Podcaster nennt Tennisball-Proteste im Fußball trotz Erfolgs "absurd"

Koblenz - Mit Tennisbällen und anderen zivilen Mitteln störten protestierende Fans zuletzt immer wieder den Profi-Fußball in Deutschland - und sie hatten Erfolg. Der geplante Einstieg eines Investors in die Deutsche Fußballliga wurde abgebrochen. Ein bekannter Podcaster übt dennoch Kritik an den Fan-Protesten.

Fußballfans störten mit Tennisbällen das Bundesliga-Spiel SV Darmstadt 98 vs. VfB Stuttgart am 17. Februar - der Protest richtete sich gegen den geplanten Einstieg eines internationalen Investors in die Deutsche Fußballliga.
Fußballfans störten mit Tennisbällen das Bundesliga-Spiel SV Darmstadt 98 vs. VfB Stuttgart am 17. Februar - der Protest richtete sich gegen den geplanten Einstieg eines internationalen Investors in die Deutsche Fußballliga.  © Uwe Anspach/dpa

Der Film- und Ideologie-Kritiker Wolfgang M. Schmitt (37) aus Koblenz befasst sich zusammen mit dem Journalisten und Fußball-Fan Ole Nymoen (25) in der jüngsten Ausgabe des eigentlich auf Wirtschaftsfragen spezialisierten Podcasts "Wohlstand für Alle" mit den aufsehenerregenden Protest-Aktionen der Fußballfans.

Dabei ist der Blick der beiden Podcaster auch hier auf ökonomische Aspekte gerichtet.

Die Fans hätten mit ihrem erfolgreichen Protest die "internationale Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Fußballs", die durch den Zufluss von Investoren-Geld in die DFL gestärkt werden sollte, "für nachrangig hinter ihrem liebsten Hobby erklärt", führt Nymoen aus.

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Wolfgang M. Schmitt nimmt diesen Gedanken auf, jedoch sehr viel weiter gefasst: "Immer wieder hört man ja von Politikern, dass die Menschen bitte sehr jede Zumutung ertragen sollen, um die Konkurrenzfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland zu sichern." Etwa, wenn es um Lohnerhöhungen oder Arbeitszeitverkürzungen ginge.

Etwas später kommt der 37-Jährige wieder auf die Fußball-Proteste zu sprechen, die seiner Meinung nach "etwas Absurdes" hätten.

Wolfgang M. Schmitt: Den "Logiken der Kommerzialisierung" Grenzen setzen

Der Journalist Ole Nymoen (25, l.) und der Film- sowie Ideologie-Kritiker Wolfgang M. Schmitt (37) aus Koblenz betreiben zusammen den Wirtschafts-Podcast "Wohlstand für Alle".
Der Journalist Ole Nymoen (25, l.) und der Film- sowie Ideologie-Kritiker Wolfgang M. Schmitt (37) aus Koblenz betreiben zusammen den Wirtschafts-Podcast "Wohlstand für Alle".  © Montage: Screenshot/Youtube/Wohlstand für Alle

"Die meisten Deutschen lassen sich, wie bereits erwähnt, die angebliche Alternativlosigkeit ihrer Verarmung permanent einreden. Sie gehen vierzig Stunden die Woche arbeiten, um andere reicher zu machen, dann fünfzig Prozent ihres Lohnes an Vermieter abzudrücken, alle Zumutungen, die damit einhergehen, der körperliche und der psychische Druck, all das wird als quasi gottgegeben akzeptiert, aber wenn dann der Freizeit-Spaß zu teuer werden droht, dann werden alle zu glühenden Antikapitalisten", erklärt Wolfgang M. Schmitt.

Ole Nymoen wiederum bezeichnet dies als Gradmesser dafür, "wie geschwächt die deutsche Arbeiterbewegung" sei.

"Es wäre ja so viel möglich, wenn sich die Bevölkerung mal ähnlich innovative Methoden für den Arbeitskampf überlegen würde", wie sie etwa die Fußball-Fans gezeigt hätten, setzt der Journalist hinzu.

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Der Grund sei, dass die Leute sich nicht mehr als Arbeiter "mit einem eigenen Interesse" verstehen würden.

"Dementsprechend zwiespältig" sähen sie deshalb die Proteste der Fußball-Fans, sagt Wolfgang M. Schmitt zum Ende der Podcast-Folge hin: "Einerseits zeigen sie, was alles ginge, wen man denn dem Kapital Steine oder Tennisbälle in den Weg legen will."

"Wir können sehen, dass man den Logiken der Kommerzialisierung durchaus Grenzen setzen kann und auch, dass man sich der Alternativlosigkeit des Wettbewerbs entgegenstellen kann. Wenn mehr Arbeiter das beherzigen würden und erkennen würden, dass sie mit dem Verweis auf die internationale Konkurrenzfähigkeit Deutschlands nur dazu gebracht werden sollen, ihr ökonomisches Interesse zurückzustellen, dann wäre schon viel gewonnen", setzt der 37-Jährige hinzu.

Andererseits sei genau das nirgends ersichtlich. Das antikapitalistische Gefühl tobe sich nur in der Fan-Kurve aus, beendet der Podcaster die Folge von "Wohlstand für Alle".

Titelfoto: Uwe Anspach/dpa

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