"Furchtbare Spekulationen" nach Fabians (†8) Tod: Pastor beobachtet Wut und Solidarität

Güstrow - Die Ermittlungen der Polizei zum gewaltsamen Tod von Fabian (†8) tragen noch keine Früchte. Pastor Jens-Peter Schulz berichtet im Gespräch mit TAG24 von Wut, aber auch nicht enden wollender Solidarität.

Pastor Jens-Peter Schulz spürt in der Gemeinde die verschiedenen Facetten der Trauer.
Pastor Jens-Peter Schulz spürt in der Gemeinde die verschiedenen Facetten der Trauer.  © Bernd Wüstneck/dpa

Der Pastor der Güstrower Pfarrkirche gibt ganz offen und ehrlich zu, wie sehr ihn der Fall belastet. Nur wenige sind näher dran an der Familie von Fabian, mit der er gemeinsam einen Trauergottesdienst am kommenden Donnerstag um 17.30 Uhr plant.

Der gewaltsame Tod des Jungen hat die Menschen tief getroffen. "Es gibt furchtbare Spekulationen", berichtet der Kirchenmann, einige würden sich plötzlich für Hobby-Kriminalbeamte halten. "Das ist ganz, ganz schlimm und das ich sage auch immer allen, die mich darauf ansprechen", so Schulz.

Er selbst höre weg, wenn wieder irgendwelche Vermutungen geäußert würden. "Wenn wir jetzt anfangen, mit dem Finger auf Leute zu zeigen, machen wir die Solidarität kaputt, die wir im Moment haben", meint der Pastor.

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Man spüre die Wut in Teilen der Gemeinde. "Die Facetten der Trauerverarbeitung bei den Menschen sind unterschiedlich. Der eine sucht Ruhe, der andere wird laut und ist wütend. Und die Wut muss irgendwohin", sagt der Güstrower.

Es gebe ein hebräisches Wort für Trauer, das wörtlich übersetzt "Da drehen sich die Eingeweide um" bedeute.

"Und das merke ich manchmal. Wie schockierend das ist. Es ist fast unaussprechlich schockierend", so Schulz.

Briefe und Anrufe aus ganz Deutschland

An der Güstrower Pfarrkirche wächst die Zahl der Kerzen, Blumen und Kuscheltiere jeden Tag.
An der Güstrower Pfarrkirche wächst die Zahl der Kerzen, Blumen und Kuscheltiere jeden Tag.  © Bernd Wüstneck/dpa

Doch es gebe auch Momente, die den Pastor rühren.

"Was mich wirklich beeindruckt, ist dieses Lichtermeer an der Kirche. Es geht nie aus und wird auch jetzt noch größer", berichtet der Familienvater.

Aus ganz Deutschland treffen Briefe ein, Anrufer aus Thüringen baten den Pastor darum, eine Kerze in ihrem Namen zu entzünden.

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Es sei ein schöner Hoffnungsort entstanden, "wo Menschen mit ihren Kindern hinkommen, und dann legen die Kinder Spielzeug ab", so Schulz.

Die trauernden Kinder bringen den Geistlichen aber auch an seine Grenzen, wenn sie nach dem "Warum" fragen. "Das ist sehr schwierig auszuhalten", so Schulz.

Er ist selbst Vater und erstaunlicherweise empfindet er keine Angst. Auch bei seinen Schäfchen sitze die Trauer viel tiefer als die Furcht. In ruhiger und lauter Form.

Mit all ihren Gefühlen sollen die Menschen zum Trauergottesdienst kommen. Dann wird wieder ein Zeichen der Solidarität gesetzt und die Spekulationen legen zumindest für die Dauer des gemeinsamen Innehaltens eine Pause ein.

Titelfoto: Bildmontage: Bernd Wüstneck/dpa

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