Freispruch im "Eiskeller"-Prozess: Richterin entschuldigt sich, Zuschauer applaudieren

Von Frederick Mersi

Traunstein - Ein Ende im "Eiskeller"-Prozess. Das Landgericht Traunstein hat den Angeklagten Dienstagmittag freigesprochen.

Sebastian T. (23) ist wieder ein freier Mann.  © Sven Hoppe/dpa

In der Neuauflage des Prozesses um den Tod der Studentin Hanna aus dem bayerischen Aschau ist der wegen Mordes Angeklagte freigesprochen worden.

Bei der Urteilsverkündung sprach die Vorsitzende Richterin am Landgericht Traunstein, Heike Will, von einem "unerwartet schnellen Prozessende".

Der Angeklagte muss nach der Entscheidung des Gerichts für die bisherige Haft entschädigt werden.

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Die Anklage begründete das damit, dass dem Mann die vorgeworfene Tötung nicht habe nachgewiesen werden können.

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Richterin kämpfte mit den Tränen

"Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass es im Verlaufe der Ermittlungen zu etlichen fatalen Fehlern gekommen ist". Das müsse an anderer Stelle Konsequenzen haben.

"Dieses Rechtssystem hat Ihnen großes Unrecht zugefügt", sagte die Richterin an den Angeklagten gewandt und kämpfte mit den Tränen. "Als Teil dieses Rechtssystems möchte ich mich bei Ihnen entschuldigen." Im Zuschauersaal brandete Applaus auf.

Die Tränen der Richterin seien "dem Drama, das hier passiert ist, angemessen", sagt Verteidigerin Regina Rick, die auch schon Justizopfer Manfred Genditzki vor Gericht vertreten hat, und fordert Konsequenzen für die Richterin aus dem ersten Verfahren um den mutmaßlichen - oder vermeintlichen - Mord an Hanna und für die Ermittler der Kriminalpolizei in Rosenheim, die "Beweismittel regelrecht unterschlagen" habe.

Die Verteidigung argumentierte, dass im erneuten Verfahren die Unschuld des jungen Mannes bewiesen worden sei.

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Regina Rick (l), Anwältin des Angeklagten, und dessen Mutter verlassen nach dem Freispruch das Gericht.  © Lukas Barth-Tuttas/dpa

Sebastian T. wurde im ersten Prozess zu neun Jahren verurteilt

Im Club "Eiskeller" feierte Hanna vor ihrem Tod.  © Uwe Lein/dpa

Hanna war in der Nacht zum 3. Oktober 2022 nach einer Partynacht in der Aschauer Disco "Eiskeller" tot im Fluss Prien entdeckt worden, mit vielen Verletzungen. Einige Wochen später wurde ein junger Mann festgenommen und später wegen Mordes angeklagt.

Im März 2024 verurteilte ihn das Landgericht Traunstein wegen Mordes zu einer Jugendstrafe von neun Jahren. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil aber wegen eines Verfahrensfehlers auf, sodass der Fall Ende September neu aufgerollt wurde.

Die Verteidigung ging von einem Unfall aus. Die Verletzungen vor allem am Kopf und am Oberkörper zog sich Hanna ihrer Ansicht nach zu, als sie rund zwölf Kilometer im Fluss trieb.

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Der mittlerweile 23 Jahre alte Angeklagte war schon zu Prozessbeginn auf freiem Fuß, da Gutachten die Glaubwürdigkeit einer wichtigen Zeugenaussage in Zweifel gezogen hatten. Das Verfahren fand aus Platzgründen im Amtsgericht Laufen statt.

Richterin Will äußerte Verständnis dafür, dass das Ergebnis des Prozesses, der die Frage, wie Hanna zu Tode kam, nicht klären konnte, "unbefriedigend" sei. Sie sprach der Familie der Studentin "tiefstes Mitgefühl" aus.

Erstmeldung 11.58 Uhr, Update 13.56 Uhr

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