gesellschaftlichen Umfeld (Union) so große Fußabdrücke hinterlässt, der hatte ein erfülltes Leben. Eisern.

9. November: So kurz vor der kompletten Sensation - Union fügt den Bayern den ersten Punktverlust zu

Der 1. FC Union Berlin spielt am Samstag gegen den FC Bayern München 2:2.  © Andreas Gora/dpa

Unionfux: Das hätte man wohl kaum erwartet, dass die Alte Försterei sich über ein 2:2 gegen die momentane Übermannschaft Europas ärgert - denn wir waren so verdammt dicht davor, dieses Spiel zu gewinnen! Und dass es nicht so kommt, liegt nicht etwa an der Bayern-Mannschaft, sondern an der individuellen Klasse eines Diaz und eines Kane, die mit zwei unwiderstehlichen Aktionen den Meister vor seiner ersten Niederlage retten - so wird’s leider nur der erste Punktverlust.

Dass es gelingt, gegen eine Mannschaft zu bestehen, die im Übrigen in Bestbesetzung antritt und sich alles andere als gehen lässt, liegt an einer fast tadellosen Leistung unserer Jungs, die vom ersten Moment an nicht gewillt sind, sich ins Schicksal zu fügen, sondern vielmehr munter dagegenhalten und sogar ein Chancenplus generieren können. Selbst die Tatsache, dass das frühe Führungstor durch Ansah wegen nicht erkennbarem Abseits zurückgepfiffen wird (ich bin ja eher für den VAR, aber da pervertiert sich das System wirklich), erschüttert den Underdog nicht im Geringsten, wir gehen nämlich trotzdem in Führung, natürlich wieder nach einer Ecke: Haberer bringt den Standard auf Doekhi, der nimmt direkt aus zehn Metern ab - und hat etwas Glück, dass sein Schuss Neuer unterm Körper durchrutscht, denn solche Pannen passieren ihm weiß Gott eher selten. Doch auch danach werden die Bayern, trotz Übergewicht und schlafwandlerisch sicherem Passspiel, nicht so wirklich gefährlich, im Gegenteil, Ansah kann sein Tor doch noch machen, scheitert aber an Neuer.

Erst ein Traumtor bringt den Ausgleich, mit dem ersten ernsthaften Torschuss des haushohen Favoriten: Diaz holt sich den Ball links auf der Grundlinie, Haberer ist dann zu zögerlich und so kann der Kolumbianer noch einen Tick nach innen gehen und die Kugel aus sehr spitzem Winkel hoch ins rechte Eck hauen. Dafür lässt er dann kurz vor der Pause den fast sicheren zweiten Treffer liegen, als er, von Kane phantastisch freigespielt, frei vor Rönnow relativ weit rechts vorbeischiebt. Obendrauf gibt's noch ein Abseitstor von Kane, dass aber bereits mit bloßem Auge erkennbar ist.

Die Frage zur Halbzeit ist: haben wir bereits unsere bessere Hälfte gesehen oder halten wir weiter so entschlossen dagegen? Antwort: ja, tun wir. Weiter machen wir’s den Bayern so schwer wie nur möglich, Rönnow wird selten gefordert wie nach einer Stunde durch Oliseh, doch er ist letztlich sicher im kurzen Eck. Wenn es überhaupt etwas bei uns zu bemängeln gibt. so ist es, dass wir aus unseren Ballgewinnen zu wenig machen, was schade ist, auch unsere mäßige Passquote verhindert da mehr. Und dann liegen wir doch tatsächlich wieder vorne: der eingewechselte Juranovic (endlich wieder zurück nach langer Verletzungspause) tritt einen Freistoß von links, Kane will den Ball rausköpfen, doch der landet auf Doekhis Oberschenkel und wie cool dann unser Doppelpacker den reinmacht, das ist schon klasse. Sollten wir tatsächlich die drei Punkte sensationell in der Alten Försterei behalten? Nun merkt man den Bayern schon eine gewisse Panik an und doch dauert es bis in die Nachspielzeit, bis doch noch der verdammte Ausgleich fällt: Bischof kann von links flanken und dann steht der Weltklassestürmer Kane doch nochmal vollkommen frei und köpft den Ball ins Tor, Rönnow ist sogar noch dran, aber es reicht leider nicht.

Im Anschluß wollen die Münchner gar noch mehr, doch es bleibt schlussendlich beim erstaunlichen Unentschieden, nachdem die Bayern immerhin sechzehn Mal in Folge als Sieger vom Platz gegangen sind - und trotz allem: es hat so wenig gefehlt an unserem ersten Sieg gegen die Bayern, dass man sich ärgern muss - und natürlich auch freut über diesen unerwarteten Punkt. Noch mehr freut uns alle aber diese couragierte, geschlossene Leistung über hundert Minuten, die, ganz ehrlich, so kaum zu ahnen war und umsomehr begeistert. Darauf können alle stolz sein, darauf kann man aufbauen, davon will man mehr, auch wenn ein Sieg gegen Bayern weiterhin noch aussteht. Aber so nah dran waren wir noch nie - und das freut genauso wie es schmerzt.Doch wir haben ja demnächst schon die Gelegenheit zur Revanche…

5. November: Was kommt noch für Union in 2025?

Dieses Jahr warten auf den 1. FC Union Berlin noch drei Spiele.  © Matthias Koch/dpa

Icke: Am kommenden Samstag (8.11.) spielen wir im Punktspiel gegen die Bayern. Am 23.11. reisen wir zu St. Pauli. Um dann am 29.11. wieder drei Punkte gegen Heidenheim zu Hause einzufahren. Am 2.12. geht’s dann wieder zu Hause gegen die Bayern. Diesmal aber im Pokal. Am Nikolaustag spielen wir in Wolfsburg und am 12.12. gegen Leipzig (wieder zu Hause). Zum Abschluss treten wir am 20.12. in Köln an.

Was geht realistisch dabei? Die beiden Spiele gegen die Bayern wird nichts gehen. Dazu sind die momentan einfach zu stark. In Pauli könnten wir ein Unentschieden schaffen und die beiden Heimspiele müssen wir dann nutzen. Leipzigs Formkurve geht allerdings rasant nach oben. Realistisch/optimistisch rechne ich mit 7 weiteren Bundesligapunkten bis zum Jahresende. Sechs wäre auch noch ok. Dann hätten wir 18 (17) Punkte kumulativ und könnten wohl (fast) zufrieden sein. Weniger als die aufgezeigte Punkteausbeute dürfte uns wiederum Sorgenfalten bescheren.

Natürlich gibt es diese verrückten Spiele, wo ein Spiel gänzlich anders als prognostiziert verläuft. Ausgeschlossen ist es nicht. Vielleicht gelingt uns eine Überraschung gegen die Bayern. Und wenn es ein Bundesligateam gibt, die dafür prädestiniert sind, dann sind es wir. Hinten dicht und vorne hilft der liebe Gott, können wir ganz gut.

Das die Bayern gerade ein kräftezehrendes Schampus-League-Spiel hinter sich haben, fällt eher nicht ins Gewicht. Ein halbes dutzend Stars können sie noch von der Bank bringen, ohne einen für uns spürbaren Qualitätsverlust zu erleiden. Super-Talent Karl wird sicher bei uns auflaufen. Er spielte beim 2:1 der Bayern in Paris gar nicht. Ebenso wie Guerreiro, Jackson und Boey. Auch Goretzka und Kim hatten nur Kurzeinsätze. Mindestens vier dieser sechs Spieler werden gegen uns auflaufen. Und Bayern wird dominant sein. Soviel ist versprochen.

Bei uns im Kader wird sich nicht viel ändern. Hoffen wir, dass im Winter wenigstens ein kreativer guter Spieler neu zu uns kommt. Und das zweite Bangen betrifft Leite und Doekhi. Schaffen wir es nicht, mit beiden die Verträge zu verlängern, so werden wohl im Winter beide gehen. Obwohl wir uns genau - dass – überhaupt nicht leisten können. Nur werden wir hierbei gar nicht mehr gefragt. Die Alternative würde heißen, beide gehen im Sommer ablösefrei. Am wahrscheinlichsten ist es wohl, dass wir mit einem verlängern und der „andere“ uns im Winter verlässt. Für einen Spieler wird es uns wohl gelingen … einen Ersatz zu holen. Beide adäquat zu ersetzen, halte ich für ausgeschlossen. Natürlich hätten wir auch interne Lösungen. Kral-Querfeld-Rothe können wohl auch als Dreierkette auflaufen. Dahinter hätten wir noch Nsoki und Ogbemudia. Ein Qualitätsverlust würde das aber beinhalten. Und umso torgefährlicher Doekhi wird, umso größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass wir ihn nicht halten können. Diese Problematik ist übrigens auch (fast) die letzte Chance für Horst Heldt, sich bei uns einen „guten Namen“ zu machen. Alle bisherigen Personalentscheidungen ließen zum Teil große Fragezeichen oder Lücken zum Gesamt-Kader entstehen. Eisern.

2. November: Kein schönes Spiel gegen Freiburg

Ein Speil zum Haare raufen, dachte sich auch Leopold Querfeld (21, r.)  © Soeren Stache/dpa

Icke: Diese Nullnummer zwischen Union und Freiburg war kein Fußballgenuss. Nee, wirklich nicht. Freiburg war in Halbzeit eins die bessere Mannschaft, Union dafür im zweiten Abschnitt. Viele oder sogar richtig gute (herausgespielte) Tor-Chancen blieben Mangelware. Beidseitig! Ja, es spielten zwei Mittelfeldmannschaften gegeneinander. Und leider sahen wir dieses Mittelmaß auch.

Baumgart rotierte dreimal und diesmal nicht positiv für uns. Er beließ erst einmal Trimmel und Ansah auf der Bank. Und ja, genau das wirkte sich im Spielvermögen negativ aus. Von der rechten Seite kamen keine Trimmel-Flanken und im Sturm fehlte ganz klar, der technisch beste Berliner Stürmer. Erst nachdem beide in der zweiten Halbzeit eingewechselt wurden, sah man mehr spielerische Linie bei Union. Das auch noch Köhn für Rothe startete, beeinflusste unser Spiel nicht. Beide spielen etwa auf gleichem Level.

Noch verrückter trieb es der Freiburger Trainer. Er rotierte gleich auf sechs Positionen. Und half damit seiner Mannschaft auch nicht. Allerdings ließ Freiburg, gerade in der 1.Halbzeit viel mehr spielerische Linie erkennen. Das besserte sich bei Union in der zweiten Halbzeit. Aber Gefahren entstanden fast ausschließlich durch Standards. Jeder der beiden Mannschaften erzielte ein Tor, was dann später (durch den Video-Schiedsrichter) wieder aberkannt wurde.

Besonders grotesk war die Situation beim Tor von Union, dass Ilic (eigentlich) erzielte. Erst diskutierte der augenscheinlich für Freiburg Sympathien hegende Schiri Sören Storks minutenlang (exakt 270 Sekunden!) auf dem Rasen. Bis ihm einfiel, er müsse in so einer Situation sich die Szene ja selbst anschauen. Da waren aber schon 4 ½ Minuten vergangen. Und Schiedsrichter Storks definierte ein Abseits von Khedira. Was so auch stimmte. Nur wollte er nicht sehen, dass Khedira im Klammergriff eines Freiburgers festgehalten wurde. Khedira konnte gar nicht aus dem Abseits raus.

In der 39.Minute wechselte Freiburg Adamu aus. So kurz vor dem Halbzeitpfiff? Macht man eigentlich nicht. Der Hintergrund war, der Spieler hätte eigentlich schon mit Rot vom Platz gemusst. Drei grobe Fouls - zeitlich kurz hintereinander folgend, lassen sich die wenigsten Schiedsrichter gefallen. Genau ab diesem Zeitpunkt, dem zweiten und dritten bösen Foul dieses Spielers verlor der Schiedsrichter seine Linie. Auch viele kleinere Entscheidungen verliefen nur noch für Freiburg. So macht man Fußball kaputt und bringt ein ganzes Stadion gegen sich auf.

Alle Berliner kämpften und liefen wie immer und mit viel Engagement. Etliche Spieler beim 1. FC Union erreichten aber keine gute Form. Wir nennen ausnahmsweise mal keine Namen. Alle wissen, um welche Kicker es sich handelt. Nächste Woche haben wir dagegen einen ganz einfachen Kick. Die Bayern besuchen uns. Da haben wir nichts zu verlieren und normal absolut keine Chance. Zumal die gute Form der Münchener auch noch Bände spricht. Andererseits ist vielleicht genau das unsere Chance. Eisern.

31. Oktober: First we take Freiburg - Heimspiel gegen einen Lieblingsgegner

Dürfen die Kicker von Union Berlin am Wochenende auch gegen Freiburg wieder jubeln?  © Soeren Stache/dpa

Unionfux: Es ist jetzt kein riesiger Druck auf dem Kessel, man steht punktemäßig ganz ordentlich da, ist im Pokal-Achtelfinale, hat jetzt zwei Heimspiele vor der Brust. Allerdings mit einem kleinen Haken: in der zweiten Partie kommen nächste Woche die Bayern, die in der bisherigen Saison in allen Wettbewerben nur Siege eingefahren haben (momentan europäischer Startrekord) und zudem einen Harry Kane in nahezu überirdischer Form haben. Natürlich kann man auch da was reißen, Bange machen gilt nicht und den einen oder anderen Punkt konnten wir ja schon gegen die Münchner holen, gerade zu Hause und auch schon mit Kane auf dem Platz - aber unbedingt rechnen würde ich eher nicht damit.

Insofern gibt es schon einen gewissen Fokus auf das morgige Heimspiel gegen den SC Freiburg, da sind eigentlich drei Punkte Pflicht, will man nicht mögliche drei Spiele ohne Sieg hintereinander und in der Tabelle nicht weiter abrutschen. Sicher sind die Freiburger keine Laufkundschaft, aber wir haben gegen die Breisgauer eigentlich immer ganz gut ausgesehen, man könnte fast von einem Lieblingsgegner sprechen, denn in den bisherigen zwölf Bundesligabegegnungen verlieren wir nur zweimal und das auswärts.

Zu Hause gibt es dagegen drei Unentschieden und drei Siege - wer erinnert sich nicht an den wichtigsten davon, am letzten Spieltag unserer Albtraumsaison, als Jannik Haberer in der Nachspielzeit den entscheidenden Treffer setzt, als einziger im Chaos die Ruhe und Übersicht behielt (kann man ziemlich gut in den bewegten Bildern sehen, wie er sich vor der Ausführung des Strafstoßes explizit konzentriert), als Kevin Volland den zweiten Elfer versemmelt, aber Haberer den Nachschuss überlegt reinmacht und danach wie besessen jubelt, obwohl er doch Ex-Freiburger ist (ja, sowas gibt’s auch noch!!) Und wir bleiben Bundesligist und das ohne Umweg über die Relegation - das ganze Stadion ist ein kollektiver Stoßseufzer.

Morgen wird’s höchstwahrscheinlich nicht ganz so dramatisch, da treffen zwei Tabellennachbarn aufeinander, wobei die Gäste noch einen Punkt weniger als wir aufzuweisen haben, beide haben elf Tore erzielt, die Freiburger zwei weniger gekriegt. Ein Duell auf Augenhöhe also, man kann gespannt sein, ob und wie sich unser Nachsitzen vom Pokalmittwoch auswirkt, der SC Freiburg hat in Düsseldorf gewonnen und dabei seinen frühen Doppelschlag letztlich über die Zeit bringen können.

Auf jeden Fall sollten wir so beginnen wie gegen Gladbach, denn mit der Leistung der letzten beiden Pflichtspiele werden wir kaum was bekennen können, es sei denn, der Gegner ist völlig desolat - aber davon auszugehen, das wäre doch etwas fahrlässig. Spielerisch sollten wir uns keine allzu großen Illusionen machen, vielleicht gelingt es, Andrej Ilic wieder als eine Art Zehner agieren zu lassen als nur auf die Standards zu hoffen und die langen Bälle auf Verdacht. Und mal sehen, ob Juranovic schon wieder eine Alternative sein kann, ich denke, dass Baumgart mit Burcu eher keine Experimente wagen wird, auch mit Bogdanov nicht. Gespannt darf man sein, ob Skarke oder Burke beginnt, von seinen drei Spitzen wird der Trainer ja wohl kaum abrücken und im Mittelfeld dürfte besagter Haberer wieder den Vorzug vor Schäfer bekommen, ähnlich wie Köhn gegenüber Rothe.

Im Wetterbericht werden muntere siebzehn Grad vorhergesagt und es soll ein bisschen wechselhaft sein, nicht die schlechtesten Bedingungen. Es könnte ein wunderbarer Herbstnachmittag werden, insbesondere, wenn wir die drei Punkte zu Hause behalten. Lassen wir also die Alte Försterei erzittern, lasst uns von unserer besseren bis besten Seite zeigen und die gute Freiburg-Serie weiter ausbauen - auf geht's!

30. Oktober: Ein anstrengender Pokalfight Richtung Achtelfinale

Nach dem kräftezehrenden Einzug ins Achtelfinale ist bei den Union-Spielern eher Erleichterung, als Freude zu sehen.  © Soeren Stache/dpa

Unionfux: Mag schon sein, für den neutralen Beobachter ist es ein echter Pokalfight, in dem der Underdog dem Bundesligisten ordentlich Schwierigkeiten macht und das Spiel erst in der Verlängerung mit Ach und Krach für den Favoriten entschieden wird. Für den Zuschauer mit einem Unionherzen ist es zwischenzeitlich gar nicht so leicht zu ertragen. Ja, frag nach in Augsburg oder Wolfsburg, wo der Bundesligist jeweils zu Hause gegen durchschnittliche Zweitligisten verliert, Leverkusen nur mit viel Glück in der letzten Minute der Verlängerung gegen dezimierte Paderborner weiterkommt. Aber das hat mit unserem Spiel ja nur vermeintlich zu tun und kann nicht als Entschuldigung oder Erklärung für unseren mehr als mühevollen Sieg dienen.

Dabei beginnt es beinahe optimal, nach einer bewegenden Gedenkminute für die verstorbene Klubikone Jochen Lesching - erst zehn Minuten sind absolviert - da köpft Leo Querfeld schulbuchmäßig einen Trimmel-Freistoß ins rechte Eck, haben wir möglicherweise einen einigermaßen entspannten Pokalabend vor uns?

Nach einer knappen halben Stunde jedoch sind sich Rothe und unser Keeper nicht einig und so tropft die Kugel vom Kopf von Momuluh nach Vorlage auf Verdacht von Corboz ins verlassene Tor. Ein bisschen ärgerlich, dieser unglückliche Ausgleich, aber es ist ja noch mehr als ausreichend Zeit, das geradezubiegen. Doch bis zur Pause hat nur noch Bielefeld eine nennenswerte Chance und wir haben Glück, dass Sarenren Bazee den Ball in dieser Situation nicht sauber trifft und Rönnow.

In der zweiten Hälfte müssten wir nach wenigen Minuten eigentlich einen Handelfmeter kriegen, aber Schiedsrichter Osmers sieht nichts und einen VAR gibt es in Pokalrunde zwei noch nicht. Nach fast einer Stunde ist der Fussballgott sehr gnädig mit uns, dass wieder Sanrenren Bazee nach einer Eingabe von Momuluh am langen Pfosten aus wenigen Metern nur denselbigen trifft, da hätte nämlich aus der schweren Aufgabe plötzlich eine kaum lösbare werden können. Denn Bielefeld erlaubt sich kaum Fehler, lässt nicht nach und den Klassenunterschied kaum erkennen.

Nach sechzig bzw. siebenundsechzig Minuten gibt es auf unserer Seite jeweils einen Doppelwechsel, so kommt der junge Bogdanov zu seinem Pflichtspieldebüt bei Union. Und tatsächlich wird unser Spiel in der Folge etwas besser, durch Kemlein, der den gelb-rot gefährdeten Schäfer ersetzt (wobei seine Gelbe Karte eigentlich unberechtigt ist, denn er spielt klar den Ball), ein Stück weit strukturierter, wir kriegen sogar ein leichtes Übergewicht. Nur die echten Torchancen bleiben weiterhin aus, auch wenn eine Unmenge Flanken in den Bielefelder Strafraum fliegt, am Ende sind es stattliche neununddreißig - bis kurz vor Schluß der regulären Spielzeit Doekhi einen Eckball des eingewechselten Haberer wuchtig aufs Tor köpft und der Bielefelder Schlussmann sehr gut reagiert, aber natürlich auch froh sein kann, dass die Kugel etwas zu zentral auf seinen Kasten kommt. Das ist tatsächlich die beste Chance der regulären Spielzeit und so kommt es schließlich zur Verlängerung und auch da hat Bielefeld die eindeutigeren Möglichkeiten, so nach hundertundzwei Minuten durch Young. Kurz vor dem Wechsel ist die Arminia nur noch zu zehnt, für Mehlem geht es nicht weiter, das Wechselkontinent aber nur wenige Minuten zuvor erschöpft worden.

Und endlich gehen wir wieder in Führung, direkt zu Beginn der zweiten Verlängerungshälfte: Jeong, für Ansah gekommen, flankt, Rothe zwingt mit einem gelungenen Kopfball Kersken zu einer Glanzparade, aber die Abwehr der Ostwestfalen bekommt den Ball nicht weg, Burke versucht einen Abschluss, der zu Doekhi weiterflippert und der haut die Kugel schließlich aus sechs Metern ebenso reaktionsschnell wie kompromisslos unters Tordach, kollektives Aufatmen, gewaltiger Jubel - das müsste es jetzt doch sein!

Doch auch wenn der eine oder andere der verbliebenen zehn Arminen mit Krämpfen zu kämpfen hat - der Zweitligist hält weiter dagegen, will das mögliche Elfmeterschiessen, während wir mögliche Konterchancen einfach zu unsauber ausspielen. So gibt es tatsächlich noch zwei Chancen für die Gäste: Kersken, mit nach vorn gekommen, köpft eine Ecke vorbei, hat dabei aber Leite mit der Hand im Gesicht gefoult - aber auch hier sieht Osmers kein Problem und der fehlende VAR hätte den möglichen Ausgleich auch nicht verhindert. Und kurz vor Ultimo hat Young noch eine gute Gelegenheit, aber trifft aus relativ spitzem Winkel nur das Aussennetz. Und dann ist es, mit Müh und Not, geschafft, wir sind weiter - und das ist ja zweifellos das Wichtigste.

Die Tore machen wieder zwei Abwehrspieler, während unsere Offensive weitgehend ohne große Wirkung bleibt, natürlich auch, weil sie zum wiederholten Male kaum brauchbare Vorlagen bekommt. Keine Frage, Pokalspezialist Bielefeld liefert uns einen erstaunlichen Fight, macht dabei kaum Fehler, ist nicht abzuschütteln, ist mutig und engagiert, ein wirklich unangenehmer Gegner an diesem Abend. Nichtsdestotrotz spielt unsere Einfallslosigkeit und Ungenauigkeit ihnen ziemlich in die Karten, können wir unsere größere individuelle Klasse kaum ausspielen, auch wenn wir in punkto Intensität nicht nachstehen und letzten Endes die offensichtlich bessere Kondition in diesem laufintensiven Spiel mitbringen, das macht wohl schlussendlich den kleinen Unterschied zu unseren Gunsten.

Unterm Strich steht also für uns das Achtelfinale im DFB-Pokal, das ist zweifellos das Entscheidende, aber das Wie kann abermals nicht so recht überzeugen, auch wenn die Tatsache der eigenen Pokalgesetze mir natürlich bekannt und nicht zu leugnen ist. Wer weiß aber, wie das Ganze ausgegangen wäre, wenn wir kein Heimspiel gehabt hätten ...? Na gut, genug kritisiert: Freuen wir uns über das Weiterkommen, die gelungene Revanche für die letztjährige Blamage auf der Alm und ja, auch die entsprechenden und willkommenen Prämien - und hoffen wir, dass unsere Überstunden am Samstag gegen den SC Freiburg (gewinnt mit 3:1 in Düsseldorf) nicht allzu große Probleme machen. Auf jeden Fall werden heute so einige Unioner ziemlich müde Augen haben, so spät, wie es an diesem Mittwochabend geworden ist, wobei das Triumphgefühl sich in überschaubaren Grenzen halten dürfte: Dieser Pokalabend war eben für alle ziemlich anstrengend.

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