FC St. Pauli entlässt Timo Schultz - Fußball ist und bleibt ein Ergebnissport

Hamburg - Das Ende einer Ära: Nach mehr als 17 Jahren beim FC St. Pauli (als Spieler, Nachwuchs- und Cheftrainer) wurde Timo Schultz (45) am gestrigen Dienstag von seinen Aufgaben beim Kiezklub entbunden.

Timo Schultz (45) wurde am Dienstag als Trainer beim FC St. Pauli entlassen. Es war das Ende einer sportlichen Fehlentwicklung.
Timo Schultz (45) wurde am Dienstag als Trainer beim FC St. Pauli entlassen. Es war das Ende einer sportlichen Fehlentwicklung.  © Swen Pförtner/dpa

Mit Blick auf die nackten Zahlen hatte der 45-Jährige letztlich nicht mehr viele Argumente auf seiner Seite: 38 Punkte holten die Braun-Weißen im Kalenderjahr 2022 in der 2. Bundesliga - drei mehr als Aufsteiger FC Schalke 04, der allerdings 17 Spiele weniger im Unterhaus absolvierte.

Dazu kamen gravierende Defensivprobleme: Nur vier aktuelle Zweitliga-Teams - der Karlsruher SC, der SSV Jahn Regensburg, der 1. FC Nürnberg und Holstein Kiel - kassierten in diesem Jahr mehr Gegentore als die Hamburger.

Natürlich spielte auch die gruselige Auswärtsschwäche bei der Entscheidung der Verantwortlichen um Sportchef Andreas Bornemann (51) und Präsident Oke Göttlich (47) eine Rolle - neun Monate lang (zuletzt am 26. Februar) keinen Dreier in der Fremde zu holen, ist kein Zufall.

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Angesichts dieser Statistiken ist es umso erstaunlicher, wie auf das Aus des gebürtigen Ostfriesen vielerorts reagiert wurde: Die Fans antworteten mit großem Unverständnis, traten im Netz einen gewaltigen Shitstorm gegen Bornemann und Co. los und forderten in einer Petition die Wiedereinstellung des Trainers.

Viele argumentierten, dass Schultz - anders als der Sportchef - nichts für den aktuellen Kader könne und zudem gerade im Kalenderjahr 2021, in dem der FCSP 75 Zähler und damit mehr als jeder andere Zweitligist holte, der beste Fußball seit sehr langer Zeit bei St. Pauli gespielt worden sei.

Die sportliche Talfahrt nahm bereits in der vergangenen Saison ihren Anfang

Sportchef Andreas Bornemann (51) hätte nach Meinung vieler Fans anstelle des Trainers gefeuert werden sollen. Er sei für den enttäuschenden Kader verantwortlich.
Sportchef Andreas Bornemann (51) hätte nach Meinung vieler Fans anstelle des Trainers gefeuert werden sollen. Er sei für den enttäuschenden Kader verantwortlich.  © Christian Charisius/dpa

Einerseits hatten die Anhänger mit ihrer Kritik recht: Die Boys in Brown begeisterten vor allem im vergangenen Jahr mit teilweise herrlichem Offensivfußball, der die spielerisch relativ bescheidenen Vorjahre in Vergessenheit geraten ließ.

Und ja, inwiefern der Übungsleiter für die Zusammensetzung des Kaders verantwortlich gemacht werden kann, darf auch diskutiert werden - und doch wäre es zu einfach, allein Bornemann als Schuldigen für die sportliche Misere auszumachen.

Zwar ließ der 51-Jährige vor der Saison absolute Leistungsträger wie Guido Burgstaller (33, zu Rapid Wien) und Daniel-Kofi Kyereh (26, zum SC Freiburg) ziehen, ohne adäquaten Ersatz zu holen, dennoch wäre mit dem aktuellen Spielermaterial deutlich mehr drin gewesen als Platz 15 mit 17 Zählern und nur drei Siegen.

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Darüber hinaus darf nicht vergessen werden, dass die Ergebniskrise bereits in der Rückrunde der vergangenen Saison ihren Anfang nahm, als der 45-Jährige noch auf Spieler wie Burgstaller und Kyereh zurückgreifen konnte.

Diese Entwicklung führte letztlich dazu, dass der Herbstmeister der Saison 2021/22 den Aufstieg im Schlussspurt noch verspielte und mündete in dieser Saison schließlich im Kampf gegen den Abstieg.

Fußball ist und bleibt eben ein Ergebnissport - und Schultz hatte die Resultate schon seit langer Zeit nicht mehr auf seiner Seite.

Erstmeldung: 7. Dezember, 8.09 Uhr. Aktualisiert: 12.38 Uhr

Titelfoto: Swen Pförtner/dpa

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