Nahost-Konflikt: Netanjahu strebt Einnahme von ganz Gaza an

Israel - Angesichts schockierender Videos von abgemagerten Geiseln der islamistischen Hamas erwägt Israels Regierung Medienberichten zufolge eine Ausweitung des Gaza-Krieges zur Befreiung der Entführten.

In Israel protestieren die Familien der verbliebenen Geiseln. Sie kritisieren das Vorgehen der israelischen Regierung.
In Israel protestieren die Familien der verbliebenen Geiseln. Sie kritisieren das Vorgehen der israelischen Regierung.  © Ariel Schalit/AP/dpa

Regierungschef Benjamin Netanjahu strebe danach, die Freilassung der Geiseln "auf dem Weg eines militärischen Sieges" zu erreichen, zitierten israelische Medien einen namentlich nicht genannten Beamten.

"Ich verstehe genau, was die Hamas will. Sie will keinen Deal", sagte Netanjahu in einer Video-Botschaft.

Er sei nun noch entschlossener, die Geiseln zu befreien, die Hamas zu eliminieren und dafür zu sorgen, dass vom Gazastreifen nie wieder eine Gefahr für Israel ausgeht, sagte Netanjahu gemäß englischer Übersetzung der "Times of Israel". Einzelheiten nannte er nicht.

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Nahost-Konflikt: Netanjahu will angeblich Einnahme des ganzen Gazastreifens
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4. August, 21.21 Uhr: Netanjahu strebt Einnahme von ganz Gaza an

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu (75) soll sich laut Medienberichten entschieden haben, den Gazastreifen vollständig einzunehmen.

Dafür wolle er sich in den nächsten Tagen Rückendeckung des Kabinetts und der Militärführung holen, soll er zu Ministern seines Kabinetts gesagt haben. Das Nachrichtenportal ynetnews.com zitierte einen Offiziellen, der ihm nahe steht, mit den Worten: "Die Würfel sind gefallen - wir beabsichtigen, den Gazastreifen vollständig zu besetzen."

Netanjahu selbst hatte zuvor nur so viel gesagt, dass er in dieser Woche das Sicherheitskabinett einberufen werde, um über das weitere Vorgehen in dem abgeriegelten und großflächig zerstörten Küstenstreifen am Mittelmeer zu entscheiden. In einer Video-Botschaft am Sonntag hatte er dargelegt, dass die islamistische Hamas, die dort vor 18 Jahren die Macht an sich gerissen hatte, aus seiner Sicht zu keiner Verhandlungslösung bereit sei.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu (75).
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu (75).  © Ronen Zvulun/Pool Reuters/dpa

4. August, 20.57 Uhr: Klingbeil plädiert in Gaza-Debatte Druck auf beide Seiten hochzufahren

Vizekanzler Lars Klingbeil (47, SPD) plädiert in der Gaza-Debatte für eine ausgewogene Positionierung der Bundesregierung. "Klar ist, der Druck muss auf alle Seiten hochgefahren werden", sagte der SPD-Chef bei Welt TV.

"Wir brauchen humanitäre Lösungen. Wir müssen gucken, dass die Lebensmittellieferungen ankommen, dass die medizinische Situation sich verbessert. Und wir müssen gucken, dass es endlich zu einer Waffenruhe kommt."

Klingbeil kritisierte, in der Debatte entstehe aktuell der Eindruck, man müsse sich entscheiden, "ob man mit der palästinensischen Seite oder mit der israelischen Seite leidet". Die Bundesregierung müsse klar benennen, dass die Hamas die Verantwortung für die Eskalation trägt, aber dass Israel auch eine wahnsinnig hohe Verantwortung habe. "Der werden sie an vielen Stellen nicht gerecht", betonte Klingbeil. Der Terror der Hamas müsse getrennt betrachtet werden von der Not der palästinensischen Zivilbevölkerung.

Vizekanzler Lars Klingbeil (47, SPD) ist derzeit in Washington.
Vizekanzler Lars Klingbeil (47, SPD) ist derzeit in Washington.  © Soeren Stache/dpa

4. August, 17.10 Uhr: Sorge vor Krieg im Libanon nach Angriff von Israel

Bei einem israelischen Angriff im Südlibanon ist nach Angaben des libanesischen Gesundheitsministeriums erneut ein Mensch getötet worden. Vier weitere Personen seien verletzt worden. Laut libanesischen Sicherheitskreisen soll es sich um ein Mitglied der Hisbollah gehandelt haben. Das israelische Militär äußerte sich zunächst nicht.

Im Libanon wächst die Sorge vor einem weiteren Krieg mit Israel. Für Dienstag ist eine Kabinettssitzung angesetzt. Dabei soll es um die Kontrolle aller Waffen durch den libanesischen Staat und die damit einhergehenden Entwaffnung der Hisbollah gehen. Die Hisbollah weigert sich bisher, einer verbindlichen Entwaffnung mit konkretem Zeitplan zuzustimmen.

Beirut: Ein Hisbollah-Anhänger hält eine Hisbollah-Fahne hoch.
Beirut: Ein Hisbollah-Anhänger hält eine Hisbollah-Fahne hoch.  © Bilal Hussein/AP/dpa

4. August, 11.55 Uhr: Ehemalige israelische Sicherheitschefs fordern Kriegsende

Ehemalige israelische Sicherheitschefs haben sich in einem Videoaufruf energisch für ein sofortiges Ende des Gaza-Kriegs ausgesprochen. "Dieser Krieg hat als ein gerechter Krieg begonnen", sagte der ehemalige Chef des Inlandsgeheimdienstes Schin Bet, Ami Ajalon.

Es sei zunächst ein Verteidigungskrieg gewesen. "Aber nachdem wir alle militärischen Ziele erreicht haben, nachdem wir einen glänzenden militärischen Sieg über alle unsere Feinde erzielt haben, ist dies kein gerechter Krieg mehr", sagte er. Dem Staat Israel drohe nun der Verlust seiner Sicherheit und seiner Identität.

Insgesamt 19 Ex-Sicherheitschefs fordern ein Ende des Kriegs, der ihrer Ansicht nach nur noch aus politischen Gründen fortgesetzt werde.

"Wir stehen vor einer Niederlage", warnte der ehemalige Mossad-Chef Tamir Pardo. Mehrere der Repräsentanten sagten, Israel werde von einer fundamentalistischen, extremistischen Regierung angeführt, die nicht mehr den Rückhalt der Mehrheit habe. Sie forderten eine Rückführung aller 50 Geiseln in einem einzelnen Schritt.

In einem eindringlichen Appell fordern 19 ehemalige Sicherheitschefs Israels ein sofortiges Ende des Gaza-Kriegs.
In einem eindringlichen Appell fordern 19 ehemalige Sicherheitschefs Israels ein sofortiges Ende des Gaza-Kriegs.  © Jehad Alshrafi/AP/dpa

4. August, 6.15 Uhr: Sicherheitsrat hält Dringlichkeitssitzung zu Geiseln im Gazastreifen ab

Der UN-Sicherheitsrat wird nach israelischen Angaben eine Dringlichkeitssitzung zu den im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln abhalten.

Der Sicherheitsrat werde "am kommenden Dienstag" zu einer Sondersitzung "über die schlimme Lage der Geiseln in Gaza zusammenkommen", erklärte der israelische Botschafter bei den Vereinten Nationen, Danny Danon, am Sonntag (Ortszeit).

Die Ankündigung erfolgte, nachdem die islamistische Hamas und die mit ihr verbündete Gruppe Islamischer Dschihad drei Propagandavideos von seit Oktober 2023 gefangen gehaltenen Geiseln verbreitet hatten. Die Aufnahmen der ausgehungerten Geiseln lösten großes Entsetzen aus.

"Während eine weltweite Kampagne gegen den Staat Israel geführt wird, lassen Hamas-Terroristen die israelischen Geiseln hungern und misshandeln sie", schrieb er auf der Plattform X. Es sei an der Zeit, dass der UN-Sicherheitsrat die Taten der Hamas "unmissverständlich verurteilt".

Der israelische Botschafter Danny Danon kündigte an, dass der UN-Sicherheitsrat, anlässlich der schockierenden Videoaufnahmen der verbliebenen Geiseln, eine Sondersitzung abhalten werde.
Der israelische Botschafter Danny Danon kündigte an, dass der UN-Sicherheitsrat, anlässlich der schockierenden Videoaufnahmen der verbliebenen Geiseln, eine Sondersitzung abhalten werde.  © Lev Radin/ZUMA Press Wire/dpa

3. August, 19.01 Uhr: Hilfsgüter erreichen Gaza: Hamas plündert die Trucks

Nach Angaben der israelischen Militärbehörde Cogat haben in den letzten sieben Tagen 23.000 Tonnen Hilfsgüter die Bevölkerung im Gazastreifen auf dem Landweg erreicht.

1.200 Lastwagen seien in dieser Zeit in das abgeriegelte Küstengebiet eingefahren und von UN- und anderen Organisationen übernommen worden, teilte die Behörde auf X mit.

Helfer und Augenzeugen berichten, dass nunmehr die meisten Lastwagen im Inneren des Gazastreifens von Bewohnern und Hamas-Angehörigen geplündert würden, bevor sie die Lager und Verteilzentren erreichen.

Tausende Hilfsgüter-Trucks rollen in den Gazastreifen.
Tausende Hilfsgüter-Trucks rollen in den Gazastreifen.  © AFP

3. August, 15.17 Uhr: Empörung nach neuem Hamas-Video

Mit Videobildern ausgemergelter israelischer Geiseln im Gazastreifen hat die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas für entsetzte Reaktionen gesorgt.

"Die Grausamkeit der Hamas kennt keine Grenzen", erklärte der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu in der Nacht zum Sonntag und sprach von einem "zynischen und abscheulichen" Vorgehen. Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas erklärte, die Aufnahmen der ausgehungerten Geiseln seien "erschreckend und offenbaren die Barbarei der Hamas".

Die Hamas und die mit ihr verbündete Gruppe Islamische Dschihad hatten zuvor drei Propagandavideos der seit Oktober 2023 gefangen gehaltenen Geiseln Rom Braslavski und Evyatar David verbreitet. Eines der Videos zeigt den abgemagerten 24-jährigen David, wie er sich in einem engen Tunnel sein eigenes Grab zu schaufeln scheint.

Ein anderes Video zeigt, wie der Deutsch-Israeli Braslavski sich Nachrichtenvideos über die Hungersnot der Palästinenser im Gazastreifen anschauen muss. Der 21-Jährige bittet die israelische Regierung in den Aufnahmen, sich für seine Freilassung einzusetzen. Offenbar versuchen die Islamisten, mit den Geiselvideos Parallelen zur Hungersnot im Gazastreifen zu ziehen.

Der Screenshot aus einem Propaganda-Video der Terrororganisation Hamas, das mit Zustimmung der Familie vom Hostages and Missing Families Forum Headquarters geteilt wurde, zeigt Evjatar David (24), der im Gazastreifen als Geisel festgehalten wird.
Der Screenshot aus einem Propaganda-Video der Terrororganisation Hamas, das mit Zustimmung der Familie vom Hostages and Missing Families Forum Headquarters geteilt wurde, zeigt Evjatar David (24), der im Gazastreifen als Geisel festgehalten wird.  © --/Hamas, geteilt von Hostages and Missing Families Forum Headquarters"/dpa

3. August, 14.45 Uhr: Kämpfe im südlichen Syrien trotz Waffenruhe

Im südlichen Syrien kommt es trotz einer eigentlich geltenden Waffenruhe zu neuer Gewalt.

Bei Kämpfen zwischen Milizen der drusischen Minderheit und Truppen der Regierung in Damaskus gab es mindestens einen Toten und sieben Verletzte, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mitteilte.

Der staatliche Fernsehsender Al-Ichbarija bestätigte die Kämpfe und erklärte, "gesetzlose Gruppen" hätten gegen die Waffenruhe verstoßen und Regierungstruppen angegriffen.

3. August, 11.29 Uhr: Wadephul spricht von Hungersnot in Gaza

Im Gazastreifen herrscht nach Einschätzung von Außenminister Johann Wadephul inzwischen eine Hungersnot.

"Wir beobachten ja seit geraumer Zeit, dass die Blockade, die Israel praktisch ausgebracht hat für den Gazastreifen, zu einer Hungersnot geführt hat, dazu geführt hat, dass Menschen sterben, leiden, dürsten", sagte der CDU-Politiker im "Interview der Woche" des Deutschlandfunks.

Das Gespräch wurde nach Angaben des Senders am Freitag auf dem Rückflug von Wadephuls Reise nach Israel und in die Palästinensischen Gebiete geführt.

Im Gazastreifen herrscht nach Einschätzung von Außenminister Johann Wadephul (62) inzwischen eine Hungersnot.
Im Gazastreifen herrscht nach Einschätzung von Außenminister Johann Wadephul (62) inzwischen eine Hungersnot.  © Soeren Stache/dpa

3. August, 9.41 Uhr: Israels Polizeiminister ruft zu Wiederbesetzung von Gaza auf

Bei einem provokativen Besuch auf dem Tempelberg in Jerusalem hat der rechtsextreme israelische Polizeiminister Itamar Ben-Gvir zu einer Wiederbesetzung des Gazastreifens aufgerufen.

In einem Video äußerte Ben-Gvir sich zu jüngsten Videos ausgehungerter israelischer Geiseln im Gazastreifen. Damit versuche die islamistische Hamas, Druck auf Israel auszuüben.

Als Reaktion müsse Israel aber vielmehr "noch heute den ganzen Gazastreifen besetzen, Souveränität im ganzen Gazastreifen erklären", sagte Ben-Gvir. Gleichzeitig müsse man die palästinensische Bevölkerung zu "freiwilliger Auswanderung ermutigen".

Israel wird immer wieder vorgeworfen, es plane eine "ethnische Säuberung" des umkämpften Küstenstreifens.

Titelfoto: Ronen Zvulun/Pool Reuters/dpa

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