Dreimal schwänzen - Geld gestrichen! Schwarz-rot krempelt Bürgergeld um

Von Jörg Ratzsch, Sascha Meyer, Basil Wegener, Martina Herzog, Marco Hadem, Christoph Trost

Berlin - Die Koalition hat sich nach Angaben von Bundeskanzler Friedrich Merz (69, CDU) in drei Themenbereichen auf gemeinsame Positionen verständigt. Es handele sich um die Verkehrsinfrastruktur, die Themen Rente und Aktivrente und die neue Grundsicherung, sagte der CDU-Vorsitzende bei einer Pressekonferenz in Berlin. Letztere soll das bisherige Bürgergeld ablösen!

Markus Söder (58, CSU, v.l.n.r.), Ministerpräsident von Bayern, Kanzler Friedrich Merz (69, CDU), Bärbel Bas (57, SPD), Bundesministerin für Arbeit und Soziales, und Finanzminister Lars Klingbeil (47) sind sich nach langen Verhandlungen einig geworden.
Markus Söder (58, CSU, v.l.n.r.), Ministerpräsident von Bayern, Kanzler Friedrich Merz (69, CDU), Bärbel Bas (57, SPD), Bundesministerin für Arbeit und Soziales, und Finanzminister Lars Klingbeil (47) sind sich nach langen Verhandlungen einig geworden.  © Kay Nietfeld/dpa

"Wir werden die Mitwirkungspflichten deutlich verstärken, wir werden auch die Sanktionsmöglichkeiten deutlich erhöhen", so Merz.

Die rund 5,5 Millionen Bürgergeld-Beziehenden müssen sich bei einer Umsetzung der Pläne daher auf strengere Auflagen einstellen. Dem Durchbruch im Koalitionsausschuss waren intensive Gespräche von Merz und Arbeitsministerin Bärbel Bas (57, SPD) vorausgegangen.

Mit den Änderungen sollen Teile der Anfang 2023 in Kraft getretenen Bürgergeld-Reform rückabgewickelt werden, die Leistung soll künftig einfach nur noch Grundsicherung für Arbeitssuchende heißen. Im Zentrum stehen Verschärfungen, die die Pflichten der Bezieherinnen und Beziehern von Leistungen stärker hervorheben.

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Fördern und Fordern sollen besser in Balance gebracht, Missbrauch soll stärker unter Kontrolle gebracht werden.

Was soll neu sein beim Thema Bürgergeld?

Beim Thema Bürgergeld soll es allerlei Änderungen geben. (Symbolfoto)
Beim Thema Bürgergeld soll es allerlei Änderungen geben. (Symbolfoto)  © Carsten Koall/dpa

Konkret soll mit härteren Sanktionen belegt werden, wer gegen die Regeln der Jobcenter verstößt und etwa einen Termin nicht wahrnimmt oder eine Arbeitsaufnahme verweigert. Wer als Empfänger von Grundsicherung einen Termin im Jobcenter schwänzt, dem soll die monatliche Überweisung sofort um 30 Prozent gekürzt werden.

Erscheint er beim zweiten Termin wieder nicht, soll sie noch einmal um 30 Prozent gekürzt werden. Bleibt auch ein dritter Termin ungenutzt, sollen die Geldleistungen komplett eingestellt werden.

Alle Leistungen inklusive der Unterstützung zur Unterkunft sollen gestrichen werden, wer auch im Monat darauf nicht erscheint. "Wer nicht mitmacht, wird es schwer haben", sagte Bas. "Wir verschärfen die Sanktionen bis an die Grenze dessen, was verfassungsrechtlich zulässig ist." Härtefälle werden berücksichtigt.

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Auch das Vermögen der Betroffenen soll weniger geschont werden. Karenzzeiten sollen wegfallen. Das Schonvermögen soll stattdessen an die Lebensleistung geknüpft werden.

Wie das Bürgergeld in die Kritik kam

Bundeskanzler Friedrich Merz verkündete härtere Regeln für Empfänger von Sozialleistungen.
Bundeskanzler Friedrich Merz verkündete härtere Regeln für Empfänger von Sozialleistungen.  © Kay Nietfeld/dpa

18 Jahre nach dem Start des damals umgangssprachlich Hartz IV genannten Systems hatte das Bürgergeld die Regeln für Langzeitarbeitslose und Bedürftige vor zwei Jahren teils entschärft. Arbeitslose sollten weniger gegängelt, ihnen sollte mehr geholfen werden. Die Bürgergeldreform galt als wichtigste Sozialreform der Ampel-Koalition.

Doch noch während der Regierungszeit der Ampel geriet das Bürgergeld immer mehr in die Kritik. Hauptkritikpunkte: Es gehe dabei nicht immer gerecht zu, Mehrarbeit würde sich oft nicht lohnen, Regelverstöße würden zu lasch behandelt.

"Wer arbeitet, muss erkennbar mehr bekommen als jemand, der nicht arbeitet", hatte etwa CSU-Chef Markus Söder (58) im Einklang mit vielen Unionspolitikern gefordert. Im Koalitionsvertrag einigten sich Union und SPD dann auf Reformansätze, die Rechte und Pflichten verbindlich regeln sollen.

Das Bürgergeld soll das verfassungsrechtliche gesicherte Existenzminimum auch beispielsweise bei Langzeitarbeitslosen gewähren. Alleinstehende erhalten 563 Euro im Monat. Kinder erhalten je nach Alter 357 bis 471 Euro. Im kommenden Jahr soll es die zweite Nullrunde in Folge geben, nachdem die Regelsätze 2023 und 2024 inflationsbedingt deutlich erhöht worden waren.

Erstmeldung vom 9. Oktober 2025, 9.39 Uhr; letzte Aktualisierung 9.58 Uhr.

Titelfoto: Fotomontage: Kay Nietfeld/dpa//Carsten Koall/dpa

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