Bissspuren und Zeitungspapier: So kamen Profiler der Mutter eines toten Babys aus Halle auf die Spur

Leipzig - Wie sieht eigentlich die Arbeit von Profilern aus? Die MDR-Kultserie "Kripo Live" hat zwei Fallanalytiker aus Sachsen-Anhalt begleitet und zeigt, wie die Puzzle-Arbeit der Experten beim Lösen von Kriminalfällen hilft.

An diesem Zaun wurde die Leiche des Säuglings von einer Passantin entdeckt.
An diesem Zaun wurde die Leiche des Säuglings von einer Passantin entdeckt.  © Marvin Matzulla

Im Dezember 2021 wurde am Zaun eines Wertstoffhofes in Halle (Saale) die Leiche eines neugeborenen Babys entdeckt. Die Polizeibehörde sammelte Spuren am Fundort und ging ersten Hinweisen nach - der daraufhin gegründeten Sonderkommission mit dem Namen "Engel" gehörten auch die beiden Profiler Stefan Backhaus und Franziska Meinert an.

"Wir werden angefordert bei Fällen, die ein gewisses Gewaltpotenzial aufweisen, also etwa Gewaltstraftaten, Sexualverbrechen oder Brandserien. Wir wurden früh in die Ermittlungen miteinbezogen, damit wir zeitnah die ersten Eindrücke vom Tatgeschehen bekommen können", erinnerte sich Franziska Meinert.

In enger Zusammenarbeit mit den SOKO-Kollegen stand zunächst der Fundort der Leiche, ein rund 300 Meter entfernter Papierkorb, in dem die Plazenta des Säuglings gefunden worden war, und in einem nahen Waldstück abgelegte Textilien mit der DNA des Babys im Fokus der Sonderermittler.

Profiler erlangten Hinweise zu Alter und Herkunft der Mutter

Nahe dem Fundort wurde die Plazenta der Mutter in Zeitungspapier eingewickelt in einem Papierkorb entdeckt.
Nahe dem Fundort wurde die Plazenta der Mutter in Zeitungspapier eingewickelt in einem Papierkorb entdeckt.  © Marvin Matzulla

Aus diesen Spuren konnten die Profiler wichtige Erkenntnisse über die unbekannte Mutter des toten Säuglings gewinnen.

An der Leiche wurden beispielsweise Bissspuren eines Tieres entdeckt - anhand eines Zahnabgleichs mit heimischen Arten konnte so ermittelt werden, dass das Baby erst in dem Waldstück abgelegt und dann von einem Fuchs an den Zaun des Wertstoffhofs geschleppt worden war.

"Wir gingen davon aus, dass die Mutter die Schwangerschaft vor ihrem Umfeld geheim hielt. Anhand der Art, wie strukturiert die Plazenta in eine Zeitung eingewickelt und beseitigt worden war, konnten wir davon ausgehen, dass es sich um eine Frau im Alter um die 30 Jahre handeln musste", erklärte Profiler Stefan Backhaus.

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Letztendlich kam die Polizei der Mutter anhand von Zeugenaussagen eines Nachbars auf die Spur, der die heimliche Schwangerschaft erkannt hatte. Die Frau war 38 Jahre alt und arbeitete als Zeitungszustellerin. "Für uns war das ein Erfolg, da wir sehen konnten, dass wir mit unseren Einschätzungen richtig gelegen haben", so Backhaus. Die intellektuell stark beeinträchtigte Frau wurde zu vier Jahren Haft wegen Totschlags verurteilt.

Mehr zu der Arbeit der Profiler und weiteren Fahndungsaufrufen von "Kripo Live" seht Ihr in der MDR-Mediathek.

Titelfoto: Marvin Matzulla

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