Dresden - Sie mag klein sein, freundlicher gesagt: kompakt - und doch öffnet die Ausstellung "Aus der Reihe tanzen" im Albertinum ein weites Feld.
Es geht um die Beschäftigung mit der Kunst in der DDR, den dabei beteiligten Frauen und der Herausforderung, Performance-Aktionen museal darstellen zu können.
Überdies ist die Schau im Georg-Treu-Kabinett eine Präsentation des wissenschaftlichen Nachwuchses der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) im Rahmen ihrer Ausbildung. Sie ist gelungen!
Den Volontärinnen und Volontären war wichtig, Nachhaltigkeit zu zeigen (die Ausstellungsarchitektur nutzt vorhandenes Installationsmobiliar nach), auch wollte man bewusst die Sichtbarkeit der Frauen in der Kunst stärken.
Der neue SKD-Generaldirektor Bernd Ebert (53) sagt: "Es ist eine tolle Tradition, dass die Volontäre der SKD in ihrer Ausbildung eine eigene Ausstellung stemmen."
Und verweist auf die Schwierigkeit des Themas: "Aktionskunst dem Publikum nahezubringen, ist keine einfache Sache." Zudem die 80er-Jahre eigentlich noch relativ jung seien, für die Nachwuchswissenschaftler aber schon eine historische Epoche darstellten.
Fokus auf DDR-Künstlerinnen
Albertinum-Direktorin Hilke Wagner (53): "Seit dem Bilderstreit um 2018 ist es für uns ein Steckenpferd geworden, Kunst der DDR zu präsentieren."
Aber: Zu wenige Werke von Künstlerinnen seien im Bestand, und Medien wie Film, Fotografie und Performance seien sehr schwer museal zu präsentieren.
Denn: "Performance - oder wie man sie in der DDR nannte: Aktionskunst - lebt vom Moment, also von zeitlicher Beschränktheit."
Die von Linda Alpermann, Sarah Felix, Jan-Markus Göttsch und Ramona Stauner kuratierte Schau trägt dem Rechnung. Im Zentrum stehen viele im Loop gezeigte Super-8-Filme, also Relikte früherer Performance-Aktionen, kombiniert mit damaligen Utensilien und Kostümen.
Im Fokus stehen nonkonforme Künstlerinnen, die sich von der staatlich geförderten Kunstszene der DDR in den 80er-Jahren abgrenzten, weiblicher Widerstand in einer Diktatur - aktuell bis heute.
SKD-Volontäre sollen für frischen Blick sorgen
Neben künstlerischen Positionen der Künstlerinnengruppe Erfurt (teils bis zu 17 Frauen stark) wird die Zusammenarbeit der Malerin Christine Schlegel und der Tänzerin Fine Kwiatkowski thematisiert.
Ausgangspunkt der Ausstellung bilden selbst gestaltete Kostüme der Künstlerinnengruppe Erfurt (gegründet 1984), die als Teil von Mode-Objekt-Shows, Performances und Super-8-Filmen inszeniert wurden: ein Kostüm aus Schafswolle von Gabriele Stötzer (1989), ein geklebtes "Zeitungskostüm" von Monika Andres (1988) oder ein "Antennenkostüm" von Verena Kyselka (1989).
Dem gegenüber stehen Objekte von Dresdner Künstlerinnen, etwa das "Müllkostüm" (1986) von Hanne Wandtke (85). Die Palucca-Absolventin hat den Materialmix einst auf Textil genäht, um damals "als Tänzerin unerkannt zu bleiben", wie sie heute erzählt.
Die Objekte der hochaktuellen Kabinettausstellung erzählen von den Frauen, ihren unterschiedlichen Ästhetiken und inhaltlichen Schwerpunkten, sowie den historischen Bedingungen in der DDR, unter denen sie ihre Performance-Kunst schufen. Es geht um Grenzüberschreitungen, Maskeraden und gemeinschaftliche Aktionen. Durch die Augen der jungen SKD-Volontäre ein erfrischend neuer Blick auf selten beachtete Kunstformen der späten DDR.
Zu sehen bis 31. August.