Chemnitz - Bundeskanzler Friedrich Merz (69, CDU) sorgte mit seiner "Stadtbild"-Aussage in Bezug auf die Migration für hitzige Diskussionen. Das politisch rechte und konservative Lager sieht sich bestätigt, von linker Seite hagelt es massive Kritik. Doch wie stehen Chemnitzer Politiker und Politikerinnen dazu? TAG24 hat nachgefragt.
SPD-Stadtrat Detlef Müller (61) findet die Diskussion grundsätzlich nicht schlecht, doch alle Probleme auf das Thema Migration zu schieben, sei falsch.
"Das Stadtbild hat sich in den letzten Jahren verändert, nicht unbedingt zum Besseren - auch in Bezug auf Vermüllung, Vandalismus, leerstehenden Geschäften, Sicherheit." Migration spiele dabei auch eine Rolle, sagt er - aber eben nicht nur.
"Wir haben ein gesellschaftliches Gesamtproblem. Wir brauchen wieder mehr Respekt, Eigenverantwortung, Anstand und Bildung", sagt der SPD-Politiker.
Nico Köhler (49, AfD) sieht das völlig anders. "Die Nachrichten über strafbare Handlungen mit Beteiligung von Migranten nehmen nicht ab und prägen damit die Sicht auf unser 'Stadtbild', welches seit 2015 stark gelitten und das Unsicherheitsgefühl der Bürger hervorgerufen hat", so Köhler.
Er fordert knallhartes Durchgreifen: Sollten Asylbewerber Straftaten begehen, sollte ein Aufenthaltsverbot für Chemnitz folgen.
Grüne kritisieren Merz-Aussage, CDU irritiert über Empörung aus linkem Lager
Andere Töne von der Chemnitzer Kreisverbands-Vorsitzenden Anne Eibisch (Grüne). Sie kritisiert die Merz-Aussage massiv: "Das Thematisieren von Sicherheitsproblemen in deutschen Städten ist richtig und notwendig, doch statt sich um eine wirkliche, inhaltliche Debatte zu bemühen suggeriert er [Friedrich Merz, Anm. d. Red.] mit seiner Äußerung, das 'Problem im Stadtbild' wären Menschen mit ausländischem Aussehen. Diese Äußerung ist nicht nur falsch, sondern auch pauschalisierend."
In Chemnitz habe sich das Sicherheitsgefühl dank mehr Polizei auf den Straßen spürbar verbessert, sagt Eibisch. Nicht zuletzt durch den Sicherheitspunkt an der Zenti. Statt pauschaler Sprüche brauche es echte Lösungen - etwa mehr Polizisten in den Innenstädten, so die Grünen-Politikerin.
Die CDU Chemnitz steht hinter der Aussage ihres Kanzlers. "Zugleich sind wir irritiert darüber, welche Empörung diese Aussagen in anderen politischen Lagern ausgelöst haben", heißt es. Dass sich das Stadtbild verändert habe, lasse sich nicht leugnen - ebenso die subjektive Sicherheitswahrnehmung der Bürger.
"Auch in Chemnitz hat sich das Stadtbild in den letzten zehn Jahren verändert. Wenn Menschen zu späteren Uhrzeiten die Zentralhaltestelle meiden, ist es ein Indiz dafür, dass etwas nicht stimmt", so die CDU. Die Christdemokraten unterstützen zudem die vom Kanzler angesprochenen Maßnahmen zur Rückführung.
Auch BSW sieht dringenden Handlungsbedarf beim Migrations-Thema
BSW-Stadtrat Nico Rudolph (36) findet, dass Merz nicht die besten Worte gefunden hat, das Thema aber besprochen werden muss. "Eine zu große Anzahl an Migranten überfordert den Sozialstaat, insbesondere wenn Integration nicht gefordert und gefördert wird", sagt er.
Das "Stadtbild"-Problem lasse sich nicht auf ganz Chemnitz übertragen, aber auf bestimmte Stadtteile. "Müllberge bei Kleidercontainern, herumliegender Müll auf dem Fußweg, regelmäßige Lärmbelästigungen, Vandalismus, mitunter auch Kriminalität durch Clanstrukturen. Das ist nichts, was man in dem Maße vor 10 Jahren so gekannt hat", so Rudolph.
Rückführungen wären ein erster Schritt, so das BSW. Gleichzeitig sollten Menschen, die aus einem sicheren Drittstaat kommen, kein Asyl mehr in Deutschland bekommen, fordert Rudolph.
Merz-Aussage löst bundesweit heftige Debatte aus
Mitte Oktober feuerte Kanzler Merz die Migrations-Debatte an. "Wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem", sagte er. Später konkretisierte er die Aussage.
Ihm sei es um Migranten ohne Aufenthaltsrecht und Arbeit gegangen, die sich nicht an geltende Regeln halten.
Zuletzt hatte es in vielen Städten Proteste gegen die umstrittenen Aussagen gegeben.
Erstmeldung: 31. Oktober, 6.02 Uhr, zuletzt aktualisiert: 15.42 Uhr