Sächsin Anna bei Berufe-EM: Deutsche Meisterin will es ganz Europa zeigen
Von Christian Grube
Herning (Dänemark) - Als Alten- und Krankenpflegerin vor Publikum zu arbeiten, gehört nicht zum Alltag – für Anna Telle aus Chemnitz aber ist es längst Routine. Die 21-Jährige ist deutsche Meisterin in ihrem Fach und tritt derzeit bei den EuroSkills, der Europameisterschaft der nicht-akademischen Berufe, in Dänemark an. Schon im vergangenen Jahr war sie bei den WorldSkills dabei und holte dort eine Exzellenzmedaille.
Zum Auftakt des Wettbewerbs stand die Tagespflege im Mittelpunkt. In einer Aufgabe musste Telle einer Frau mit Brustkrebs Therapiehinweise geben, später kümmerte sie sich um einen Schlaganfallpatienten, der wie alle anderen Schauspieler des Theaters von Herning ist.
Für jede Simulation hat sie 45 Minuten Zeit. Die Juroren beobachten jeden Handgriff genau und dokumentieren alles. Eine zusätzliche Herausforderung: Alle Gespräche und Anleitungen müssen auf Englisch erfolgen.
Klar sei man aufgeregt, aber nach dem Durchlaufen des gesamten Prozederes von Quali bis Deutscher Meisterschaft stelle sich eine Routine ein.
An ihrer Seite ist auch dieses Mal Markus Rasim. Der Bundestrainer fungiert zugleich als "Chief Expert", also Wettkampfleiter für die Disziplin. Bewertet wird nach 270 Einzelkriterien – von der korrekten Desinfektion bis zur richtigen Lagerung des Patienten.
Ein Vorteil für Telle? "Nein. Der eigene Experte darf selbstverständlich nicht die Teilnehmenden aus seinem Land bewerten, das übernehmen Fachleute anderer Nationen", betont Rasim.
Anna Telle profitiert bei EuroSkills für ihre Ausbildung
Unterstützung bekommt die Chemnitzerin zudem von ihren Eltern und ihrer Lehrerin aus der Berufsfachschule der Zeisigwaldklinik Bethanien. Am Nachmittag, nach ihrer letzten Aufgabe des Tages, fällt die erste Anspannung sichtbar von ihr ab.
Im TAG24-Gespräch wirkt sie bescheiden. Ob sie den Titel Europameisterin ins Visier nimmt? "Wie schon im letzten Jahr sage ich mir: Dabei sein ist alles." Ob die Chancen diesmal besser stehen, ist Ansichtssache. Die Zahl der Mitbewerberinnen ist deutlich geringer als in Lyon, zudem treten Favoritenländer wie China oder Taiwan nicht an.
Hat sich die Teilnahme für ihre Ausbildung gelohnt? "In der Vorbereitung habe ich Themen behandelt, die in der Schule noch nicht dran waren. In einigen Bereichen konnte ich sogar tiefer einsteigen, als es im Unterricht vorgesehen ist", erzählt sie.
Noch zwei Wettbewerbstage liegen vor Anna Telle. Neben Szenarien aus dem Krankenhausumfeld steht auch die häusliche Pflege auf dem Programm. Am Samstagabend wird sich bei der Siegerehrung zeigen, ob sie sich gegen die Konkurrenz behaupten kann – und als beste Alten- und Krankenpflegerin Europas ausgezeichnet wird.
Premiere: Deutsche Bundesministerin besucht EuroSkills in Dänemark
Politische Aufmerksamkeit bekommt der Wettbewerb in diesem Jahr ebenfalls: Am Freitag wird Bundesbildungsministerin Karin Prien (60, CDU) die EuroSkills besuchen. Sie hält sich derzeit ohnehin zu einer informellen EU-Ministerkonferenz in Dänemark auf.
Damit ist sie die erste deutsche Bundesministerin, die einem internationalen Berufswettbewerb dieser Art einen Besuch abstattet.
Titelfoto: Bildmontage: Christian Grube

