"Der Deal mit den Remmos" - Jetzt packen erstmals ihre Anwälte aus!

Dresden - "Zerschlagen, zerschunden, zerrissen, zerbeult" - So haben die Remmos die wertvollen und teils einzigartigen Schmuckstücke zurückgegeben, die sie im November 2019 aus dem Grünen Gewölbe gestohlen hatten. Für diese Rückgabe gab es erheblichen Strafrabatt. Nun äußerten sich erstmals die Anwälte der Berliner Clan-Männer.

Sachsens wertvollster Schatz wurde aus dem Grünen Gewölbe gestohlen, zerlegt und schließlich für einen guten Deal mit der Justiz wieder eingetauscht.
Sachsens wertvollster Schatz wurde aus dem Grünen Gewölbe gestohlen, zerlegt und schließlich für einen guten Deal mit der Justiz wieder eingetauscht.  © Sebastian Kahnert/dpa

Der MDR führte im Format "Exakt - Die Story" erstmals ein Interview mit den Strafverteidigern Kai Kempgens und Toralf Nöding. Beide vertreten unter anderem Rabieh Remmo (29), den ältesten Remmo-Spross. Sie lassen das außergewöhnliche Verfahren, den umstrittenen "Deal" und die Beuterückführung Revue passieren.

Doch auch andere Themen, wie der Zustand der Juwelen, die Restauration oder die massiven Versäumnisse im Sicherheitskonzept des Residenzschlosses kommen zur Sprache.

Seitdem der Prozess rund um den spektakulären Diebstahl seit dem 16. Mai beendet ist, sind drei der fünf Verurteilten vorerst auf freiem Fuß. Sie müssen ihre Restschuld erst später antreten - ein Erfolg für ihre Anwälte!

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"Ich bin fest davon überzeugt, dass alle haftverschonten Angeklagten sich der Strafe stellen werden", betont Kempgens gleich zu Beginn der knapp halbstündigen Dokumentation.

Seine Kanzlei in Berlin war der Ort, von dem aus die Schmuckstücke in einer Nacht-und-Nebel-Aktion im Dezember 2022 zurück in ihre sächsische Heimat geholt wurden.

Diesem "sächsischen Weihnachtswunder" vorangegangen war der mittlerweile ebenso bekannte wie umstrittene Deal zwischen der Verteidigung, der Staatsanwaltschaft und dem Gericht.

Strafrabatt gegen Geständnisse: "Ohne den Deal gäb's keine Beute"

Die beiden Anwälte Kai Kempgens (l.) und Toralf Nöding sprachen erstmals über ihre Mandanten, die gefällten Urteile und den Prozess an sich.
Die beiden Anwälte Kai Kempgens (l.) und Toralf Nöding sprachen erstmals über ihre Mandanten, die gefällten Urteile und den Prozess an sich.  © Sebastian Kahnert/dpa

Die Einigung besagte ganz klar: "Strafrabatt gegen Geständnisse, die glaubhaft sein müssen" und natürlich die Rückgabe der Beute, wie Prozessbeobachter und Jurist Butz Peters erklärt. "Ohne den Deal gäb's keine Beute", fasst er zusammen.

Man habe vorher "relativ genau definieren können", welche Stücke zurückgegeben werden können und welche nicht. An "Tag X" rückte dann die Staatsanwaltschaft Dresden mitsamt etlichen Beamten an, prüfte die Stücke und reiste "relativ sang- und klanglos" wieder zurück in die Heimat.

Selbst für hartgesottene Berliner Anwälte sei dies einmalig gewesen. "Das war natürlich aufregend für alle Beteiligten", erklärt Nöding. "Ich hab so'n Zeug noch nie live gesehen. (...) Da ist man natürlich voll mit Adrenalin." Denn auch die beiden Verteidiger hätten bis zum Schluss nicht sicher gewusst, "ob das jetzt wirklich funktioniert oder nicht."

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Doch bei aller Freude über die Rückgabe ist es vor allem der Zustand der wiedergebrachten Stücke, der Experten Sorgen bereitet. Und nicht nur das, die Täter gaben auch noch weniger zurück als angekündigt!

Beschädigte Juwelen und Schmuckstücke: Restaurierung teilweise sogar unmöglich

Die beschädigte Vitrine aus dem Juwelenzimmer im Dresdner Residenzschloss. Aus ihr verschwanden zahlreiche wertvolle Juwelen.
Die beschädigte Vitrine aus dem Juwelenzimmer im Dresdner Residenzschloss. Aus ihr verschwanden zahlreiche wertvolle Juwelen.  © Sebastian Kahnert/dpa

Die drei wertvollsten Stücke der Sammlung fehlen nach wie vor: die große Brustschleife der Königin Amalie Auguste, das Diamantcollier der Königin und die Epaulette mit dem Sächsischen Weißen.

Letzterer ist ein etwa 50 Karat schwerer Diamant und galt bis zu seinem Diebstahl als weltweite Rarität. "Es gibt nicht mehr viele, vielleicht sieben oder acht", erklärt Christine Engemann-Wendt. Sie war 19 Jahre lang als Restauratorin im Grünen Gewölbe tätig und kennt die Schmuckstücke ganz genau.

Als die Remmos mit ihren Äxten auf die Vitrine losgingen, rissen sie die Juwelen von den Brettern herunter, auf welchen sie mit dünner Angelschnur angenäht waren. Dadurch entstand der erste große Schaden. Durch die rohe Gewalt seien auch einige Stücke sofort zerbrochen.

Es wird unklar bleiben, wie die Stücke vor ihrer Rückgabe gelagert wurden. Vorsichtig kann es aber nicht gewesen sein, wenn man sich die Liste der Beschädigungen anschaut. "Kratzer, Feuchteschäden, Rost, schwarze Verfärbungen, fehlende Einzelsteine und Verformungen."

Eine Restaurierung ist dadurch teilweise unmöglich, auf jeden Fall sehr schwer. "Ich möchte nicht vor dieser Aufgabe stehen", betont Engemann-Wendt sichtlich getrübt.

Wer sich für weitere Details rund um die Beuterückgabe, die Höhenflüge der Remmos und die immer noch laufende "SOKO Epaulette" interessiert, kann sich die Doku "Der Deal mit den Remmos - Das Urteil im Grüne-Gewölbe-Prozess" in der ARD-Mediathek oder auf dem YouTube-Kanal "MDR investigativ" ansehen.

Titelfoto: Bildmontage: Sebastian Kahnert/dpa (2)

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