Lok-Fans werfen Böller auf Rollstuhlfahrer: Jetzt spricht ein Verletzter

Leipzig - Es war eine Schande, was sich vor vier Wochen im Bruno-Plache-Stadion ereignete: Fans, wenn man sie denn überhaupt so bezeichnen kann, des 1. FC Lokomotive Leipzig warfen Böller in Richtung Spielfeld, trafen dabei auch blau-gelbe Anhänger im Rollstuhl. Einer der Geschädigten sprach jetzt über die Geschehnisse.

Die Rollstuhlfahrer saßen zwischen der Haupttribüne und dem Spielfeld.
Die Rollstuhlfahrer saßen zwischen der Haupttribüne und dem Spielfeld.  © Picture Point / Sven Sonntag

13. August, DFB-Pokal-Spiel zwischen Lok und Eintracht Frankfurt. In der 73. Minute muss Schiedsrichter Michael Bacher (32) die Mannschaften in die Kabine schicken.

Die aufgeheizte Stimmung auf den Rängen sorgte für das Zünden und Werfen von Pyrotechnik, durch die auch Rollstuhlfahrer in akute Gefahr gebracht und teilweise getroffen wurden.

Einer von ihnen ist Lutz Heischel. Er musste aufgrund seiner Verletzungen ins Krankenhaus gebracht werden. "Der Böller ist vielleicht 60, 70 Zentimeter neben meinem Rollstuhl gelandet, hat sich gedreht, ist explodiert und ich hab dann Pappreste an meine linke Seite vors Ohr gekriegt. Dann fing es mit Fiepen an, Rauschen, Kopfschmerzen und Übelkeit", berichtet er der MDR-Sendung "Kripo live" in der aktuellen Folge.

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Seine Frau Claudia habe ihn daraufhin "geschnappt, dann sind wir alle zum Tunnel gefahren, wo der Ausgang für Rollstuhlfahrer ist und dann gleich zum medizinischen Dienst. Dort wurde festgestellt, dass ich ein Knalltrauma hab."

Der Tumorpatient konnte allerdings keine Cortisonbehandlung bekommen und somit nicht bestmöglich behandelt werden. "Ich habe das Problem, dass vieles zurückbleibt." Ständige Ohrgeräusche plagen Heischel seitdem, außerdem erlitt er teilweise einen Gehörverlust.

Nach den Böllerbewürfen wurden die Rollstuhlfahrer in Sicherheit gebracht.
Nach den Böllerbewürfen wurden die Rollstuhlfahrer in Sicherheit gebracht.  © Picture Point / Sven Sonntag

Lok Leipzig will gegen Chaoten vorgehen: "Sehen, dass wir alle rechtlichen Mittel ausschöpfen"

Lok-Präsident Torsten Kracht (55) fand deutliche Worte für einen Teil der eigenen Anhänger.
Lok-Präsident Torsten Kracht (55) fand deutliche Worte für einen Teil der eigenen Anhänger.  © Picture Point / Sven Sonntag

Für die "wenigen Bekloppten" des Pokalnachmittags hatte Loks Präsident Torsten Kracht (55) "überhaupt kein Verständnis. Wir werden sehen, dass wir alle rechtlichen Mittel ausschöpfen."

Die krachende 0:7-Pleite war bereits zur Nebensache geworden. Das Drumherum bestimmte schnell die Schlagzeilen.

"Es gab jede Menge Straftaten: Sachbeschädigungen, Körperverletzungsdelikte und gefährliche Körperverletzung wegen des Einsatzes von Pyrotechnik", zählte Polizeisprecher Olaf Hoppe auf. Mehr als 30 Strafverfahren wurden eingeleitet.

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Tatverdächtige mussten und müssen identifiziert und ihnen die Verfahren zugeordnet werden. "Das ist uns bereits bei der Hälfte gelungen. Wir sind aber natürlich auch weiterhin auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen", so Hoppe.

Dass einige Täter sich noch nicht der Polizei gestellt haben, kann Lutz Heischel nicht verstehen: "Warum ist man so feige? Nicht mal den Mut zu haben und zu seiner Sache zu stehen, dass man Scheiße gebaut hat, das ist für mich das Schlimmste, was es gibt."

Foto- oder Videoaufnahmen könnt Ihr der Polizei - auch in anonymer Form - online über sn.hinweisportal.de senden oder der Kripo telefonische Hinweise über die (0341) 9664 6666 übermitteln.

Titelfoto: Picture Point / Sven Sonntag

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