Bulle wird völlig isoliert an Kette gehalten: "Der wird hier wirklich wahnsinnig!"

Niederorschel - Tierschützerin Jana Hoger war erneut in Thüringen unterwegs. In einem neuen Fall berichtet sie von einer Kleingartenanlage, in dem Tiere ein leidvolles Leben fristen.

Der Bulle wird in einer Kleingartenanlage an einer Kette gehalten. Den Angaben nach kann das zuständige Veterinäramt jedoch nichts unternehmen, da die Anforderungen offenbar erfüllt sind.
Der Bulle wird in einer Kleingartenanlage an einer Kette gehalten. Den Angaben nach kann das zuständige Veterinäramt jedoch nichts unternehmen, da die Anforderungen offenbar erfüllt sind.  © Jana Hoger/ VOX/SD

In einer aktuellen Folge des TV-Magazins "HundKatzeMaus" reist die Tierschützerin nach Niederorschel (Landkreis Eichsfeld). Eine Informantin hatte von einer Kleingartenanlage berichtet. In Thüringen trifft sich Hoger, die vor Kurzem erst mit einem Fall im Freistaat zu tun hatte, schließlich mit der Frau, die insbesondere von einem Jungbullen, der an einer Kette gehalten wird, berichtet.

Die Tierschützerin macht sich daraufhin auf den Weg zur Anlage. TV-Bilder zeigen eine Parzelle mit viel Gerümpel. Dazwischen schwirren Hühner umher.

Auch ein Zwinger, in dem sich ein Rottweiler befindet, ist zu sehen. Zwingerhaltung sei in Deutschland zwar erlaubt, "aber den Hunden muss eine wärmeisolierende Schutzhütte und eine [...] trockene und weiche Liegefläche zu Verfügung stehen", heißt es in dem TV-Format.

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Das sei jedoch nicht der Fall, auch frisches Trinkwasser fehle. Den Angaben nach sind das alles "klare" Verstöße gegen die Tierschutzhundeverordnung.

"Wenn man sich die Hütte anschaut, dann kann man nur verstehen, dass diese Hunde irgendwann durchdrehen, weil es einfach schlimmste Tierquälerei ist", betont Hoger, die als Fachreferentin für tierische Mitbewohner bei der Tierschutzorganisation PETA Deutschland tätig ist.

Keine Sozialkontakte

Die Anforderungen für die Haltung des entdeckten Rottweilers entsprechen den Angaben zufolge nicht den Anforderungen.
Die Anforderungen für die Haltung des entdeckten Rottweilers entsprechen den Angaben zufolge nicht den Anforderungen.  © Jana Hoger/ VOX/SD

Bei ihren Recherchen auf dem Gelände stößt Hoger auch auf Kaninchenbuchten. Dabei ist Einzeltierhaltung nach Angaben des TV-Formats auch bei Schlachtkaninchen verboten. Einige Tiere scheinen den Angaben nach krank und weisen eine Kopfschiefhaltung auf. "Das könnte auf eine Infektion durch Parasiten hindeuten", heißt es. Außerdem hätten die Kaninchen laut der Tierschützerin kein Trinkwasser.

Schließlich entdeckt Jana Hoger den Bullen. Völlig isoliert und ohne Bewegungsfreiheit steht er in der hintersten Ecke eines Stalls, heißt es. "Sozialkontakt oder andere Außenreize fehlen obendrein", sagt die Stimme aus dem Off, während der Bulle in die Kamera blickt. Seine Augen wirken traurig.

"Der kann hier gar nichts. Der steht hier völlig traumatisiert in diesem [...] wirklich letzten Eck von diesem Gartengrundstück", sagt die erfahrene Tierschützerin. Das Tier könne sich nicht richtig aufrichten, nicht umdrehen, nicht nach draußen schauen. "Der kriegt nichts mit. Der wird hier wirklich wahnsinnig!"

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Rinder seien "extrem" soziale Tiere. Die Anbindehaltung von Kühen und Bullen sei nicht nur mit einem psychischen, sondern auch "extrem" körperlichen Leid verbunden, sagt Hoger. Häufig sehe man bei solchen Tieren offene Gelenke. Sie wiesen Probleme im Wachstum auf, weil sie sich nicht ausreichend aufrichten könnten, Gelenke und Knochen verkümmern, berichtet sie.

Tierhalter blockt ab

Bei der Kaninchenhaltung konnte das zuständige Veterinäramt den Angaben nach keine Verstöße feststellen.
Bei der Kaninchenhaltung konnte das zuständige Veterinäramt den Angaben nach keine Verstöße feststellen.  © Jana Hoger/ VOX/SD

Den Angaben nach hat die Informantin die Tierhaltung bereits angezeigt. Hoger wundert sich, warum bislang nichts passiert sei. Sie stattet dem zuständigen Veterinäramt daher selbst einen Besuch ab und bringt die dokumentierten Tierschutzverstöße zur Anzeige.

Später fährt sie wieder zur Gartenanlage. Dort trifft Jana Hoger zwar nicht auf den Halter, dafür aber auf dessen Frau. Den Angaben nach verrät sie, dass der Bulle "zur Fleischgewinnung" gehalten werde. Außerdem gibt sie Hoger die Nummer ihres Mannes.

Die Tierschützerin kontaktiert daraufhin den Halter, will ein Treffen vereinbaren und ihn im Idealfall davon überzeugen, sich die Tiere abnehmen zu lassen. Der Mann jedoch scheint wenig kooperativ, am Ende tutet das Handy der Tierschützerin - einfach aufgelegt. "Uff, der Typ scheint mir extrem uneinsichtig", sagt sie. Er habe gar kein Interesse daran, etwas zu verbessern beziehungsweise die Tiere abzugeben.

Doch nicht nur beim Halter gelangt die Tierschützerin nicht zum erhofften Ziel, auch die Rückmeldungen des Veterinäramtes ein paar Tage später sind ernüchternd. Hoger zufolge wäre das Amt vor Ort gewesen. Es hätte Auflagen gegeben, aber an der Tierhaltung habe sich "in Gänze" nichts geändert.

In Sachen Tierwohl lediglich ein kleiner Erfolg

Tierschützerin Jana Hoger konnte den Halter nicht davon überzeugen, den Bullen zu verkaufen.
Tierschützerin Jana Hoger konnte den Halter nicht davon überzeugen, den Bullen zu verkaufen.  © Jana Hoger/ VOX/SD

Insbesondere bei der Haltung des Bullen scheinen offenbar alle Anforderungen erfüllt zu sein. "Sobald die Weide trittsicher ist, kommt der Bulle auf diese Wiese", heißt es den Angaben nach in einer Stellungnahme des Veterinäramtes Landkreis Eichsfeld. Unter diesen Voraussetzungen wäre eine Anbindehaltung von Kälbern über sechs Monaten nicht verboten. Der Bulle habe Pech, "da er durchs Raster fällt", muss Hoger enttäuscht feststellen.

Auf Nachfrage hätte das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft mitgeteilt: "Außer Zweifel steht, dass die Anbindehaltung die Bewegungsfreiheit sowie arteigene Verhaltensweisen erheblich einschränkt und mit einem modernen Tierschutzverständnis nicht vereinbar ist." Zudem hätte man unter anderem darauf hingewiesen, dass im Koalitionsvertrag vereinbart sei, die Anbindehaltung bis 2030 zu beenden.

Auch bei der Kaninchenhaltung hätte das Amt keine Verstöße festgestellt. Hoger reagiert mit Unverständnis. Kaninchenmester müssten laut Tierschutznutztierverordnung den Tieren eine zweite erhöhte Liegefläche anbieten, heißt es nach Angaben des Formats. Das würde jedoch nicht für die Privathaltung gelten, hätte das Amt geschrieben.

Einen kleinen Erfolg kann die Tierschützerin hingegen in Sachen Hundehaltung vorweisen. So hätte das Amt bestätigt, dass der Zwinger nicht den gesetzlichen Anforderungen entspreche.

"(Eine) Anordnung zur Nachbesserung der Zwingergröße sowie der Isolierung von Hütte und Liegeplatz erfolgt", heißt es den Angaben nach in einer entsprechenden Mitteilung des zuständigen Veterinäramtes. Zudem müsse der Halter die Auslaufzeiten des Hundes protokollieren und dem Amt regelmäßig mitteilen.

Titelfoto: Jana Hoger/ VOX/SD

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