Landwirt an Hunde verfüttert? Wie Gerüchte zu einem Fall führten, den es so nicht gab

Neuburg an der Donau - Am 12. Oktober 2001 verschwindet Landwirt Rudolf Rupp (†52) auf unbekannte Weise. Später kommen Gerüchte auf, er solle von seiner eigenen Familie erschlagen, zerstückelt und in Einzelteilen an die Hunde verfüttert worden sein. Die Polizei nimmt den Freund der Tochter, ihre Schwester und Mutter fest. Sie werden verurteilt. Ein Fehler, wie sich später herausstellte. "Kripo live" hat den Fall rekapituliert.

Der Todesfall Rudolf Rupp (†52), bei dem der Landwirt mutmaßlich von seiner Familie getötet wurde, beschäftigte über Jahre die Gerichte in Deutschland.
Der Todesfall Rudolf Rupp (†52), bei dem der Landwirt mutmaßlich von seiner Familie getötet wurde, beschäftigte über Jahre die Gerichte in Deutschland.  © Polizei

Am Abend des 12. Oktober war Rudolf Rupp zunächst in seine Stammkneipe gefahren, um dort einige Bier zu trinken. Gegen Mitternacht begab er sich zurück zum Auto, um den Heimweg anzutreten - und verschwand. Was in der Nacht des 12. Oktober geschah, darüber ranken sich bis heute unterschiedliche Erzählungen bis hin zu grausigen Gerüchten.

Ehefrau Hermine Rupp gibt nach dem Verschwinden ihres Mannes eine Vermisstenanzeige auf. Die Polizei startet eine groß angelegte Suchaktion. Gleichzeitig gerät der Freund der ältesten Tochter, Matthias Eisenhofer, ins Visier der Ermittlungen - die ein grausiges Bild zeichnen.

"Dann sind immer mehr Gerüchte offensichtlich der Polizei zugetragen worden", erinnert sich Strafverteidiger Dr. Bernd Scharinger, der damals Eisenhofer vertrat. "Teilweise ganz absurde Geschichten, dass ein Nachbar in der Nacht gesehen haben soll, dass irgendeiner über den Hof lief und einen Eimer in der Hand hielt, in dem ein Kopf drin gewesen sei."

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Gerüchte über eine Familie, die ihren Vater zerstückelt und an die Hunde verfüttert haben soll, machten die Runde und sollen schließlich, zwei Jahre nach dem Verschwinden von Rudolf Rupp, die Ermittlungen in Gang gebracht haben.

Der mutmaßliche Tatort in Bayern. (Archivbild)
Der mutmaßliche Tatort in Bayern. (Archivbild)  © Armin Weigel dpa/lby

Beschuldigte gestehen grausige Details gegenüber den Ermittlern

Die Familie des Toten rückte in den Fokus der Ermittlungen. (Archivbild)
Die Familie des Toten rückte in den Fokus der Ermittlungen. (Archivbild)  © Armin Weigel dpa/lby

Auch die Staatsanwaltschaft glaubte inzwischen, dass die Familie etwas mit dem Tod von Rudolf Rupp zu tun habe. 2004 wird Matthias Eisenhofer schließlich von der Polizei unter dem Vorwand abgeholt, ihn als Zeuge zu verhören. Eine Vorgehensweise, die damals noch üblich war, wie es in der Sendung heißt. Verdächtige seien als Zeugen geladen worden, um zunächst etwas aus ihnen rauszubekommen.

Das Problem: Als Zeuge muss Eisenhofer aussagen. Lediglich als Beschuldigter hätte er das Recht auf anwaltlichen Beistand gehabt.

Nicht nur Eisenhofer, auch die Familie wird befragt. Alle getrennt voneinander. Ob sie verstehen, dass sie unter Verdacht stehen, ist bis heute unklar. "Und so kommt es, dass man als erstes diesen jungen Mann in die Mangel nimmt und aus ihm ein Geständnis herauspresst", schildert Gerichtsreporterin Gisela Friedrichsen.

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Eisenhofer und die Familie bestätigen die Vermutungen der Polizei, nach denen Rudolf Rupp am Abend nach Hause gekommen und getötet worden sein soll, gestehen dabei auch grausige Details.

Matthias E., Hermine R. (o.r.) sowie ihre Töchter Manuela (u.l.) und Andrea gestanden den Mord. Warum?
Matthias E., Hermine R. (o.r.) sowie ihre Töchter Manuela (u.l.) und Andrea gestanden den Mord. Warum?  © Armin Weigel dpa/lby

Plötzlich taucht der Wagen von Rudolf Rupp wieder auf

In diesem Auto wurde die Leiche von Rudolf Rupp gefunden. Diese sah allerdings ganz anders aus als von der Familie geschildert. (Archivbild)
In diesem Auto wurde die Leiche von Rudolf Rupp gefunden. Diese sah allerdings ganz anders aus als von der Familie geschildert. (Archivbild)  © Winfried Rein dpa/lby

Die Aussagen der Angehörigen variierten zunächst jedoch stark und glichen sich erst mit der Zeit an, so als hätte die Polizei sie in eine bestimmte Richtung bewegt. "Wenn ich nichts gesagt haben, haben sie mir die Schilderungen der anderen vorgelesen. Und was sagt man dann? 'Ja, so war das", erinnert sich Eisenhofer.

Etwas anderes als Mord schien für die Ermittler indes nicht mehr in Frage zu kommen. Dabei gab es dafür keinen Beweis, nur die Geständnisse der Familie. Dennoch werden Eisenhofer und Hermine Rupp noch 2004 verurteilt. Der Freund und die Mutter zu jeweils 8,5 Jahren, ihre Töchter zu zwei und drei Jahren.

Eisenhofer und Rupp sitzen noch ihre Haftstrafe ab, als vier Jahre später in einem Gewässer das Auto von Rudolf Rupp entdeckt wird. Die Polizei birgt den Wagen und findet darin den Torso eines Toten. Plötzlich steht fest: Die Geständnisse der Beschuldigten, nach denen sie die Leiche zerstückelt haben, können nicht stimmen.

Auch die Art und Weise, wie Rudolf Rupp getötet worden sein soll, konnte in der Obduktion nicht bestätigt werden.

Der Fall wird wieder aufgerollt und Eisenhofer sowie Hermine Rupp werden 2011 freigesprochen. Eine Entschädigung erhalten sie nicht, müssen stattdessen selbst für die Gerichtskosten aufkommen.

Das Fahrzeug war zuvor aus der Donau gefischt worden. (Archivbild)
Das Fahrzeug war zuvor aus der Donau gefischt worden. (Archivbild)  © Winfried Rein dpa/lby

Matthias Eisenhofer zahlt bis heute einen hohen Preis für ein Verbrechen, das er offenbar nicht begangen hat.

Mehr von "Kripo live" gibt es in der ARD-Mediathek zu sehen.

Titelfoto: Montage Polizei ; Armin Weigel dpa/lby

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