SC Magdeburg: Giganten auf Erfolgskurs – Der Jahresrückblick 2023

Magdeburg – Die Champions-League gewonnen, mit dem dritten Triumph in Serie bei der Handball-Klub-WM den Hattrick geschafft und ganz nebenbei den Platz an der Sonne in der aktuellen Bundesliga-Saison gepachtet. Für den SC Magdeburg hätte das Handballjahr kaum besser verlaufen können. Es folgt ein Rückblick, der eigentlich nur eine Lobeshymne sein kann. Nicht mehr und nicht weniger.

Dominanz auf der Platte

Wenn es keine Bilder gäbe, würde wohl kaum jemand glauben, dass er tatsächlich auf dem Spielfeld gestanden hat – Gisli Kristjansson (24, v.) im Champions-League-Finale gegen KS Kielce.
Wenn es keine Bilder gäbe, würde wohl kaum jemand glauben, dass er tatsächlich auf dem Spielfeld gestanden hat – Gisli Kristjansson (24, v.) im Champions-League-Finale gegen KS Kielce.  © Marius Becker/dpa

Es wirkt, als würde kein Weg an ihnen vorbeiführen. Tor um Tor, von Sieg zu Sieg. Wer den Männern von Bennet Wiegert (41) gegenübertritt, scheint dabei eher ein zweitrangiges Problem zu sein.

Wann und wo der SCM auf der Platte gefordert wird, ist der Mannschaft offensichtlich ebenfalls gleichgültig. Dass die permanente körperliche Belastung Grün-Rot dabei nur in den seltensten Fällen anzumerken ist, grenzt dagegen fast an ein Wunder.

Kaum überraschend ereignete sich eines der größten sportlichen "Wunder" des Jahres beim SC Magdeburg. Der Held dieses Wunders ist Gisli Kristjansson (24).

Nach Siebenmeterwerfen: SC Magdeburg erreicht Final Four!
SC Magdeburg Nach Siebenmeterwerfen: SC Magdeburg erreicht Final Four!

Der Isländer hatte sich beim Final Four im Halbfinale-Krimi gegen Barcelona die Schulter am Wurfarm ausgekugelt. Normalerweise wäre die Diagnose eindeutig, und ein monatelanger Ausfall das Resultat. Welcher Handballer funktioniert schon ohne Wurfarm?

Kristjansson stand dennoch einen Tag später im Finale gegen KS Kielce auf dem Spielfeld, spielte, als wäre nie etwas passiert, erzielte selbst sechs Tore, ertrug Schmerzen, die kaum vorstellbar sind, und führte seinen SCM als Spielmacher zum Triumph in der Champions League.

Am Ende stand der 24-Jährige mit Tränen in den Augen vor dem Fanblock der Magdeburger, lauschte den "Gisli"-Fangesängen, die nun durch die gesamte Kölnarena hallten, und sprach im Interview von "Emotionen, die er noch nie erlebt hatte und einem der besten Momente seines Lebens". Operiert werden musste Kristjansson trotzdem. Sein Comeback feierte er erst kürzlich unter tosendem Applaus der Zuschauer im DHB-Pokal-Achtelfinale gegen die HSG Wetzlar.

Im November baute der SC Magdeburg die eigene Erfolgsserie auf der internationalen Bühne bei der Klub-WM im saudi-arabischen Dammam aus und holte, wie bereits in den Jahren 2021 und 2022, erneut die Trophäe. Im Endspiel konnten die Füchse Berlin mit 34:32 bezwungen werden.
Im November baute der SC Magdeburg die eigene Erfolgsserie auf der internationalen Bühne bei der Klub-WM im saudi-arabischen Dammam aus und holte, wie bereits in den Jahren 2021 und 2022, erneut die Trophäe. Im Endspiel konnten die Füchse Berlin mit 34:32 bezwungen werden.  © Super Globe Media Team/dpa

Mammutprogramm und Aberglaube

Frenetischer Jubel nach dem Gewinn der Klub-WM. Die SCM-Fans empfingen ihre Helden mit Begeisterung, nachdem diese von ihrer langen Reise an der GETEC-Arena angekommen waren
Frenetischer Jubel nach dem Gewinn der Klub-WM. Die SCM-Fans empfingen ihre Helden mit Begeisterung, nachdem diese von ihrer langen Reise an der GETEC-Arena angekommen waren  © Ronny Hartmann/dpa

Wer im Zwei-Tages-Rhythmus eine intensive Sportart wie Handball betreibt, steht in jedem Fall vor einem regelrechten Mammutprogramm.

Rechnet man Reisestrapazen ein, die unvermeidlich auf langen Flug- und Busreisen auftreten, erscheinen die Erfolge der Elbestädter noch einmal in einem ganz anderen Licht. Es ist und bleibt wahrlich beeindruckend.

Die Klub-WM im saudi-arabischen Dammam, die aktuellen Champions-League-Gruppengegner verteilt über Europa, unter anderem in Spanien, Ungarn, Frankreich, Portugal oder Slowenien – Entfernungen, die ein reguläres Auswärtsspiel im Ligaalltag bei einem Team wie der HBW Balingen-Weilstetten aus dem südlichen Baden-Württemberg beinahe wie ein Katzensprung erscheinen lassen. Was sind schon 600 Kilometer?

Für die SCM-Spieler scheint das nicht dasselbe zu sein, was es für andere Menschen wäre. Der Sieg über FRISCH AUF! am vergangenen Freitag, zwei Tage vor Weihnachten, bedeutete wettbewerbsübergreifend das 26. Spiel in Folge ohne Niederlage. Damit hat Magdeburg tatsächlich seit September kein Spiel mehr verloren. Eine Serie, die selbst einen routinierten Trainer wie Bennet Wiegert dem eigenen Aberglauben verfallen ließ.

Der 41-Jährige ließ seinen Bart seither stehen, und der konnte aufgrund der Magdeburger Erfolgsgeschichte prächtig gedeihen. "Ich hätte ihn eigentlich schon eher abgenommen, wenn mein verdammter Aberglaube mich nicht manchmal besiegen würde", verriet der gebürtige Magdeburger nach dem Auswärtssieg seiner Truppe zum Jahresabschluss in Göppingen.

Wie Wiegert im Februar aussehen wird, wenn knapp vier Wochen Handball-EM in Deutschland überstanden sind und das Pokal-Viertelfinale gegen die Rhein-Neckar-Löwen als erstes Pflichtspiel nach langer Pause ansteht, könnte daher sehr interessant werden.

SCM-Coach Bennet Wiegert (41) steht zu seinem Aberglauben.. Sein Bart wächst im Gleichklang mit der Erfolgswelle der Magdeburger.
SCM-Coach Bennet Wiegert (41) steht zu seinem Aberglauben.. Sein Bart wächst im Gleichklang mit der Erfolgswelle der Magdeburger.  © Marius Becker/dpa

Unaufhaltsame Einheit und beeindruckende Unterstützung

Riesiger Jubel herrschte unter der Mannschaft und den Fans nach dem Sieg im Top-Spiel gegen den THW Kiel im September. Die Zebras konnten mit 34:31 besiegt werden – ein deutliches Ausrufezeichen im Kampf um die Meisterschaft.
Riesiger Jubel herrschte unter der Mannschaft und den Fans nach dem Sieg im Top-Spiel gegen den THW Kiel im September. Die Zebras konnten mit 34:31 besiegt werden – ein deutliches Ausrufezeichen im Kampf um die Meisterschaft.  © Eroll Popova/dpa

Dass es überhaupt etwas geben könnte, dass das absolut gefestigt wirkende grün-rote Fundament auf irgendeine Weise zum Bröckeln bringen könnte, erscheint nach diesem Jahr wie ein weit hergeholter Gedanke.

Zu stark ist die Mannschaft, zu professionell das Vereinsumfeld, zu zielstrebig der Trainer und vor allem zu gewachsen ist der Einfluss von allen, die es mit den Handballern des SC Magdeburg halten und für krachende Stimmung bei Heim- und Auswärtsspielen sorgen, die schon oft von anderen Mannschaften beeindruckend zur Kenntnis genommen werden musste.

Wiegert selbst zeigte sich regelmäßig beeindruckt von dem, was die Ränge in der Arena leisteten. Erklärte insbesondere nach dem erfolgreichen Ostduell mit Eisenach, wie sehr das seiner Mannschaft über die Mehrfachbelastung aus nationalen und internationalen Wettbewerben hinweghelfen würde: "Die haben Lust, Handball zu spielen, die haben Lust, vor so einer Kulisse zu spielen."

Alles in allem darf der SCM mit Stolz auf die eigene Leistung eines gesamten Jahres zurückblicken und sich über eine mehr als verdiente Pause freuen, um danach wieder genau dort anzusetzen, wo die Mannschaft kurz vor Weihnachten aufgehört hat. Denn genau das ist der Anspruch einer Magdeburger Mannschaft, die zweifellos in die Spitzengruppe des Welthandballs gehört.

Der größte Sieg des Jahres im Sommer: Die Champions League! Was für ein Triumph! Die Mannschaft präsentierte stolz die Trophäe auf dem Rathausbalkon. Oberbürgermeisterin Simone Borris (60) würdigte den 19. Juni als "einen historischen Tag für Magdeburg".
Der größte Sieg des Jahres im Sommer: Die Champions League! Was für ein Triumph! Die Mannschaft präsentierte stolz die Trophäe auf dem Rathausbalkon. Oberbürgermeisterin Simone Borris (60) würdigte den 19. Juni als "einen historischen Tag für Magdeburg".  © Heiko Rebsch/dpa

Chapeau für dieses Jahr, SC Magdeburg! Du blickst in eine rosige Zukunft.

Titelfoto: Heiko Rebsch/dpa

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