Zusammenbruch oder "brutal vom Kreml ermordet"? Inhaftierter Putin-Kritiker Alexej Nawalny ist tot!

Charp/Moskau (Russland) - Schock-Nachricht aus Russland: Der weltbekannte Kreml-Kritiker Alexej Nawalny (†47) ist tot! Das teilte die Gefängnisverwaltung des nordrussischen Gebietes Jamal am Freitag mit. Der Oppositions-Politiker musste seit 2021 eine langjährige Haftstrafe in verschiedenen Strafkolonien verbüßen.

Eine der letzten Aufnahmen von Alexej Nawalny.
Eine der letzten Aufnahmen von Alexej Nawalny.  © dpa/AP | Alexander Zemlianichenko

Der 47-Jährige soll am heutigen Freitag nach einem Spaziergang in seiner Strafkolonie zusammengebrochen sein. Laut der Gefängnisverwaltung habe er sofort das Bewusstsein verloren. Wiederbelebungsversuche von Sanitätern hätten keinen Erfolg gehabt.

Wladimir Putin (71) soll laut Kremlsprecher Dmitri Peskow bereits am Mittag über das Ableben seines Kritikers informiert worden sein.

Nicht so das Team des Inhaftierten! Nawalnys Anwalt Leonid Solowjow befand sich am frühen Nachmittag ohne weitere Informationen auf dem Weg zur Strafanstalt seines Klienten. Er sagte der kremlkritischen Zeitung "Nowaja Gaseta": "Auf Entscheidung von Alexej Nawalnys Familie kommentiere ich überhaupt nichts."

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Ende 2023 war der Jurist und Blogger vom Straflager IK-6, gelegen im europäischen Teil Russlands, an einen unbekannten Ort verlegt worden. Später wurde bekannt, dass es sich dabei um die Strafkolonie Nr. 3 "Polarwolf" im westsibirischen Charp handelte.

Nawalny selbst hatte vermutet, dass er dort vor der anstehenden Präsidentenwahl möglichst isoliert werden sollte.

Nawalny "brutal vom Kreml ermordet"?

Olaf Scholz (65, SPD, r.) und Wolodymyr Selenskyj (46) erfuhren am Rande eines Treffens in Berlin vom Tode Nawalnys.
Olaf Scholz (65, SPD, r.) und Wolodymyr Selenskyj (46) erfuhren am Rande eines Treffens in Berlin vom Tode Nawalnys.  © dpa | Kay Nietfeld

Nachdem am Freitagmittag die Nachricht von Nawalnys Tod verbreitet wurde, dauerte es nicht lange, bis kritische Reaktionen laut wurden. Viele Politiker glauben den Worten der Gefängnisverwaltung nicht.

Bundeskanzler Olaf Scholz (65, SPD) sagte, dass der Kreml-Kritiker seinen Mut mit seinem Leben bezahlen musste. "Es ist etwas ganz Furchtbares, auch als ein Zeichen, wie sich Russland verändert hat. Nach den nun schon leider lange zurückliegenden hoffnungsvollen Entwicklungen, die in Richtung Demokratie gegangen waren, ist das längst keine Demokratie mehr."

Die EU machte das "russische Regime" verantwortlich für den Tod des Oppositionellen. Nawalny habe "für seine Ideale das ultimative Opfer" gebracht, erklärte Ratspräsident Charles Michel (48) bei X (ehemals Twitter). "Die EU hält das russische Regime für alleinverantwortlich für diesen tragischen Tod."

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Nawalny sei "brutal vom Kreml ermordet" worden, behauptete gar Lettlands Präsident Edgars Rinkevics (50). "Dies ist ein Fakt und etwas, was man wissen sollte über den wahren Charakter des gegenwärtigen russischen Regimes."

Wolodymyr Selenskyj (46), Präsident der Ukraine, forderte indes, Putin müsse für Nawalnys Tod zur Rechenschaft gezogen werden. "Es ist für mich offensichtlich: Er wurde getötet. Wie andere Tausende, die zu Tode gequält wurden wegen dieses einen Menschen."

Russland hat vor knapp zwei Jahren einen Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen. Nawalny hatte sich - obwohl bereits inhaftiert - immer wieder deutlich gegen die Invasion ausgesprochen.

Alexej Nawalny galt als Putins größter Widersacher in Russland

Nawalny befand sich seit fast drei Jahren im Gefängnis.
Nawalny befand sich seit fast drei Jahren im Gefängnis.  © dpa/TASS | Moscow City Court Press Service

Nawalny erlangte als einer der lautstärksten Widersacher des russischen Autokraten Wladimir Putin internationales Ansehen. In Russland machte er sich durch seinen Kampf gegen die Korruption unter Putin indes viele Feinde.

Nach einem lebensgefährlichen Giftanschlag auf ihn im Jahr 2020 war er zur Behandlung nach Deutschland geflogen worden. Anfang 2021 kehrte er in seine Heimat zurück - und wurde dort sofort verhaftet. Er wurde wegen angeblichen Extremismus zu insgesamt 19 Jahren Lagerhaft verurteilt.

Immer wieder kam es rund um den Globus zu großen Protesten wegen der Gefängnisstrafe. Auch Nawalny selbst klagte wiederholt wegen der Verletzung seiner Rechte.

Der Familienvater berichtete von fehlender medizinischer Hilfe, Schikane und sogar Folter im Straflager.

"Alles, was Ihr lest über den Horror und die faschistischen Verbrechen unseres Gefängnissystems, das ist alles die Wahrheit. Mit einer Richtigstellung: Die Wirklichkeit ist noch schlimmer", schrieb Nawalny in einem bei Instagram veröffentlichten Beitrag zum zweiten Jahrestag seiner Inhaftierung.

"Das Gefängnissystem wird nicht nur von einer wahren Ansammlung an Schurken geführt, sondern von echten kranken Perversen."

Erstmeldung 12.28 Uhr. Letzte Aktualisierung 13.53 Uhr.

Titelfoto: dpa/TASS | Moscow City Court Press Service

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