Meinung: Die Eintracht braucht in Freiburg Gift, Galle und "offene Hose"

Frankfurt am Main/Freiburg - Seit dem in letzter Instanz verhinderten Abstieg im Jahr 2016 hat die Eintracht eine kometenhafte Entwicklung gemacht. Dabei sind - wohl zwangsweise - aber auch einige Kernattribute der Vergangenheit verloren gegangen. Für TAG24-Redakteur Angelo Cali ist das angesichts der bevorstehenden Aufgabe kritisch zu sehen.

Coach Dino Toppmöller (44) muss seine Schützlinge in Freiburg unbedingt auf maximale Spannung bringen.
Coach Dino Toppmöller (44) muss seine Schützlinge in Freiburg unbedingt auf maximale Spannung bringen.  © Arne Dedert/dpa

Zwei Matchbälle vergeben, dabei oftmals mit Angsthasen-Fußball enttäuscht: Jetzt muss die Diva vom Main es im alles entscheidenden Spiel um die Champions League am kommenden Samstag (15.30 Uhr) regeln. Das aber ausgerechnet beim unangenehmen, direkten Konkurrenten SC Freiburg.

Zu gerne erinnert man sich - seitdem das ungewollte Endspiel um die Königsklasse feststeht - an die Antrittsrede von Kevin-Prince Boateng (38) aus dem Jahr 2017. In der Antritts-PK, ebenfalls vor einem Auswärtsspiel bei den Breisgauern, tönte der bereits in allerbester Frankfurter Manier: "Wir sind Eintracht Frankfurt, fahren dahin und werden gewinnen!"

Es ist ein Auftreten wie dieses, das der SGE in den vergangenen Wochen oftmals fehlte, insbesondere vor "Do or die"-Spielen unter Coach Dino Toppmöller (44). Man erinnere sich an das vermeidbare Ausscheiden im DFB-Pokal in der vergangenen Saison beim FC Saarbrücken, den trotz mitunter starker Leistung fehlenden letzten Punch beim Europa-League-Aus gegen Tottenham Hotspur oder das diesjährige Pokal-Ausscheiden gegen RB Leipzig.

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Weder vor noch während dieser Partien konnte man Mannschaft und Trainer glaubhaft anmerken, dass man dem jeweiligen Gegner zumindest gewaltig wehtun wollte. Das war in oder gegen Frankfurter nicht immer so.

Jahrelang war es nahezu jedem Kontrahenten ein Graus, gegen die giftigen und aggressiv agierenden Hessen zu spielen. Statt einem gewaltigen Schlag in die Schnauze dominierte in den vergangenen Spielzeiten immer mehr der feine Säbel.

Weiterentwicklung ist gut - Altbewährtes gänzlich ausblenden aber nicht

Bekommt Michy Batshuayi (31, l.) nach seinem Treffer gegen St. Pauli in Freiburg von Beginn an eine Chance?
Bekommt Michy Batshuayi (31, l.) nach seinem Treffer gegen St. Pauli in Freiburg von Beginn an eine Chance?  © Arne Dedert/dpa

Per se sicherlich keine schlechte Entwicklung, die auch für die Verantwortlichen spricht - keine Frage!

Doch ein bisschen ureigene Galligkeit täte dem Eintracht-Spiel - und den Fans, die sich hin und wieder mit Arien voller Ballbesitz, aber ohne Torchancen herumquälen müssen - sicherlich gut.

Für Toppmöller und sein Trainer-Team gilt es, diese anscheinend tief vergrabenen Attribute wieder freizuschaufeln und Freiburg einen gehörigen Schwinger zwischen die Augen zu verpassen! Das eng geschnürte taktische Korsett birgt das Risiko, nicht nur in Schönheit zu sterben, sondern auch eine monumentale Chance zu vergeben.

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Beim SC Freiburg geht es für die Eintracht durchaus um alles oder nichts.
Beim SC Freiburg geht es für die Eintracht durchaus um alles oder nichts.  © Uwe Anspach/dpa

Denn die Adlerträger könnten sich mit mindestens einem Punkt in Freiburg erstmalig in der Vereinsgeschichte über die Bundesliga für die Champions League qualifizieren. Bei einer Niederlage ist hingegen davon auszugehen, dass der wiedererwachte BVB im letzten Atemzug durch einen Erfolg gegen Kiel an den Hessen vorbeizieht.

In mehrfacher Hinsicht bitter: Denn die SGE stand seit Spieltag vier unter den ersten Vier der Liga und würde finanziell wie im Hinblick auf ihre Personalplanung mächtige Einbußen hinnehmen müssen.

Gerade mit der Chance eines erneuten Quantensprungs in der eigenen Entwicklung wirkt das Gebaren vor der ultimativen Entscheidung alles andere als Hoffnung weckend.

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Anstatt sich mit breiter Brust sowie - metaphorisch gesehen - weit geöffneter Hose zu präsentieren, um dem kommenden Gegner bereits vorab den Schneid abzukaufen, spielt man lieber "Schwarzer Peter" und buhlt darum, welches Team den größeren Druck habe.

Will trotz aller spielerischer Weiterentwicklung wieder ein Stück des alten "Eintracht-Gens" im Team sehen: TAG24-Redakteur Angelo Cali (37).
Will trotz aller spielerischer Weiterentwicklung wieder ein Stück des alten "Eintracht-Gens" im Team sehen: TAG24-Redakteur Angelo Cali (37).  © Eric Münch

Daher meine persönliche Bitte, die sicherlich dem ein oder anderen Eintracht-Fan aus dem Herzen sprechen dürfte: "Jungs, seid am Samstag mehr Frankfurt und haut Freiburg mächtig auf die Schnauze!"

Titelfoto: Montage: Eric Münch, Uwe Anspach/DPA

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