Er galt einst als Vorzeigepolizist, dann wurde er kriminell: Sam Meffire trifft Ex-Innenminister Eggert

Dresden - Vom Vorzeigepolizisten zum Schwerkriminellen - und geläutert zurück ins Leben. Die Karriere von Sam Meffire (52) ist filmreif. Jetzt erscheinen fast zeitgleich eine Fernsehserie und ein Buch. Als Sam Sachsens Vorzeigepolizist war, galt Heinz Eggert (heute 76) als Förderer und väterlicher Freund. Der damalige sächsische Innenminister (1991 bis 1995) stilisierte ihn im Kampf gegen Rassismus zur Symbolfigur. Doch Sam wurde kriminell, der Kontakt brach ab. Nun, nach 27 Jahren, das erste Wiedersehen ...

Wiedersehen nach 27 Jahren: der sächsische Ex-Innenminister Heinz Eggert (76, l.) und der ehemalige sächsische Vorzeigepolizist Sam Meffire (52, r.).
Wiedersehen nach 27 Jahren: der sächsische Ex-Innenminister Heinz Eggert (76, l.) und der ehemalige sächsische Vorzeigepolizist Sam Meffire (52, r.).  © Steffen Füssel

"Bin früh aufgestanden", murmelt Eggert, während sich Sam im Hotelzimmer fürs Foto noch ein frisches Hemd überzieht. Eggert ist erkältet.

Aber weil ihm die Begegnung ein Bedürfnis ist, hat er sich von Zittau auf den Weg gemacht in ein Dresdner Hotel, wo Sam sein Buch präsentiert.

"Das letzte Mal habe ich Dich 1996 im Gerichtssaal gesehen", beginnt Eggert. Sam nickt. Wie damals schaut er betreten nach unten. Der alte Sam hatte seinen Förderer tief enttäuscht. Das sitzt so sehr drin, dass er am Abend vor dem allerersten Wiedersehen jüngst Bauchgrummeln hatte.

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"Ich dachte, jetzt kommt die längst überfällige Standpauke ... oder die Faust. Jedenfalls die völlig berechtigte Abreibe."

Der neue, von TAG24 vermittelte Kontakt kam Ende 2021 zustande.

"Denn es kann ja nicht sein, dass man 30 Jahre lang etwas hinterherträgt. Und Du hast ja eine bemerkenswerte Wende vollzogen", sagt Eggert anerkennend. "Allerdings habe ich Ende 2021 zwei Tage lang überlegt, als Du anfragtest."

Einen Kontaktversuch wenige Jahre zuvor ließ Eggert ins Leere laufen.

Sie wirken wieder vertraut: Im TAG24-Gespräch scheint die alte Freundschaft wiederbelebt

TAG24-Reporter Torsten Hilscher (54, M.) beim Interview im Dresdner Suitess-Hotel.
TAG24-Reporter Torsten Hilscher (54, M.) beim Interview im Dresdner Suitess-Hotel.  © Steffen Füssel

Inzwischen ist die alte Vertrautheit zurück. Sie duzen sich wie einst, als sie in der Neustadt um die Häuser zogen oder in Talkshows saßen.

Anekdoten fliegen hin und her. Etwa die, wie Sam 1992 erstmals bei Eggert im Dresdner Ministerial-Büro antreten sollte. Bei ihm war das als Befehl angekommen, Eggert hatte es als Einladung gemeint. Sam eilte noch schnell auf die Shoppingmeile Prager Straße, einen Anzug kaufen.

"Der war sichtbar zwei Nummern zu klein", frotzelt Eggert. Gelächter. Die alte Freundschaft, sie ist wiederbelebt.

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Dann wird Eggert sachlich: "Ich freue mich daran, dass er in einer Familie angekommen ist." Sam sagt nachdenklich: "Ich für meinen Teil hätte durch das nach wie vor vorhandene Gefühl von Schuld ohne Serie, ohne Buch möglicherweise nie den Mut gefunden, mit Dir Kontakt aufzunehmen."

"Mir gegenüber hast Du gar keine Schuld aufgeladen, die Du abtragen musst", gibt Eggert zurück. Im Ton der ehemalige Pastor. Eher müsse er sich selbst fragen, "warum habe ich bestimmte Dinge, die Du, Sam, mir erzählt hast, nicht richtig eingeordnet. Als das, was sie waren: ein Hilferuf ..."

Sam Meffire: Vom Werbegesicht der Polizei zum Schwerkriminellen

1994 machte sich der Vorzeigepolizist mit einer Sicherheitsfirma selbständig, rutschte aber schnell ins kriminelle Milieu ab.
1994 machte sich der Vorzeigepolizist mit einer Sicherheitsfirma selbständig, rutschte aber schnell ins kriminelle Milieu ab.  © Archiv Richter

Samuel Njankouo Meffire wurde 1970 in Zwenkau geboren, Vater Kameruner, Mutter Deutsche.

Seine bereits begonnene Polizeikarriere als Kriminalist startete 1992 so richtig durch, als er als Werbegesicht einer Plakatkampagne auffiel.

1994 schmiss Sam hin und gründete eine Sicherheitsfirma. Es folgte der Abstieg ins kriminelle Milieu.

Im September 1996 begann gegen ihn und zahlreiche Komplizen vor dem Landgericht Dresden ein Prozess. Vorwürfe: Raub, schwere Körperverletzung und Nötigung.

Er wurde zu neun Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt: "Davon habe ich sechs Jahre, acht Monate und 22 Tage abgesessen."

Der Sachse lebt mit Frau und zwei Töchtern (6, 11) in Bonn. Sein Sohn ist 34. Beruflich kümmert er sich um traumatisierte Kinder und Jugendliche.

Titelfoto: Montage: Steffen Füssel, Archiv Richter

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