Sechs Neue aus der Regionalliga: Ist die Transfer-Philosophie von Energie Cottbus alternativlos?
Cottbus - Sechs Neuzugänge hat Energie Cottbus präsentiert, alle aus der Regionalliga. Im ersten Teil erklärte Kaderplaner Maniyel Nergiz (42) das Cottbuser Scouting. Im zweiten Teil zeigt er auf, warum der Weg mit vielen entwicklungsfähigen Spielern alternativlos ist.

TAG24: Maniyel, Ingolstadts Ryan Malone (32) hinterließ am letzten Spieltag in Cottbus mächtig Eindruck und wechselt jetzt nach Aue. Wie viele Preisklassen liegt er über den Cottbuser Möglichkeiten?
Nergiz: "Sowas ist nicht darstellbar für uns. Wir sind ja nicht blauäugig, natürlich wollen wir auch solche Spieler bei uns sehen, aber das ist aktuell nicht möglich. Das soll jetzt nicht als Mitleid rüberkommen. Wir gehen diesen Weg, den wir gehen, sehr, sehr gerne. Das ist einfach eine realistische Einordnung."
TAG24: Wie sieht dieser Weg konkret aus?
Nergiz: "Unser Weg ist, dass wir uns über diese Art von Fußball definieren müssen, der in den letzten Jahren hier gespielt wurde. Wir kriegen in der Masse keine fertigen Spieler, das heißt, wir müssen die Spieler entwickeln. Man kann auch sagen, der Weg ist alternativlos. Und dann müssen wir auch mutige Transfers tätigen.
Und ich finde, da haben wir vielleicht den mutigsten Trainer der Liga. Er gibt den jungen Spielern wirklich großes Vertrauen. Viele reden davon, aber er macht's. Er schafft es, die Jungs mental abzuholen und zu festigen. Das ist eine Riesen-Stärke."
Ablöse für Awortwie-Grant? Nergiz hat eine vielsagende Antwort

TAG24: Worauf legt ihr bei Verpflichtungen besonders wert?
Nergiz: "Wir wollen nur Spieler, die unbedingt nach Cottbus wollen. Sobald es um finanzielle Geschichten geht, ziehen wir uns recht früh zurück. Wir schauen manchmal auch bewusst nach Werdegängen, die nicht geradlinig verlaufen und einen steinigeren Weg gegangen sind. Nyamekye Awortwie-Grant (24) ist so ein Beispiel. Wir glauben, dass das zu der Region hier passt."
TAG24: Gutes Stichwort: Bei Awortwie-Grant soll eine kleine Ablöse geflossen sein ...
Nergiz: "Ich sage mal so: Wenn wir einen Spieler haben möchten und es da Hürden gibt in Form von Ablösesummen, wird das nur möglich sein, wenn das der Spieler mitträgt. Wir können und wollen keine hohen Ablösen zahlen. Wenn aber alle Seiten aufeinander zukommen, kann das funktionieren."
Mehr Talente: Lukas Michelbrink könnte das nächste Vorzeigemodell werden

TAG24: Muss es vielleicht sogar der Weg sein, mit mehr Hertha-Talenten oder Leihen wie Lukas Michelbrink (20) in die Zukunft zu gehen?
Nergiz: "Berlin ist für uns ein großer und wichtiger Markt. Natürlich sind Hertha-Talente aufgrund der regionalen Nähe ein Thema. Hertha bildet die Jungs überragend aus. Vielleicht ist aktuell der Schritt für die meisten U19-Spieler zu den Profis noch zu groß. Dann ist das eine Option, Top-Talenten bei uns Spielpraxis zu geben. Es muss auch nicht immer ein Leihgeschäft sein.
Und generell: Wenn wir nicht solch hochtalentierten Jungs wie einem Lukas Michelbrink die Chance geben, wem sonst?"
TAG24: Inwieweit spielt der Nachwuchsfördertopf des DFB eine Rolle in euren Überlegungen?
Nergiz: "Das spielt auch eine Rolle, hat aber nicht die höchste Priorität. Wahrscheinlich hat in dieser Saison Unterhaching damit das meiste Geld herausgeholt, aber den Abstieg teuer bezahlt. Ich glaube, wir gehen einen ähnlichen Weg wie Viktoria Köln oder SC Verl, was die Art und Weise des Fußballs betrifft. Trotzdem sind wir ein Stück weit ein anderer Verein, weil hier vielleicht mehr Druck ist, mehr Tradition, mehr Wucht."
Hinweis: Teil drei des Interviews zur laufenden Kaderplanung folgt am Dienstag.
Titelfoto: Bildmontage: Daniel Karmann/dpa; TAG24/Lukas Schulze