Eiliges Geschäft: Wie ein Schotte den Rad-Weltmeister vom Druck erlöste

Glasgow (Vereinigtes Königreich) - Bei einem sensationell spannenden Rennen konnte sich am Sonntag der Niederländer Mathieu van der Poel (28) zum Weltmeister im Straßenradsport krönen. Dies verdankte der Star jedoch einer Thronbesteigung bei einem gastfreundlichen schottischen Paar.

So ähnlich muss wohl der Gesichtsausdruck von Mathieu van der Poel (28) während der Proteste ausgesehen haben. (Archivbild)
So ähnlich muss wohl der Gesichtsausdruck von Mathieu van der Poel (28) während der Proteste ausgesehen haben. (Archivbild)  © OLI SCARFF / AFP

Denn 170 Kilometer vor dem Ziel in Glasgow kam das Fahrerfeld plötzlich zum Stehen, weil Protestierende die Straße versperrten.

Die Radprofis standen fast eine Stunde still, die Beine wurden kalt, und es ging nicht vor und nicht zurück. Einige Fahrer erleichterten sich am Straßenrand, aber für die größeren Geschäfte ist der Straßengraben eher nicht geeignet.

Die Fahrer befanden sich im Carron Valley, einer wunderschönen Gegend, in der jedoch kaum jemand wohnt. Wohl aber der Schotte Davie Findlay (58) mit seiner Frau Shona.

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Dem schottischen Daily Record zufolge klopfte ein Teammanager an seine Tür und fragte, ob einer seiner Fahrer sein Büro für dringende Geschäfte nutzen dürfe.

Mathieu van der Poel nutze die Gelegenheit für ein großes Ding

Mathieu van der Poel fuhr überlegen als Erster über die Ziellinie. Über eine Minute Vorsprung ließen genug Zeit zum Feiern.
Mathieu van der Poel fuhr überlegen als Erster über die Ziellinie. Über eine Minute Vorsprung ließen genug Zeit zum Feiern.  © OLI SCARFF / AFP

Der freundliche Schotte ließ den Fahrer rein. Es war Matthieu van der Poel, der das 271 Kilometer lange Radrennen von der schottischen Hauptstadt Edinburgh nach Glasgow nach etwas mehr als sechs Stunden Fahrzeit (plus 50 Minuten Toilettenzeit) sensationell vor Wout van Aert (28, Belgien) und dem zweifachen Tour-de-France-Sieger Tadej Pogačar (24, Slowenien) gewinnen konnte.

Van der Poel gab den niederländischen Medien gegenüber an, dass er niemals das Rennen hätte gewinnen können, wenn er nicht den Tank entleert hätte.

"Ich bin ihnen wirklich zu Dank verpflichtet und möchte mich herzlich bei ihnen bedanken. Ich hätte nicht weiterfahren können ohne ihre Hilfe", sagte der Weltmeister nach dem Rennen.

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"Es war das größte Rennen meines Lebens, und es war so nett von diesen Leuten, mich in ihr Haus zu lassen und mich auf ihre Toilette setzen zu lassen."

Der gastfreundliche Schotte erfuhr jedoch erst einen Tag später vom Erfolg des Niederländers. Denn dort, wo Davie mit seiner Frau lebt, gibt es weder ein Mobilfunknetz noch Internet. Dem Daily Record war die Story übrigens eine ganze Titelseite wert.

Mathieu van der Poel tritt in die Fußstapfen von Landsmann Tom Dumoulin

Hat der Ort der Stille die Weltmeisterschaft entschieden? (Symbolbild)
Hat der Ort der Stille die Weltmeisterschaft entschieden? (Symbolbild)  © 123rf/aetb

Davie Findlay sagte dem Daily Record gegenüber, dass er begeistert sei, so eine entscheidende Rolle gespielt zu haben. "Alles, was wir taten, war ein bisschen Gastfreundschaft zu bieten, was wir immer tun würden. Jeder der Nachbarn hätte das Gleiche getan", sagte der sympathische Schotte.

Van der Poel tritt damit gewissermaßen in die Fußstapfen seines Landsmanns Tom Dumoulin (32).

Der Niederländer hatte als Führender des Gesamtklassements beim Giro d'Italia 2017 massive Magenprobleme und trat mitten im Rennen neben die Strecke und ließ der Natur ihren Lauf. Die Kameras haben dankenswerterweise weggedreht.

Dumoulin gewann trotz dieser Hinterlassenschaft in den italienischen Alpen später den Giro d'Italia, genauso wie Mathieu van der Poel am Wochenende Weltmeister wurde. Aber es ist zu beachten, dass es Mathieu ungleich bequemer hatte.

Und wer kann schon von sich behaupten, in einem Rennen zweimal den Thron bestiegen zu haben?

Titelfoto: Bildmontage: Oli SCARFF / AFP, Oli SCARFF / AFP, 123rf/aetb

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