Asylverfahren in Drittstaaten? Scharfe Kritik von Pro Asyl und Amnesty International

Frankfurt am Main - Wie verfahren mit Flüchtlingen, welche Westeuropa erreichen: Die Organisation Pro Asyl hat Überlegungen zu einer Auslagerung von Asylverfahren in Staaten außerhalb der Europäischen Union scharf kritisiert.

Das Foto zeigt Flüchtlinge in der Erstaufnahmeeinrichtung im mittelhessischen Gießen - die Organisationen Pro Asyl und Amnesty International sind klar dagegen, Asylverfahren in Staaten außerhalb der Europäischen Union zu verlagern.
Das Foto zeigt Flüchtlinge in der Erstaufnahmeeinrichtung im mittelhessischen Gießen - die Organisationen Pro Asyl und Amnesty International sind klar dagegen, Asylverfahren in Staaten außerhalb der Europäischen Union zu verlagern.  © Boris Roessler/dpa

"Das, was in Deutschland und in der EU diskutiert wird, sind Teilausstiege aus dem Flüchtlingsschutz oder die Abschaffung des individuellen Asylrechts", sagte Pro-Asyl-Geschäftsführer Karl Kopp am heutigen Mittwoch in Frankfurt.

Bundeskanzler Olaf Scholz (65, SPD) und die Regierungschefs der Länder hatten sich im November darauf verständigt, dass die Bundesregierung prüft, ob Asylverfahren außerhalb Europas möglich sind.

Ein Ergebnis der Prüfung liegt bislang zwar nicht vor, dürfte aber beim nächsten Treffen der Runde besprochen werden. Der Sprecher der Landesregierung von Sachsen-Anhalt, Matthias Schuppe, hatte am Dienstag gesagt: "Am 6. März sehr wahrscheinlich kommt es zum Flüchtlingsgipfel mit dem Bundeskanzler."

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Auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International stellte sich klar gegen die laufenden Überlegungen zur Auslagerung von Asylverfahren: "Wir appellieren an die Bundesregierung, menschenfeindlichen Scheinlösungen nicht auf den Leim zu gehen", hieß es in einer Stellungnahme.

Amnesty International: Europäisches Recht nicht außerhalb der Europäischen Union anwendbar

Migranten sitzen in einem Holzboot nahe der Insel Lampedusa - über das Mittelmeer erreichen immer wieder Flüchtlinge die Europäische Union, die Route gilt als sehr gefährlich.
Migranten sitzen in einem Holzboot nahe der Insel Lampedusa - über das Mittelmeer erreichen immer wieder Flüchtlinge die Europäische Union, die Route gilt als sehr gefährlich.  © Francisco Seco/AP/dpa

Rund 80 Prozent der Schutzsuchenden weltweit fänden ohnehin in den jeweiligen Nachbarländern Zuflucht, erklärte Sophie Scheytt, Referentin für Asylpolitik und -recht bei Amnesty International Deutschland.

Asylverfahren in Drittstaaten durchzuführen sei europarechtswidrig, da das europäische Recht keine Anwendbarkeit außerhalb der Europäischen Union vorsehe. Mit Blick auf die zwischen Italien und Albanien getroffene Vereinbarung, sagte Scheytt, sei ein Domino-Effekt zu befürchten. Es sei möglich, dass Menschen, die von Italien dorthin gebracht würden, versuchen würden, über die sogenannte Balkanroute nach Westeuropa zu gelangen.

Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni und Albaniens Regierungschef Edi Rama hatten im vergangenen Jahr eine Absichtserklärung zur Errichtung von zwei Zentren zur Aufnahme von im Mittelmeer geretteten Migranten in Albanien unterzeichnet.

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Menschen, die von Schiffen der italienischen Behörden gerettet werden, sollen nach Albanien gebracht werden, um dort ihr Asylverfahren zu durchlaufen. Nur Menschen, deren Asylantrag bewilligt wird, sollen dann nach Italien gebracht werden.

Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) hält Asylverfahren in sogenannten sicheren Drittstaaten generell für möglich, allerdings nur unter eng gefassten Bedingungen.

Titelfoto: Boris Roessler/dpa

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