Radsport in der Krise! So wenige Deutsche bei der Tour wie zu Jan Ullrichs Zeiten

Bilbao (Spanien) - Die 22 eingeladenen Profiteams haben ihr Aufgebot für die Tour de France bekannt gegeben. Insgesamt 176 Radprofis starten am 1. Juli das härteste Rennen der Welt in Bilbao. Unter ihnen sind nur sieben Deutsche.

Das 176-Mann-Feld hat dieses Jahr nur sieben deutsche Teilnehmer.
Das 176-Mann-Feld hat dieses Jahr nur sieben deutsche Teilnehmer.  © Thomas SAMSON / AFP

Das sind so wenige wie seit über 20 Jahren nicht mehr!

Nur drei der sieben Fahrer sind zudem jünger als 30 Jahre. Es ist Ausdruck einer sich bereits seit Jahren andeutenden Krise des deutschen Radsports.

2017 waren noch 16 Deutsche im Startfeld. Dabei waren klangvolle Namen wie Tony Martin (38), André Greipel (40), Marcel Kittel (35) und der Sohn von Sprinter-Legende Erik Zabel (52), Rick Zabel (29).

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Fünf deutsche Etappensiege gab es damals - allerdings alle vom Sprint-Star Kittel.

2014 gab es sogar heute unvorstellbare sieben deutsche Etappensiege!

Im vergangenen Jahr: gar keinen. Die beiden Jahre zuvor konnten zwar Nils Politt (29) und Lennard "Lenny" Kämna (26, beide BORA-hansgrohe) ihre Klasse beweisen und je eine Etappe für sich entscheiden, aber auch 2019 blieben die damals noch elf Deutschen glücklos.

Diese sieben deutschen Radprofis fahren die Tour de France

Ein Top-Kandidat für einen Etappen-Sieg. Georg Zimmermann (25) gewann vor wenigen Wochen eine Etappe des Critérium du Dauphiné.
Ein Top-Kandidat für einen Etappen-Sieg. Georg Zimmermann (25) gewann vor wenigen Wochen eine Etappe des Critérium du Dauphiné.  © Anne-Christine POUJOULAT / AFP

Während Kämna nach dem harten Giro d'Italia eine verdiente Pause erhält, wird Nils Politt das siebente Mal bei der Tour de France starten!

In seinem Team ist auch Emanuel Buchmann (30). Der Ravensburger wurde am vergangenen Sonntag zum zweiten Mal in seiner Karriere deutscher Meister.

Für das Team Bahrain-Victorious des kürzlich tödlich verunglückten Gino Mäder (†23) starten der Sprinter Phil Bauhaus (28) und der Allrounder Nikias Arndt (31).

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Ein heißer Kandidat für einen Etappensieg aus einer Fluchtgruppe heraus ist Georg Zimmer (25, Intermarché-Circus-Wanty). Der Augsburger präsentierte sich zuletzt in Top-Form.

Für die eine oder andere Überraschung können die beiden "alten Herren" Simon Geschke (37, Cofidis) und John Degenkolb (34, Team DSM-Firmenich) sorgen. Die beiden Routiniers kommen zusammen auf 18 Tour-de-France-Teilnahmen!

Wann kommt der nächste Jan Ullrich?

Der Grundstein für spätere deutsche Erfolge: Jan Ullrich (49) gewann 1997 die zehnte Etappe in Andorra, schnappte sich das Gelbe Trikot und gab es bis Paris nicht mehr her. (Archivbild)
Der Grundstein für spätere deutsche Erfolge: Jan Ullrich (49) gewann 1997 die zehnte Etappe in Andorra, schnappte sich das Gelbe Trikot und gab es bis Paris nicht mehr her. (Archivbild)  © PIERRE ANDRIEU / AFP

Offenbar läuft mit der Nachwuchsarbeit gehörig etwas schief: Immer mehr Rennen in Deutschland werden eingestellt, auch weil die behördlichen Auflagen strenger und teurer werden. Immer weniger Menschen fahren daher Rennen.

Wenn aber keine Deutschen bei dem berühmtesten Radrennen der Welt Erfolge einfahren, bleiben die Idole aus, die motivieren können, sich selbst an die Startlinie zu stellen oder Rennen mitzuorganisieren.

Wenn dies nicht passiert, gibt es auch keine neuen Top-Fahrer. Ein Teufelskreis.

Bis 1999 muss man zurückgehen, um so wenige Deutsche im Starterfeld der Tour zu finden. Damals starteten ebenfalls sieben Fahrer. Genauso wie beim Tour-Sieg von Jan Ullrich (49) im Jahr 1997.

Nach Ullrichs Erfolg kam der "Ullrich-Boom" und genau 10 Jahre später standen dann 19 deutsche Radprofis an der Startlinie in Frankreich. Rekord! Wer wird also der nächste Jan Ullrich?

Titelfoto: Thomas SAMSON / AFP

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