Hund alleine lassen: Was tun, wenn der Hund Trennungsangst hat?

Fast alle Hundeeltern kommen früher oder später in die Situation, ihren Hund alleine lassen zu müssen. Doch einige Vierbeiner leiden besonders unter Trennungsangst und reagieren beispielsweise mit Aggression gegen Möbelstücke.

Alleinsein kann großen Stress bei Hunden auslösen.
Alleinsein kann großen Stress bei Hunden auslösen.  © 123RF/thaka1

Ein Blick, der einem das Herz bricht, winseln oder pure Zerstörungswut: Manche Hunde reagieren extrem gestresst aufs Alleinsein.

Wie sich die Emotionen ihre Bahnen brechen ist unterschiedlich. Massive Verhaltensprobleme können die Folge sein.

Aus Angst zurückgelassen zu werden bellen sie exzessiv oder lassen ihren Frust an Möbeln & Co. aus. In jedem Fall leidet das Tier. Denn: Hunde sind Rudeltiere!

Darum brauchen Hunde einen Rückzugsort - Was Hundebesitzer wissen sollten
Hunderatgeber Darum brauchen Hunde einen Rückzugsort - Was Hundebesitzer wissen sollten

Das bedeutet nicht, dass eine ganze Meute Hunde ständig um sie herumtollen muss, wie oft fälschlicherweise angenommen wird, aber dennoch, dass Hunde nicht zu lange von ihren vertrauten Artgenossen oder Bezugspersonen getrennt sein sollten.

Der Hunderatgeber zeigt Dir, welche Anzeichen typisch für Trennungsangst beim Hund sind, wie lange man seinen Hund alleine lassen kann und welche Tipps helfen, damit das Ganze für Deinen Vierbeiner stressfreier wird.

Wie lange kann man einen Hund alleine lassen?

In vielen Fällen entsteht das Problem durch die Arbeit, denn die meisten Menschen haben nicht die Möglichkeit, ihr Tier mit zur Arbeitsstelle zu nehmen.

Kann ich meinen Hund acht Stunden alleine lassen?

Erwachsene Hunde kann man mehrere Stunden alleine lassen, sofern man das Alleinsein mit ihnen geübt hat (Tipps dazu weiter unten). Einige Hunde kann man sogar acht Stunden alleine lassen – optimal ist das aber nicht.

Hundefreunde, die ihren Hund täglich acht Stunden alleine lassen, sollten unbedingt ihren Alltag überdenken, und schauen, ob sich das nicht irgendwie ändern lässt (Vielleicht darf der Hund mit ins Büro? Vielleicht kann man eine ausgedehnte Mittagspause mit dem Tier verbringen?). Wer überlegt, sich einen Hund anzuschaffen, aber nur wenig Zeit für das Tier hat, sollte sich besser für ein anderes Haustier entscheiden.

Hunde brauchen ihr "Rudel", um glücklich zu sein.

Wichtig ist: Jeder Hund ist anders, der eine kommt gut mit dem Alleinsein klar und verschläft die Zeit einfach, andere werden panisch. Man sollte also immer auf die individuellen Bedürfnisse des einzelnen Hundes achten, wenn man entscheidet, wie lange man ihn alleine lässt.

Ab wann kann man seinen Hund alleine lassen?

Zu Beginn ihres Lebens sind Welpen nie allein. Sie sind umzingelt von ihren Geschwistern und der Mutter. Das ist auch gut so, denn in den ersten Wochen sollten Welpen gar nicht allein sein. Ab etwa drei oder vier Monaten kann man das Alleinsein mit den jungen Welpen üben. Das Training im Welpenalter ist wichtig, doch die Zeitspanne sollte zu Beginn sehr kurz sein und nur sehr langsam gesteigert werden.

Ein Welpe sollte auf keinen Fall stundenlang allein sein – anfangs nur ein bis zwei Minuten, dann irgendwann mal fünf, wenn der Hund entspannt bleibt, auch mal eine Viertelstunde.

Hund kann nicht alleine bleiben: Symptome für Trennungsangst

Zerstörte Möbel oder panisches Winseln? Hunde müssen das Alleinbleiben erst lernen.
Zerstörte Möbel oder panisches Winseln? Hunde müssen das Alleinbleiben erst lernen.  © 123RF/tonobalaguer

Trennungs- bzw. Verlustangst bei Hunden äußert sich unterschiedlich:

  • Winseln, Jaulen, Heulen
  • Bellen
  • Unruhe
  • Zerstörungswut
  • ungewöhnliches Urinieren und Koten im Haus/in der Wohnung

Es gibt noch weitere Symptome für Trennungsangst beim Hund, die viele Menschen unterschätzen: Schwanzwedeln und Hochspringen bei der Begrüßung.

TAG24 berichtete bereits darüber, dass Schwanzwedeln oft missverstanden, nämlich überwiegend positiv gewertet wird. Es kann aber auch ein Hinweis darauf sein, dass der Hund gestresst ist. Wirkt die überschwängliche Begrüßung auf viele wie ein Moment der größten Freude, steckt dahinter manchmal großer Frust und das Unverständnis darüber, alleine gelassen worden zu sein. Natürlich freut der Hund sich auch, dass das "Leittier" wieder da ist, aber zuvor hat er nun mal gelitten.

Daher ist es durchaus problematisch, wenn Menschen diesen Moment in voller Gänze genießen oder sich sogar damit brüsten, was für ein treues Tier sie an ihrer Seite haben, ohne zu realisieren, dass man dem Vierbeiner womöglich seelischem Stress ausgesetzt hat.

Weitere Infos dazu unter:

>>>Schwanzwedeln beim Hund: Was es wirklich bedeutet

Tipps gegen Trennungsangst beim Hund

Früh übt sich, wer eine entspannte Hundebeziehung haben möchte: Die Münchner Hundeexpertin Stephanie Salostowitz empfiehlt, schon im Welpenalter damit zu beginnen, das Alleinsein zu trainieren.

Wenn Du einen erwachsenen Hund übernommen hast, hast Du natürlich keinen Einfluss auf die Früherziehung.

Aber auch wenn es bei einem bereits ausgewachsenen Hund etwas schwieriger ist, den Hund von der Trennungsangst zu befreien, so gelingt es in der Regel doch sehr gut, den Hund ans Alleinsein zu gewöhnen, wenn man behutsam und konsequent mit dem Tier übt.

Hilfreich kann es auch sein, eine Webcam oder ähnliches zu installieren, um die Situation zu Hause zu beobachten. So kann man einschätzen, in welchem Rahmen der Hund panisch wird und noch besser auf seine individuellen Bedürfnisse eingehen, erklärt Frau Dr. Tina Hölscher, Tierärztin von "aktion tier e. V.". "In schwerwiegenden Fällen können temporär begleitend zur Übungsphase auch angstlösende Psychopharmaka zum Einsatz kommen, das sollte aber keinesfalls ein Dauerzustand sein", betont sie.

In jedem Fall sollte man das Alleinsein mit seinem Hund trainieren. Die folgenden Tipps helfen Dir dabei, die Trennungsangst bei Deinem Hund abzutrainieren bzw. dafür zu sorgen, dass sie gar nicht erst entsteht:

Hund alleine lassen üben – 5 einfache Tipps

Tipp 1: Die Zeitspanne schrittweise erhöhen

Zu Beginn wird der Hund in positiver Umgebung nur ein paar Sekunden allein gelassen. Die Zeit, in der der Hund alleine gelassen wird, wird dann immer weiter vergrößert, sodass er sich langsam daran gewöhnen kann. So kannst Du vorgehen:

  • Schritt 1: Gehe einfach aus dem Zimmer – allerdings nur, wenn der Hund sich gerade in einer stressfreien Situation befindet und er sich wohlfühlt (Ort, Stimmung, etc.).
  • Schritt 2: Wenn der Hund unruhig wird, aufspringt und sofort hinter Dir herläuft, schicke ihn auf seinen Platz zurück. So versteht er, dass er gerade nicht gebraucht wird. Bleibe mit der Stimme immer ruhig, aber klar und bestimmt.
  • Schritt 3: Wenn Du aus dem Zimmer bist, komm zu Beginn Deiner Übungen auch gleich wieder zurück, Du musst die Lage nicht schon am Anfang völlig ausreizen. Der Hund soll lernen, dass Du immer wieder zurückkommst und es keinen Grund zur Sorge gibt.
  • Schritt 4: Übe nun mit dem Hund, die Zeitspanne immer weiter zu vergrößern. Steigere Dich in kleinen Schritten: Wenn Du merkst, dass Dein Hund entspannt bleibt, kannst Du die Zeitspanne der Abwesenheit vergrößern.

Tipp 2: Die Trennung zur Nebensache machen

Es ist wichtig, aus dem Kommen und Gehen keine große Sache zu machen. Die beste Übungssituation: Der Hund hat gespielt, gegessen, getrunken und ist jetzt müde. Dann kann man das Training beginnen, indem man kurz den Raum verlässt und nach wenigen Minuten zurückkommt (siehe Tipp 1). Das wieder da Sein sollte dann nicht im Fokus liegen. Also gehe, wenn Du wieder in den Raum trittst, nicht gleich auf ihn zu. Sprich den Hund nicht an und schon gar nicht mit hoher Stimme ("Ja, fein, schau mal, wer zurück ist!"), sondern verhalte Dich, als wäre nichts geschehen.

Wenn der Hund beim Zurückkommen überschwänglich begrüßt wird, richtet sich seine ganze Aufmerksamkeit nur noch darauf und er wird die Aufregung und Anspannung beim nächsten Malkaum aushalten können.

Tipp 3: Nicht in seinem Verhalten bestärken

Natürlich kann es auch sein, dass Dein Hund auf Dich zukommt und winselt. Schicke ihn auch dann wieder auf seine Decke zurück, auch wenn er Dich mit traurigen Augen anschaut. Oft ist das Gejammer kein Zeichen von Trennungsangst, sondern Protest. Vor allem Hunde, die einem den ganzen Tag auf Schritt und Tritt hinterherlaufen (dürfen), haben Schwierigkeiten zu verstehen, dass man sie nicht ständig braucht.

Gehe vor allem nicht auf "Geheul" des Hundes ein: Wenn Du ihn dabei bedauerst, denkt er, Du würdest "mitheulen" und wird in seinem Verhalten bestärkt.

Hundeexpertin Stephanie hält nichts davon, beim Training Kekse zu verwenden: So wird die Erwartungshaltung des Hundes nur geschürt. Weil er Deine Rückkehr (und den Keks) nicht abwarten kann, wird er sich beschweren.

Tipp 4: Den Hund nicht überfordern oder bestrafen

Bedenke immer, wenn Du das Hund alleine Lassen üben möchtest, dass die Trainingsdauer von Hund zu Hund unterschiedlich sein kann. Gib Deinem Tier die Zeit, die es braucht und vergrößere das Zeitintervall nicht zu rasch.

"Darüber hinaus sollte der Hund die Wohnung immer als Ort der Sicherheit und Geborgenheit erfahren", erklärt Tierärztin Dr. Hölscher. Strafen sind bei Trennungsangst völlig kontraproduktiv, weiß die Expertin, denn sie schüren die Unsicherheit des Hundes.

Tipp 5: Den Hund beschäftigen

Es ist zwar nur ein kleines Trostpflaster, doch Spielzeug kann dabei helfen, dass der Hund die Zeit alleine besser übersteht, einfach, weil er beschäftigt und abgelenkt ist. Insbesondere Kauspielzeug soll dabei helfen, Stress abzubauen.

Wenn Du die Möglichkeit hast, solltest Du Dir einen Zweithund anschaffen, damit Dein Hund nicht mehr alleine ist. Bedenke aber, dass Du als Alphatier trotzdem fehlst, Du solltest also, auch wenn Du zwei Hunde hast, nicht ewig wegbleiben und das Alleinsein mit beiden Hunden üben.

Einige der Punkte werden in diesem Video von Stephanie Salostowitz anschaulich erklärt:

Hund mit Trennungsangst: Ein Gesundheits-Check gibt Sicherheit

Körperliche Gesundheit ist die Voraussetzung, psychische Herausforderungen wie Einsamkeit auszuhalten. Schon eine leichte Ohrenentzündung kann das Tier zusätzlich belasten und den Stress des Alleinseins vergrößern.

Daher ist es auch wichtig, gesundheitliche Beeinträchtigungen auszuschließen und den Vierbeiner in einer Tierarztpraxis regelmäßig untersuchen zu lassen.

Fazit: Die meisten Hunde kann man alleine lassen – man muss es aber üben

Du musst Deinen Hund darauf vorbereiten und ihm schon früh klarmachen, dass es okay ist, auch mal nicht an Deiner Seite zu sein. Dann kann der Hund es später viel einfacher ertragen, eine gewisse Zeit alleine zu sein. Achte auf die Grenzen Deines Hundes und überfordere ihn nicht.

Arbeite schrittweise und mit viel Geduld, dann wird das Alleinsein für Deinen Hund und Dich auch kein Problem mehr sein oder gar nicht erst werden.

Titelfoto: 123RF / Thaka1

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