Schlägereien, Sex, Bengalos: Netflix-Film "Über das Ergebnis hinaus" ist brutal!

Deutschland - Neu bei Netflix: Der italienische Ultra-Film "Über das Ergebnis hinaus" läuft seit dem 20. März beim Streaming-Giganten. Eine Kritik.

Das italienische Filmposter von "Über das Ergebnis hinaus".
Das italienische Filmposter von "Über das Ergebnis hinaus".  © PR/Netflix

Im Original und auch in der englischen Fassung heißt das Drama übrigens "Ultra" - ein deutlicher sinnvollerer Titel als in der deutschen Version. 

Was sich die Entscheidungsträger bei der Umbenennung gedacht haben, wird ihr Gehemnis bleiben. Schließlich geht es hier um gewaltbereite Fußballfans, genauer gesagt die Gruppierung "Apache" des SSC Neapel.

Dort verändert sich nach und nach die Machtstruktur. Denn die alte Garde um Sandro (Aniello Arena) und Barabba (Salvatore Pelliccia) hat Stadionverbot, weshalb die Kurve nun von Pechegno (Simone Borrelli) und seinem Mann fürs Grobe, Gabbiano (Daniele Vicorito), angeführt wird.

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So gibt es zunehmend Reibereien zwischen den Anhängern, die jahrzehntelang für den Verein kämpften (und zwar im wahrsten Sinne des Wortes) und den jungen Wilden.

Gerade Sandro ist es zunehmend leid, auch mit 50 Jahren noch immer alles ausbügeln und vermitteln zu müssen, sich wie ein jugendlicher Schläger zu verhalten. Allerdings ist er in Neapel eine einflussreiche Berühmtheit, trägt den Spitznamen "Mohica" (Mohikaner), was auch an seinem auffälligen Irokesenschnitt liegt. 

Er hat wahrlich viele Schlachten geschlagen und wird von seiner düsteren Vergangenheit immer wieder eingeholt. Sein Sohn Sasa ist schon vor Jahren gestorben, sein anderer Sprössling, Angelo (Ciro Nacca), hängt vor allem mit Pechegno ab. Bald droht die Situation zu eskalieren.

"Über das Ergebnis hinaus" fehlt die Ausgewogenheit

Angelo (vorne-mittig, Ciro Nacca) gerät zwischen die Lager.
Angelo (vorne-mittig, Ciro Nacca) gerät zwischen die Lager.  © PR/Netflix

Diese Geschichte hat Regisseur Francesco Lettieri bei seinem Langspielfilmdebüt durchwachsen umgesetzt. 

Auf der einen Seite gewährt sein Werk tiefe Einblicke in die Struktur einer Ultra-Gruppierung und ist darüber hinaus interessant und spannend, weil die Protagonisten ernsthafte und universelle Probleme haben. 

Viele sind auf der Suche nach sich selbst, Zugehörigkeit, Freiheit und Macht. Gerade fußballaffine Menschen werden hier auf ihre Kosten kommen - allerdings mit Abstrichen.

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Denn auf der anderen Seite muss sich Lettieri am Ende vorwerfen lassen, das gewalttätige Handeln der Anhänger zu glorifizieren. Hier fehlt ihm offenbar die Erfahrung, um seine komplexe Thematik von mehreren Seiten zu beleuchten und das Drama ausgewogener zu gestalten.

So wird das gesamte Geschehen nur aus der Sicht verschiedener Ultras gezeigt. Das dürfte bei Hardcore-Fans mit ähnlichen moralischen Vorstellungen sicher gut ankommen.

In diesen Kreisen könnte er sich vielleicht sogar zum Kultfilm entwickeln. 

Davon abgesehen ist "Über das Ergebnis hinaus" sexistisch und stellt die Frauen lediglich als schmückendes Beiwerk dar. Zudem sollen das bedrohliche männliche Gehabe um das Recht des Stärkeren, die Tattoos, Kostüme und die Schlägereien cool wirken. Dass die Macher die Werte, die sie hier in die weite Welt transportieren, nicht stärker hinterfragt haben, ist nicht nachzuvollziehen.

"Über das Ergebnis hinaus" ist faszinierend, aber auch ein gefährlich glorifizierender Film

Hier singen und feiern die Ultras der "Apache"-Gruppierung des SSC Neapel noch zusammen.
Hier singen und feiern die Ultras der "Apache"-Gruppierung des SSC Neapel noch zusammen.  © PR/Netflix

Sprüche wie "Verbrennen wir die Hauptstadt" ziehen sich ohne Einordnung durch die gesamten 109 Minuten Laufzeit. 

Leider wird Gewalt als gängiges Lösungsmittel dargestellt und nicht - wie beispielsweise in der Ausnahme-Serie "Gomorrha" - als Teufelskreis inszeniert, der den Charakteren ernsthaft zu schaffen macht. Dennoch wirken die Kämpfe durch die unruhige Kameraführung gerade im Finale billig.

Das kleine Budget von 1,5 Millionen Euro wird hier - und in anderen Szenen - deutlich. Schade ist darüber hinaus, dass auch die Dramaturgie ihre Schwächen hat. So ist das Ende schon weit im Voraus vorhersehbar. 

Als wäre all das noch nicht genug, gibt es zu viele austauschbare Protagonisten. Selbst von den Hauptfiguren erfährt man nur wenige Details aus ihrer Vergangenheit, weshalb es schwerfällt, ihre Motive und Handlungen nachvollziehen. 

Auch der Fußball selbst spielt in diesem Film nur eine untergeordnete Rolle. Dennoch langweilt "Über das Ergebnis hinaus" nicht, weil er eine gewisse Faszination ausübt, authentisch wirkt und auch schauspielerisch annehmbar daherkommt. Aufgrund der Werte, die dieses Drama vermittelt, ist es aber zu hinterfragen und nicht wirklich zu empfehlen.

Titelfoto: PR/Netflix

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