Rolli-Hunde in Not: Tierschutzhof kämpft ums Überleben

Hamburg/Schneverdingen - Der Tierschutzhof "De Hun'nenhoff" in Schneverdingen (Landkreis Heidekreis) kümmert sich seit fast 20 Jahren schwerpunktmäßig um Tiere mit Behinderung und gibt diesen eine zweite Chance. Darunter auch 30 Rolli-Hunde, die durch extra für sie angefertigte Rollwagen wieder am Leben teilnehmen können. Doch durch das unerwartete Wegbrechen eines großen Sponsors befindet sich der Hof aktuell in einer finanziellen Notlage und hat einen Aufnahmestopp verhängt.

2005 hat Ärztin Dr. Usha Peters den "De Hun'nenhoff" aufgrund ihrer eigenen Rolli-Hündin gegründet. Auf dem Hof leben aber nicht nur Hunde, sondern auch Katzen wie Kater Wurzel aus Rumänien. "Ich liebe alle Tiere", so Peters gegenüber TAG24.
2005 hat Ärztin Dr. Usha Peters den "De Hun'nenhoff" aufgrund ihrer eigenen Rolli-Hündin gegründet. Auf dem Hof leben aber nicht nur Hunde, sondern auch Katzen wie Kater Wurzel aus Rumänien. "Ich liebe alle Tiere", so Peters gegenüber TAG24.  © Tag24/Madita Eggers

"Tatsächlich war ich selbst dieser große Sponsor", erklärt die Gründerin des Tierschutzhofs, Dr. Usha Peters, im TAG24-Interview.

"Bis wir 2018 eine gemeinnützige Stiftung geworden sind, habe ich den Hof alleine finanziert, später dann gemeinsam mit engagierten Spendern. Die Idee war, den Hof so umzustrukturieren, dass er sich in ein paar Jahren alleine durch Spenden, die Hundepension, Physiotherapie und Reha-Angebote trägt. Doch dann kam alles anders."

Ein unerwarteter Einschnitt in der ärztlichen Abrechnung über die Kassenärztliche Vereinigung führte zu finanziellen Problemen in der Praxis der Humangenetikerin: Leistungen werden nur noch zur Hälfte vergütet.

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"Damit bin ich als Hauptsponsorin weggebrochen – und plötzlich fehlte die Hälfte der monatlichen Finanzierung." Die Kosten belaufen sich auf rund 60.000 Euro monatlich, hauptsächlich Tierarztkosten und die Gehälter der 21 festangestellte Mitarbeitenden.

Durch private Spenden – unter anderem auch von Hundetrainer Martin Rütter (55), in dessen RTL-Sendung "Die Unvermittelbaren" schon manche der Hun'nenhoff-Hunde zu sehen waren – kann die Krise aktuell noch überbrückt werden.

Dennoch stehe der Hof auf "dünnem Eis" und sei dringend auf weitere Spenden angewiesen. "Selbst zwei Euro sind eine Hilfe", betonte Peters, die dankbar über jede Geste ist. Optimal wäre natürlich die Unterstützung durch einen großen Spender, so die leidenschaftliche Tierschützerin.

Zur Not würde sie sogar ihren Job als Ärztin aufgeben, um die Tiere nicht im Stich zu lassen. "Bevor wir die Tiere weggeben, arbeiten wir hier eben zu dritt rund um die Uhr." Sie und zwei weitere Mitarbeitende wohnen auf dem Gelände des Tierschutzhofs.

TAG24 war zu Besuch beim "De Hun'nenhoff"

Die Materialkosten sind bei den Rollis nicht so hoch wie die Kosten für die individuelle Anpassung an jeden Hund. Der Prototyp stammt dabei von einem Taxifahrer in Hamburg, der selber für seinen gelähmten Dackel angefangen hatte, im Keller Rollis zu bauen. Mit dem Rolli können die meisten Hunde wieder "ganz normal" Gassi gehen und teilweise sogar Ball spielen.
Die Materialkosten sind bei den Rollis nicht so hoch wie die Kosten für die individuelle Anpassung an jeden Hund. Der Prototyp stammt dabei von einem Taxifahrer in Hamburg, der selber für seinen gelähmten Dackel angefangen hatte, im Keller Rollis zu bauen. Mit dem Rolli können die meisten Hunde wieder "ganz normal" Gassi gehen und teilweise sogar Ball spielen.  © Tag24/Madita Eggers
Im Physiotherapiehaus des Hofes werden interne aber auch externe Tiere von unter anderem Hofleiterin Saskia Wicke behandelt. Durch regelmäßige Physiotherapie werden die Durchblutung und der Stoffwechsel angeregt. Auf dem Hof gibt es auch zwei Unterwasserlaufbänder.
Im Physiotherapiehaus des Hofes werden interne aber auch externe Tiere von unter anderem Hofleiterin Saskia Wicke behandelt. Durch regelmäßige Physiotherapie werden die Durchblutung und der Stoffwechsel angeregt. Auf dem Hof gibt es auch zwei Unterwasserlaufbänder.  © Tag24/Madita Eggers
Neben Hunden wohnen auch Schafe, Ziegen, Pferde, Hühner, Katzen und Enten auf dem Hun'nenhoff. Viele von ihnen haben ebenfalls körperliche Einschränkungen.
Neben Hunden wohnen auch Schafe, Ziegen, Pferde, Hühner, Katzen und Enten auf dem Hun'nenhoff. Viele von ihnen haben ebenfalls körperliche Einschränkungen.  © Tag24/Madita Eggers

Viele der Hunde auf dem Hun’nenhoff sollten eigentlich eingeschläfert werden

Pabbel ist einer der Hunde, der auf dem Hun'nenhoff wieder laufen gelernt hat. Als sein Herrchen gestorben ist, sollte er eigentlich aufgrund seiner Bandscheibenvorfälle eingeschläfert werden. Inzwischen hat er bei Usha Peters ein neues Zuhause gefunden.
Pabbel ist einer der Hunde, der auf dem Hun'nenhoff wieder laufen gelernt hat. Als sein Herrchen gestorben ist, sollte er eigentlich aufgrund seiner Bandscheibenvorfälle eingeschläfert werden. Inzwischen hat er bei Usha Peters ein neues Zuhause gefunden.  © Tag24/Madita Eggers

Mit am schlimmsten sei es, die ganzen Anfragen abzulehnen. "Aktuell bekommen wir bis zu 20 pro Woche, das ist bitter und belastend", so Peters.

Der Bedarf sei riesig. Der "De Hun'nenhoff" versuche dann zwar zu vermitteln, "aber wenn man es ganz ehrlich sagt, wird es auch so sein, dass es Tiere dann nicht schaffen. Das ist ganz schlimm."

Umso wichtiger sei die zusätzliche Aufklärungsarbeit des Hofes: "Neulich hat eine Mitarbeiterin von uns rund 30 Tiermedizin-Studierende eingeladen, um ihnen den Hof und das Thema gelähmte Tiere näherzubringen", so Peters.

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"Das fand ich einfach super von ihr, weil ich glaube, das werden mal Tierärzte, die nicht automatisch sagen werden: Ein gelähmter Hund muss einschläfert werden."

Ziel ist es, Hemmschwellen abzubauen und gelähmte Tiere in der Gesellschaft sichtbarer zu machen: "Genauso wie wir Menschen im Rollstuhl weiterleben wollen, soll das ein Hund ja auch können." Viele Tiere hätten eine Chance, wieder zu laufen: "Wir haben es schon ganz oft gehabt, dass Hunde eingeschläfert werden sollten und nach einer Woche auf dem Hof wieder anfingen zu laufen."

Natürlich gibt es auch Fälle, in den die Beweglichkeit nicht zurückkehrt oder die Tiere gar keine Hinterbeine mehr haben. Dann beginnt eine intensive Pflegephase: Wunden werden behandelt, Blasen täglich entleert und natürlich an den Rolli gewöhnt.

Im Laufe der Jahre hat Usha Peters jedoch eine positive Entwicklung in der Gesellschaft beobachtet: Immer mehr Menschen trauen sich durch die Unterstützung wie zum Beispiel dem Hun’nenhoff, ihre gelähmten Tiere selbst zu versorgen.

Wenn die Hunde mit ihren Rollis über den Hof flitzen, ist es kaum vorstellbar, dass viele von ihnen eigentlich hätten eingeschläfert werden sollen.
Wenn die Hunde mit ihren Rollis über den Hof flitzen, ist es kaum vorstellbar, dass viele von ihnen eigentlich hätten eingeschläfert werden sollen.  © Tag24/Madita Eggers

Wer den "De Hun’nenhoff'" einmal selbst besuchen möchte, hat dazu an jedem zweiten Samstag im Monat bei den Besuchertagen sowie am Tag der offenen Tür am 6. September die Gelegenheit. Neben Spenden gibt es auch die Möglichkeit, Tierpartnerschaften zu übernehmen. Mehr Infos auf de-hunnenhoff.de.

Titelfoto: Tag24/Madita Eggers

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