Zeitenwende für Deutschlands Jugend: Bundeswehr-Kampagnen lösen Debatte aus
Leipzig - Seit Jahren leidet die Bundeswehr unter Personalmangel. Um diesem Problem zu begegnen, hat das Bundeskabinett Ende August das Gesetz zur Einführung eines neuen Wehrdienstes auf den Weg gebracht. MDR-"exactly" widmet sich in der neuen Folge den Herausforderungen auf dem Weg zur "Kriegstüchtigkeit", die Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD, 65) zuletzt gefordert hatte - und was das für junge Menschen bedeutet.

"Ich wollte schon immer eher was Actionreiches machen", verrät Tim auf die Frage, warum er an den "Discovery Days" der Bundeswehr teilnimmt, bei denen Interessierte sich fünf Tage lang als Panzer-Pionier ausprobieren können.
Für Hanna ist besonders die Möglichkeit eines Medizinstudiums bei der Bundeswehr interessant. Dafür müsste sich die minderjährige Abiturientin jedoch insgesamt 17 Jahre verpflichten. "Deshalb schaue ich mir das Ganze auch umso genauer an", sagt sie.
Im Anschluss fahren die Teilnehmer gemeinsam mit ihren Ausbildern im Bauch des Transportpanzers Fuchs in den Wald, bauen ihre Zelte auf und machen ein Lagerfeuer. Alles wirkt wie im Ferienlager.
Dass junge Menschen sich in Deutschland bereits mit 17 Jahren freiwillig verpflichten können und die Bundeswehr diese mit Kampagnen, die Szenen aus Videospielen ähneln, gezielt anspricht, stößt jedoch auch auf Widerstand und Kritik.
Psychologin und Politologe kritisieren Werbemaßnahmen

"Ich denke, man sollte erst mit 25 die Entscheidung treffen, ob man zum Bund geht, oder nicht", meint Hanna Christiansen, Leiterin der Klinischen Kinder- und Jugendpsychologie an der Uni Marburg.
Erst dann sei die Entwicklung eines Menschen vollständig abgeschlossen, man habe bereits eine Ausbildung absolviert und könne mündig entscheiden.
Dass Menschen mit 17 zu jung seien, um zu wählen, den Dienst an der Waffe jedoch antreten dürften und dadurch im Zweifelsfall sogar für Deutschland sterben könnten, kritisiert Christiansen scharf.
Ähnlich sieht es auch Aktivist und Politologe Michael Schulze von Glaßer vom Bündnis "Unter 18 nie!": "Die Bundeswehr inszeniert sich als hipper, moderner Arbeitgeber, aber wichtige Themen, wie Tod und Verwundung werden nicht angesprochen."
Konteradmiral Axel Schulz kann diese Kritik nicht nachvollziehen. Er ist der Meinung, dass die Bundeswehr letztlich die Realität zeige und junge Menschen dort erreiche und informiere, wo sie sich am meisten aufhalten, also im Internet. Minderjährige würden bei der Bundeswehr zudem besonders geschützt. Beispielsweise schicke man 17-Jährige nicht in Auslandseinsätze, so Schulz.
Die komplette Folge "exactly" mit dem Titel "Bundeswehr: Jugend an die Waffe" seht Ihr in der ARD-Mediathek.
Titelfoto: PR/MDR/Rozhyar Zolfaghar