"Das miese Geschäft mit der Pflege": "Team Wallraff" deckt bei neuer Reportage Entsetzliches auf

Köln - Dass die Zustände in vielen Pflegeheimen in Deutschland zu wünschen übrig lassen, ist längst kein Geheimnis mehr. Das trifft augenscheinlich auch auf mehrere Einrichtungen der Pflegeheim-Kette Alloheim zu, wie das "Team Wallraff" am Donnerstagabend in einer neuen RTL-Reportage aufgedeckt hat. Die dortigen Zustände: Alarmierend!

Die Undercover-Reporterin machte sich über mehrere Tage hinweg selbst ein Bild von den Zuständen in dem Neusser Alloheim.
Die Undercover-Reporterin machte sich über mehrere Tage hinweg selbst ein Bild von den Zuständen in dem Neusser Alloheim.  © RTL

Bewohner, die stundenlang in ihrem eigenen Urin oder Kot ausharren müssen, offene Wunden, die unzureichend behandelt werden und Pflegekräfte, die angesichts drastischer Sparmaßnahmen heillos überfordert sind - die Bilder, die am Donnerstagabend in der Reportage "Das miese Geschäft mit der Pflege - Undercover bei Alloheim" über die heimischen Bildschirme flimmerten, waren nichts für schwache Nerven!

Nachdem das "Team Wallraff" etliche Hilferufe aus mehr als 70 Alloheimen in ganz Deutschland erhalten hatte, recherchieren die Reporter verdeckt in einigen ausgewählten Einrichtungen, unter anderem auch im nordrhein-westfälischen Neuss.

Ein Bewohner wurde dort seit einer Woche nicht gewaschen, wie die Pflegekraft der Undercover-Reporterin offenbart. Der Mann riecht extrem nach Schweiß, Urin und Kot, ehe die Frauen beim Waschen im Bad auch noch ein offenes, blutiges Druckgeschwür an seinem Gesäß entdecken. Dieses entwickelt sich, wenn Menschen lange in der gleichen Position liegen.

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Der Mann hat starke Schmerzen, wird nach einer oberflächlichen Reinigung wieder in seinen Rollstuhl gesetzt und bleibt mit seinen Schmerzen allein. Wenige Tage später stirbt er im Krankenhaus, wie während der Recherche herauskommt.

Die Menschen werden in Alloheimen teilweise in ihre Betten gelegt und nach der nötigsten Pflege sich selbst überlassen. Für persönliche Gespräche mit den Bewohnern wird sich so gut wie keine Zeit genommen.
Die Menschen werden in Alloheimen teilweise in ihre Betten gelegt und nach der nötigsten Pflege sich selbst überlassen. Für persönliche Gespräche mit den Bewohnern wird sich so gut wie keine Zeit genommen.  © RTL

Alloheim-Pflegerin zu Bewohnerin: "Hätten Sie sich doch die Kugel gegeben. Dann bräuchte ich Sie jetzt nicht zu pflegen"

Die 60-Jährige offenbart im Gespräch mit Günter Wallraff die alarmierenden Zustände in ihrer Pflegeeinrichtung.
Die 60-Jährige offenbart im Gespräch mit Günter Wallraff die alarmierenden Zustände in ihrer Pflegeeinrichtung.  © RTL

Eine andere Bewohnerin eines Alloheims wendet sich direkt ans "Team Wallraff", woraufhin Günter Wallraff (83) persönlich zu der Dame in die Einrichtung nach Frankenheim fährt. Die 60-Jährige berichtet unter anderem von stark gereiztem Pflegepersonal, beschreibt eine Situation, die sich besonders in ihr Gedächtnis gebrannt hat.

"Eine Pflegerin hat mir zwei Tage, nachdem ich hier im Heim angekommen bin, gesagt: 'Hätten Sie sich doch [...] die Kugel gegeben. Dann bräuchte ich Sie jetzt nicht zu pflegen", so die aufgelöste Bewohnerin.

Auch an Pflegebedarf (Einlagen, Handschuhe, Bettlaken, etc.) wird in Alloheimen nach Aussagen ehemaliger und bestehender Mitarbeiter gespart. Insbesondere Inkontinenz-Einlagen seien Mangelware - in einem Fall seien eine Ex-Mitarbeiterin und deren Kollegen sogar eigenständig in Drogerien gegangen und hätten dort Einlagen aus eigener Tasche bezahlt, "damit die Bewohner irgendwie versorgt werden".

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Dabei sind die Plätze in den Heimen keineswegs umsonst, kosten die Bewohner in Neuss mit Pflegestufe vier laut der Reportage immerhin einen stolzen Eigenanteil von 3100 Euro.

Abrechnungsbetrug bei Alloheim?

Günter Wallraff (83) ist von den Zuständen in den Alloheimen schockiert.
Günter Wallraff (83) ist von den Zuständen in den Alloheimen schockiert.  © RTL

Zudem steht ein weiterer, heftiger Vorwurf im Raum: Eine Informantin behauptet im Gespräch mit Günter Wallraff, die Alloheime würden teils Pflegekräfte abrechnen, die gar nicht existieren. "Wenn man das ausrechnet, dann reden wir hier über einen Millionenbetrag, der monatlich dementsprechend übrig bleibt", schildert die Frau, die unerkannt bleiben will.

Hat die Kette also Pflegekräfte abgerechnet, die gar nicht eingesetzt wurden und sich damit jährlich Millionen in die eigene Tasche gesteckt?

In einer schriftlichen Stellungnahme streitet Alloheim dies vehement ab, während auch die Wuppertaler Staatsanwaltschaft, die von den RTL-Reportern eingeschaltet wurde, nach eigener Aussage "keinen Anfangsverdacht für einen strafrechtlich relevanten Abrechnungsbetrug sieht".

Die Pflegekassen prüfen jedoch weiterhin, ob Alloheim falsch abgerechnet hat - dann könnten Bewohner unter bestimmten Voraussetzungen Schadensersatz von der Kette fordern.

Titelfoto: RTL

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