Angebliches Aiwanger-Flugblatt: "1. Preis - Ein Freiflug durch den Schornstein in Auschwitz"

München/Mallersdorf-Pfaffenberg - Laut eines Berichts der "Süddeutschen Zeitung" (SZ) haben mehrerer Quellen bestätigt, dass Bayerns Vizeministerpräsident Hubert Aiwanger (52) ein zutiefst antisemitisches Flugblatt verfasst habe.

Weist die Vorwürfe zurück und spricht von einer "Schmutzkampagne": Bayerns Vizeministerpräsident Hubert Aiwanger (52).
Weist die Vorwürfe zurück und spricht von einer "Schmutzkampagne": Bayerns Vizeministerpräsident Hubert Aiwanger (52).  © Peter Kneffel / POOL / AFP

In dem des angeblich durch den bayerischen Wirtschaftsminister verfassten Dokuments wird ein "Bundeswettbewerb" ausgerufen, wer der größte "Vaterlandsverräter" sei.

Das rechtsextremistische Blatt sei im Schuljahr 1987/88 durch den Elftklässler Aiwanger des Burkhart-Gymnasiums in Mallersdorf-Pfaffenberg ausgelegt worden.

Er selbst bezeichnet die Anschuldigungen als "Schmutzkampagne". Laut der SZ-Quellen habe damals der Disziplinarausschuss der Schule den 17 Jahre alten Hubert Aiwanger bestraft. Er musste ein Referat über das Dritte Reich halten. Ob dies auch geschah, sei nicht mehr eindeutig zu klären.

Kretschmer erkennt neue Qualität von Gewalt: "Es ist wirklich fünf vor zwölf"
Michael Kretschmer Kretschmer erkennt neue Qualität von Gewalt: "Es ist wirklich fünf vor zwölf"

Ein ehemaliges Mitglied des Ausschusses habe gegenüber der SZ mitgeteilt, dass man bei Aiwanger mehrere Kopien des Pamphlets in dessen Schultasche gefunden hatte. Über einen Sprecher distanzierte sich der Politiker von dieser Hetzschrift. Er habe diese eindeutige Holocaust-Anspielung "nicht produziert" und vermute eine Schmutzkampagne gegen ihn.

In dem fiktiven Wettbewerb wurden 1000 Preise für die "Vaterlandsverräter" ausgelobt. Als erster Preis winke ein "Freiflug durch den Schornstein in Auschwitz". Weitere Preise wären unter anderem ein "lebenslänglicher Aufenthalt im Massengrab" oder eine "kostenlose Kopfamputation durch Fallbeil".

In den sozialen Medien wurde Aiwanger - dessen Mitwirken an diesem Flugblatt nicht bewiesen ist - bereits scharf kritisiert. Mehrere User fordern auf der Plattform X (ehemals "Twitter") den Rücktritt des Freie-Wähler-Chefs.

Söder kritisiert Hetzschrift als "menschenverachtend, geradezu eklig"

Schlechte Nachrichten über seinen Vize: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (56, r., neben Augsburgs Oberbürgermeisterin Eva Weber) fordert Aufklärung.
Schlechte Nachrichten über seinen Vize: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (56, r., neben Augsburgs Oberbürgermeisterin Eva Weber) fordert Aufklärung.  © Christoph Trost/dpa

Aus Sorge vor potenziellen "dienstrechtlichen und gesellschaftlichen" Folgen wollte keine der Quellen namentlich genannt werden. Ein ehemaliges Mitglied des Disziplinarausschusses soll mitgeteilt haben, dass sich die Urheberschaft Aiwangers damals bestätigt habe.

Darüber hinaus hätten mehrere weitere Zeugen gesagt, dass Aiwanger für seine rechtsextreme Gesinnung bekannt gewesen wäre. Er habe Hitler-Reden einstudiert und soll laut (angeblich) eigenen Aussagen Hitlers "Mein Kampf" gelesen haben.

Trotz der in dem SZ-Beitrag zitierten höheren Anzahl von Zeugen, die allesamt den Minister in ein vergleichbares Licht zu rücken scheinen, sind die Vorwürfe bisher nicht offiziell bestätigt. Allerdings hat er selbst - entgegen seiner Art - bisher noch keine persönliche Reaktion gezeigt.

Trotz schwierigem Verhältnis: NRW-Chef Wüst will Kanzlerkandidat Merz unterstützen
Hendrik Wüst Trotz schwierigem Verhältnis: NRW-Chef Wüst will Kanzlerkandidat Merz unterstützen

Im Rahmen einer Veranstaltung in Augsburg meldete sich auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (56, CSU) zu dem Vorwürfen gegen seinen Vertreter zu Wort: "Diese Vorwürfe müssen jetzt einfach geklärt werden. Und zwar vollständig", so Söder. "Dieses Flugblatt ist menschenverachtend, geradezu eklig."

Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur ließ Aiwanger über einen Sprecher mitteilen, dass weder Aiwanger noch die Freien Wähler "diesen Vorgang" vorerst nicht kommentieren würden.

Titelfoto: Peter Kneffel / POOL / AFP

Mehr zum Thema Hubert Aiwanger: