Linda Zervakis äußert sich zu Wirbel um umstrittene Aufträge

Hamburg - Der Wirbel um das Kanzler-Interview von Ex-Tagesschausprecherin Linda Zervakis (47) auf der Digitalmesse "re:publica" im vergangenen Jahr weitet sich aus. Jetzt wurde bekannt, dass die Journalistin aus Hamburg im Anschluss einen weit lukrativeren Auftrag durch das Bundeskanzleramt erhalten hat. Es geht um insgesamt mehr als 12.000 Euro.

Soll insgesamt mehr als 12.000 Euro im Jahr 2022 für Tätigkeiten für die Bundesregierung vom Bundeskanzleramt erhalten haben: Journalistin Linda Zervakis (47).
Soll insgesamt mehr als 12.000 Euro im Jahr 2022 für Tätigkeiten für die Bundesregierung vom Bundeskanzleramt erhalten haben: Journalistin Linda Zervakis (47).  © Rolf Vennebernd/dpa

Wie t-online jetzt berichtet, soll Zervakis im vergangenen Jahr insgesamt mehr als 12.000 Euro vom Bundeskanzleramt erhalten haben.

Darunter sollen auch rund 11.000 Euro für die Moderation der Veranstaltung "Deutschland. Einwanderungsland - Der Dialog für Teilhabe und Respekt!" Ende November vergangenen Jahres sein.

Während ihrer Zeit als Sprecherin der "Tagesschau" (2013-2021) soll Zervakis zudem regelmäßig bezahlte Aufträge aus dem Bundeskanzleramt erhalten haben, unter anderem die Moderationstätigkeit des Integrationspreises. Das geht aus einer Antwort aus einer Kleinen Anfrage der AfD-Fraktion an die Bundesregierung hervor.

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Die neuen Zahlen befeuern den Wirbel um das Interview, das die heutige ProSieben-Moderatorin und -Nachrichtensprecherin Linda Zervakis mit Kanzler Olaf Scholz (64, SPD) während der Digitalkonferenz "re:publica" im vergangenen Jahr geführt hat.

re:publica: Olaf Scholz suchte sich Linda Zervakis als Moderatorin selbst aus

"Wir versuchen hier ja auch gute Stimmung zu verbreiten" hatte Linda Zervakis (47, l.) auf der re:publica während des Interviews mit Bundeskanzler Olaf Scholz (64, SPD) gesagt.
"Wir versuchen hier ja auch gute Stimmung zu verbreiten" hatte Linda Zervakis (47, l.) auf der re:publica während des Interviews mit Bundeskanzler Olaf Scholz (64, SPD) gesagt.  © Annette Riedl/dpa

Mit der Zusage des Bundeskanzlers war den Macherinnen und Machern der "re:publica" 2022 ein echter Coup gelungen: erstmals trat auf der größten digitalen Fachkonferenz ihrer Art in Europa ein Bundeskanzler auf. Vorgängerin Angela Merkel (68, CDU) ist der Veranstaltung trotz mehrfacher Einladung stets ferngeblieben.

Scholz sprach über "Digitalpolitik in der Zeitenwende", nahm im Anschluss zum Gespräch mit Zervakis Platz. Die Nachrichtensprecherin und Moderatorin arbeitet heute bei ProSieben, gilt als eine der bekanntesten Journalistinnen in Deutschland überhaupt.

Bereits damals wurde der Auftritt des Kanzlers kritisch kommentiert, etwa von Max Biederbeck-Ketterer, der in der WirtschaftsWoche befand, dass der Auftritt Scholz' zuweilen fast schon in Realsatire abgeglitten sei, ob dessen inhaltsleerer Sätze. Im Redaktionsnetzwerk Deutschland hieß es zu dem Auftritt, dass Scholz von Zervakis im anschließenden Gespräch "eher geschont" wurde. Kritische Fragen waren weitestgehend ausgeblieben. Genau die, sind sich Beobachter einig, hätte Zervakis jedoch stellen müssen.

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Der Grund für die Zurückhaltung der Moderatorin könnte sein, dass sich der Kanzler Zervakis selbst ausgesucht hat, wie die taz bereits im Januar aufgedeckt hat.

Zahlungen im Zusammenhang mit dem re:publica-Auftritt sollen Aufwandsentschädigungen gewesen sein

Von rund 1100 Euro im Zusammenhang mit dem "re:publica" Auftritt war zuerst die Rede, das Management von Zervakis wollte diese Zahlung allerdings als Aufwandsentschädigung, nicht als Honorar verstanden wissen.

Ob der anschließende wesentlich höher dotierte Moderationsauftrag für Zervakis bereits im Rahmen der Anfrage des re:publica-Auftritts im Gespräch gewesen ist oder sogar Teil der Vereinbarung war, ist zurzeit nicht bekannt.

Zervakis' Vorgehen wirft Fragen nach ihrer journalistischen Unabhängigkeit auf

Linda Zervakis' (47) journalistische Glaubwürdigkeit ist angekratzt. (Archivbild)
Linda Zervakis' (47) journalistische Glaubwürdigkeit ist angekratzt. (Archivbild)  © Felix Hörhager/dpa

Die Abwesenheit von journalistischer Unbequemlichkeit gegenüber dem Bundeskanzler wirft vor allem die Frage nach der journalistischen Unabhängigkeit Zervakis' auf. Warum hat sich der Bundeskanzler explizit die Hamburgerin als Interviewerin gewünscht? Waren an die Auftragsvergabe Bedingungen geknüpft, ausgesprochene oder unausgesprochene?

Hat Zervakis bewusst oder unbewusst den Regierungschef geschont und dadurch eventuell davor geschützt durch Antworten auf allzu knifflige Fragen in die Bredouille zu geraten? Hat die Moderatorin dem Kanzler nach dem Mund geredet? Wollte sich es die Journalistin mit dem Bundeskanzleramt als Auftraggeber nicht verscherzen und so die Vergabe weiterer Aufträge an die eigene Person nicht gefährden?

Pauschal verboten sind bezahlte Nebentätigkeiten für Journalisten nicht. Auch solche nicht, bei denen es um Interviews von Regierungsmitgliedern oder Moderationen von Veranstaltungen der Bundesregierung oder nachgeordneter Ministerien und Behörden geht.

Linda Zervakis äußert sich erstmals zu Vorwürfen

Gegenüber der Deutschen Presseagentur (DPA) wies Zervakis die aktuellen Vorwürfe am Mittwoch zurück. "Als selbstständige Moderatorin war und bin ich nicht nur für deutsche TV-Sender tätig", so Zervakis. "Regelmäßig übernehme ich auch Moderationen für Veranstaltungen. Hierzu zählten in der Vergangenheit auch Bundesbehörden und -ministerien", sagte die 47-Jährige.

"Ich habe mich zu keiner Zeit von irgendeiner Seite vereinnahmen lassen und werde diesen Weg auch fortsetzen."

Erstmeldung von 13.13 Uhr, aktualisiert um 15.40 Uhr.

Titelfoto: Felix Hörhager/dpa

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