Bundesliga-Trainer verzweifeln am VAR: So kann es nicht weitergehen

Deutschland - Ein weiteres Wochenende in den deutschen Bundesligen bringt weitere Diskussionen über den Videoassistenten. Steffen Baumgart (53) fragt sich, ob jemand Lack gesoffen hat, Lukas Kwasniok (44) "hasst" das System nach drei Elfmeterpfiffen und Torsten Lieberknecht (52) kommt sich vor wie an der Playstation. So, wie es ist, kann es nicht bleiben. Das Ende der VAR-Fahnenstange darf noch nicht erreicht sein, meint TAG24-Sportredakteur Florian Mentele (32).

Am Samstag sorgte der VAR beim Rheinderby in Mönchengladbach - mal wieder - für Zoff.  © David Inderlied/dpa

Das Hauptargument gegen jegliche Kritik am Videokeller vorneweg: Ja, der VAR macht den Fußball seit seiner Einführung 2017 objektiv fairer, das zeigen mehrere Studien zur Thematik. Aber zu welchem Preis?

Als André Schürrle (35) am 13. Juli 2014 einen Pass auf Mario Götze (33) spielte, ein "Mach ihn! Er macht ihn!" aus den Lautsprechern tönte und die Fahne unten blieb, stand ich gerade auf einem Musik-Festival, das zwischenzeitlich zum Public-Viewing-Event umfunktioniert wurde.

Es war ein Moment der kollektiven Ekstase, wie ihn kaum etwas anderes als der Fußball entfachen kann. Ein Moment, für den man sich als Kind dem runden Leder verschrieben hat. Und ein Moment, der heute wohl gedämpfter vonstattengehen würde. Stand Götze doch einen Millimeter im Abseits? Gab es zuvor eine Situation, die man auch als Foul auslegen könnte?

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Zugegeben, aus Wettkampfsicht ist die Gefühlslage der Fans ein schwaches Argument - gerade wenn es um Milliardenbeträge und Existenzen geht. Es nagt aber seit acht Jahren wie Karies am Glückseligkeits-Zahn zahlreicher Fußball-Connaisseure auf den Rängen und vorm TV, die endlich wieder den Rausch vergangener Tage erleben wollen.

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Der VAR verlagert die Fehler-Diskussion

Auch im Video-Keller passieren Fehler, das ist klar. Doch ist dem Sport mit dem aktuellen System wirklich geholfen?  © Federico Gambarini/dpa

Das wäre vielleicht noch zu ertragen, wenn das aktuelle System perfekt wäre. Ein Versprechen, das die VAR-Macher zwar nie gegeben haben, aber auch nicht einhalten konnten. Noch immer passieren trotz Video-Unterstützung Fehler, das belegen Studien ebenfalls.

Inzwischen aber auf einem anderen Level. Beim Abseits - ursprünglich eingeführt, damit Stürmer nicht wie in der F-Jugend bloß vorn rumstehen - wird bis auf den Millimeter durchanimiert. Die aktuelle Handspielregel lässt mehr Interpretationsspielraum als ein Rilke-Gedicht und in der Super-Slow-Mo sieht ohnehin alles nach Absicht, jeder Kontakt nach Foul aus. Wenn denn überhaupt draufgeschaut wird.

Und in dem Wissen, dass es ja eigentlich eine Instanz gibt, die unvermeidbare Missgeschicke des Menschen an der Pfeife ausmerzen soll, tun diese Fehler gefühlt noch einmal mehr weh.

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Schnell verzeihende Seelen waren Fußballfans nie, das wäre eine Verklärung der Vergangenheit, bei der unzählige Schiedsrichter zu Recht aufschreien würden. Doch die mussten sich damals wenigstens nicht rechtfertigen, wie man dies oder das - trotz - VAR nicht erkennen konnte.

Die Diskussionen um Entscheidungen waren keine Wissenschaft für sich selbst, hatten einen klaren Deckel. Dass Irren menschlich ist, musste selbst der wütendste Anhänger irgendwann einsehen.

Wie lässt sich das VAR-System verbessern?

TAG24-Sportredakteur Florian Mentele (32) meint, dass das aktuelle VAR-System nicht so bleiben darf, wie es im Moment ist.  © Eric Münch

Doch wie sieht die Lösung aus? Gänzlich wird der Videoassistent wohl nie mehr aus dem Profifußball verschwinden, damit müssen sich die Liebhaber des Sports anfreunden. In der 3. Liga, wo es noch keinen VAR gibt, wird ob zahlreicher grober Patzer gar regelmäßig nach Hilfe geschrien.

Die Ex-Referees Markus Merk (63) und Urs Meier (66) drängten zuletzt vermehrt darauf, wieder mehr Entscheidungsgewalt beim Hauptschiri zu lassen und die dafür noch besser und professioneller auszubilden.

Arsène Wenger (76) plädierte für eine neue Abseitsregel, die die Linie aber eigentlich nur verschiebt und lediglich für Besserung sorgen dürfte, wenn man den Spielern nichts davon erzählt.

Auch ein Challenge-System wie im Football, in dem die Klubs einzelne Entscheidungen überprüfen lassen können, hat viele Fürsprecher. Nur beim Handspiel sind sich wohl alle einig, dass der aktuellen Handhabung weniger Leute zustimmen als bei Anträgen auf der Mitgliederversammlung von RB Leipzig.

Kurzum: Ich kenne das perfekte System nicht. Aber so, wie es jetzt ist, darf es nicht bleiben.

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