Alfons über Versöhnung: "Der Welt würde gerade eine Sitzung beim Therapeuten sehr guttun!"

Hamburg/Göttingen - Im April gastiert Emmanuel Peterfalvi (57) besser bekannt als Kabarettist Alfons mit seinem Programm "Alfons - Jetzt noch deutscherer" in Göttingen. Kein alltäglicher Tour-Stopp für den in Hamburg lebenden gebürtigen Franzosen, der die niedersächsische Kleinstadt schon lange, bevor er nach Deutschland kam, sehr gut kannte.

Die Sängerin Barbara (†67) gilt als Stimme der deutsch-französischen Versöhung.
Die Sängerin Barbara (†67) gilt als Stimme der deutsch-französischen Versöhung.  © IMAGO / United Archives

Grund dafür ist ein gleichnamiges Lied der französischen Sängerin Barbara (†67), das nach dem Zweiten Weltkrieg zur Hymne der deutsch-französischen Aussöhnung wurde.

Eigentlich wollte Barbara gar nicht in Deutschland auftreten. Als Mitglied einer jüdischen Familie hatte sie ihre halbe Kindheit damit verbracht, sich vor den Nationalsozialisten zu verstecken.

Doch unter der Bedingung, nur mit einem Flügel aufzutreten, stimmte sie einem Gastspiel im "Jungen Theater" in Göttingen schließlich doch zu. Und war positiv überrascht! Von der Schönheit der Stadt, der Freundlichkeit der Menschen und ihren Französisch-Kenntnissen.

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Als Dankeschön für die unerwartet schöne Zeit schrieb sie noch vor Ort das Lied "Göttingen" und trug dieses am letzten Abend ihres einwöchigen Gastspiels zum ersten Mal vor Publikum vor.

Wohl nicht ahnend, dass das Lied kurze Zeit später zu einem Manifest gegen den Krieg werden sollte. Und auch nicht ahnend, wie viele Menschen sie in Deutschland und Frankreich durch ihre Zeilen berühren wird.

Einer von ihnen ist Alfons, der im TAG24-Interview verriet, warum dieses Lied auch heute noch so viel Bedeutung hat.

Kabarettist Alfons: "Wir sehnen uns alle nach Versöhnung!"

2021 erhielt Emmanuel Peterfalvi alias Alfons das Bundesverdienstkreuz für seine Verdienste für die Kultur und Toleranz und Humanität sowie sein Engagement für die Völkerverständigung.
2021 erhielt Emmanuel Peterfalvi alias Alfons das Bundesverdienstkreuz für seine Verdienste für die Kultur und Toleranz und Humanität sowie sein Engagement für die Völkerverständigung.  © Marcus Brandt/dpa

TAG24: Alfons, wird Dein Auftritt in Göttingen vor diesem Hintergrund noch einmal besonderer für Dich?

Alfons: Dieser Auftritt ist für mich tatsächlich ein ganz besonderer. Nicht nur, weil ich den Song "Göttingen" tatsächlich singen werde. Der Name "Göttingen" ist gerade in Frankreich ein Symbol für die Versöhnung unserer Länder.

Allein die Geschichte des Liedes ist Versöhnung pur: Barbara fühlte sich damals überhaupt nicht wohl bei dem Gedanken, nach Deutschland zu kommen, aber als sie dann einmal da war, hat sie sich in das Land und seine Menschen verliebt und direkt diesen Song geschrieben.

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Was das mit meiner eigenen Geschichte zu tun hat, das erzähle ich in "Alfons – Jetzt noch deutscherer". Aber eines kann jetzt schon versprechen: Dieses Stück ist eine Umarmung mit ganz vielen Emotionen.

TAG24: Barbaras Lied wurde in den 1970ern zum Soundtrack der französisch-deutschen Aussöhnung. Warum denkst Du, war es damals so erfolgreich?

Alfons: Weil wir uns alle nach Versöhnung sehnen. Wir merken das ganz besonders in solchen Zeiten, wie wir sie jetzt gerade erleben: Kriege überall um uns herum, Angst breitet sich aus. Und eigentlich wünschen wir uns alle nur eines: ein friedliches Zusammenleben. Wir wünschen uns, dass die Menschen sich gut verstehen, anstatt sich zu hassen. Darum geht es in "Göttingen", und darum geht es auch in meinem Programm.

"Wir dürfen das Geschenk von Europa nicht kaputt machen!"

Bekannt wurde Alfons durch seine Straßenumfragen mit dem Puschelmikrofon.
Bekannt wurde Alfons durch seine Straßenumfragen mit dem Puschelmikrofon.  © Jens Kalaene dpa/lbn

TAG24: Du hast es gerade schon angesprochen, das Lied ist (leider) auch in heutigen Zeiten, wo der europäische Gedanke immer mehr ins Wanken gerät, wieder sehr aktuell. Auch Du setzt Dich seit Jahren mit Deinen Programmen und Geschichten für die Menschlichkeit, Frieden und für Europa ein.

Alfons: Ja, es wird viel gemeckert über Europa und die EU. Und gar keine Frage: Es läuft auch vieles schief. Aber eine Sache sollten wir dabei niemals vergessen: Warum wurde Europa gegründet?

Weil wir uns vorher über Jahrhunderte gegenseitig mit Kriegen überzogen haben, einer nach dem anderen. Bis irgendwann mal schlaue Leute gesagt haben: "Kriege haben wir so lange geübt, die können wir jetzt. Lasst uns doch zur Abwechslung mal was anderes ausprobieren! Wie wäre es mit Frieden?"

Deshalb wurde Europa gegründet! Deshalb haben die vorigen Generationen uns dieses Geschenk gemacht. Und dieses zerbrechliche Geschenk dürfen wir nicht kaputt machen. Es ist unsere Pflicht, es an die weiteren Generationen weiterzugeben. Und zwar intakt.

TAG24: Brauchen wir wie damals auch in den heutigen Zeiten eine neue Hymne oder brauchen wir mehr Programme wie Deine, die uns vor Augen führen, wie wichtig Versöhnen und aufeinander zuzugehen ist?

Alfons: Ich glaube, der Welt würde gerade eine Sitzung beim Psychotherapeuten sehr guttun. Und ja, gerade jetzt helfen solche Geschichten, solche Songs, die uns daran erinnern, dass wir Menschen dringend Menschlichkeit brauchen.

Am 25. April gastiert Alfons mit seinem Programm "Alfons – Jetzt noch deutscherer" in der Stadthalle in Göttingen. Tickets und weitere Termine in ganz Deutschland unter alfons-fragt.de.

Titelfoto: Marcus Brandt/dpa

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