Grundstück in Blasewitz ist viel mehr wert: Für Neubau verzichtet Rathaus auf 650.000 Euro
Dresden - In Blasewitz an der Wehlener Straße 3 will das Rathaus eines der letzten freien Baugrundstücke deutlich unter Wert verkaufen. Warum die Stadt auf weit über eine halbe Million Euro verzichten will - und der Rat sehr wahrscheinlich zustimmen wird ...

Die immer noch steigenden Immobilienpreise machen es möglich: Ein Grundstück, das 2015 gerade einmal 352.000 Euro wert war, könnte jetzt mühelos für die vierfache Summe verkauft werden. Die Stadt will jedoch verzichten.
Hintergrund: Das Grundstück soll, so der Wunsch von Verwaltung und Rat, an Baugemeinschaften verkauft werden. Ein Angebot liegt seit 2016 vor.
Doch die Jahre vergingen, bevor die Baugemeinschaft (18 Erwachsene, 14 Kinder) verbindlich zusagte. Zwischenzeitlich stieg der Wert des Grundstücks auf 1,3 Millionen Euro. Zu viel für die Dresdner Bauherren.
Die Stadt will daher deren Angebot von knapp 650.000 Euro annehmen. Weil unter Wert verkauft werden soll, muss sogar die Landesdirektion zustimmen.
Überzeugt habe vor allem das Konzept in Holzmassivbauweise, die Nutzung regenerativer Energien und die Dach- und Fassadenbegrünung.
So stehen die Parteien zu dem Vorhaben

Kritik am Verfahren gibt es freilich auch. "Wir sind für die vergünstigte Vergabe von Bauland an Dresdner. In diesem Fall soll jedoch eine grüne Klientel bevorzugt werden. Das Verfahren war nicht transparent", sagt AfD-Chef Thomas Ladzinski (32).
Anders sehen das zum Beispiel die Grünen, für die ein Verkauf unter Höchstpreis kein Problem darstellt. "Sonst gibt es keine Chancengleichheit zwischen weltweiten Fonds und Menschen, die hier leben. Solche Preis-Gutachten müssen wir politisch einordnen", sagt Thomas Löser (49).
Linken-Rat Tilo Wirtz (53) meint: "Das Konzept stimmt. Wenn wir nicht an die Baugemeinschaft verkaufen, dann greift einer der großen Konzerne zu, die aktuell die Preise verderben."
Auch CDU-Bauexperte Veit Böhm (56) empfiehlt seiner Fraktion eine Zustimmung: "Wir wollen Bauherrenmodelle fördern. Die Quote soll steigen. Es ist eine schöne Art, um an eigenes Wohneigentum zu kommen."

Nicht zum ersten Mal: Konzept statt Kohle
Verkauf unter Wert - oder aber ein Ankauf zu Mondpreisen: Mehr als einmal hat die Stadt bisher bei Grundstücksverkäufen den eigentlichen Wert außen vor gelassen.
Zwei Millionen Euro (5800 statt 1600 Euro pro Quadratmeter) gab Dresden zum Beispiel für ein Mini-Grundstück am Ferdinandplatz aus. Das "Schikaniergrundstück" hätte sonst den Bau des neuen Rathauses behindert.
Für das letzte Baugrundstück am Wiener Platz erhielt die Stadt in Gegenzug stattdessen lediglich 131.582 Euro. Macht bei 7077 Quadratmetern nur 18,60 Euro pro Quadratmeter. Obendrein zahlt die Stadt dem Investor 1,5 Millionen Euro. Hintergrund hier: Bau und Betrieb eines Fernbusterminals samt Fahrradparkhaus wären anders nicht wirtschaftlich gewesen.

Auch beim Sachsenbad droht ein Verkauf unter Marktwert. Weil die Stadt es nicht geschafft hat, rechtzeitig zu verkaufen, muss ein neues Verkehrswert-Gutachten erstellt werden.
Der einzig verbliebene Investor hat aber schon angekündigt, den höheren Preis nicht zahlen zu können.
Titelfoto: Montage: Holm Helis, Asuna Leipzig