Politik aufs Korn: Leidet die deutsche Politik an Demenz?

Berlin - Wieder neigt sich eine Woche dem Ende zu und mit ihr treten reihenweise politische Ereignisse ihren Weg in die Vergessenheit an. In diesem Wochenrückblick lässt TAG24-Redakteur Malte Kurtz (28) die politischen Highlights Revue passieren und betrachtet die Entwicklungen in Deutschland sowohl kritisch als auch mit einem Augenzwinkern. Denn wenn eines in der Bundesrepublik sicher ist, dann, dass unsere Parteien und Politiker gerne einmal für Kopfschütteln innerhalb der Bevölkerung sorgen.

Die Union um den Bundesvorsitzenden Friedrich Merz (67) scheint vergessen zu haben, dass es ihrer Partei oft selbst schwerfiel, Privates und Amt voneinander zu trennen.
Die Union um den Bundesvorsitzenden Friedrich Merz (67) scheint vergessen zu haben, dass es ihrer Partei oft selbst schwerfiel, Privates und Amt voneinander zu trennen.  © Kay Nietfeld/dpa

Nachdem bereits vor drei Wochen bekannt wurde, dass im Wirtschaftsministerium neun Referatsleiterstellen von Minister Robert Habeck (53, Grüne) persönlich und eigenhändig mit ihm nahestehenden Personen besetzt wurden, war die Empörung darüber groß. Die "Bild" sprach von einem "Kumpel-Netztwerk", im "Focus" war gar von einem "Habeck-Clan" die Rede.

Am Mittwoch stand die umstrittene Personalsituation im Habeck-Ministerium auf der Tagesordnung im Bundestag und ausgerechnet die CDU/CSU riss dabei in der "Aktuellen Stunde" den Mund am weitesten auf.

Ausgerechnet jene Partei, deren Abgeordnete sich während der Corona-Pandemie an zweifelhaften Masken-Deals bereicherten. Dieselbe Partei, deren letzter Verkehrsminister Andreas Scheuer (48) frühzeitig die schlussendlich geplatzte PKW-Maut mit einem Privatunternehmen vereinbarte und immensen Schadensersatz verursachte.

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Genau die Partei von Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn (42), der sich kurz nach Pandemie-Beginn auf fragwürdige Weise eine Villa in Berlin finanzieren ließ, sprach im Parlament von "Selbstbedienungsladen" oder "Vereinbarkeit von Beruf und Familie".

Na klar, es ist irgendwo Aufgabe der Opposition, ein solches Fehlverhalten von Regierungsmitgliedern zu bemängeln, aber wenn die CDU es tut, wirkt es in diesem Fall doch sehr scheinheilig und beweist wieder einmal das vorhandene Kurzzeitgedächtnis unserer Politiker. Wahlprogramm, Versprechen oder Skandale? Alles Schnee von gestern.

Schon wieder GroKo und Viessman-Verkauf: Politik für Dummies?

Da haben die Berliner CDU und ihr künftiger Bürgermeister Kai Wegner (50) gut lachen: Die SPD um Franziska Giffey (44) hat sich mal wieder für eine Große Koalition geopfert.
Da haben die Berliner CDU und ihr künftiger Bürgermeister Kai Wegner (50) gut lachen: Die SPD um Franziska Giffey (44) hat sich mal wieder für eine Große Koalition geopfert.  © Bernd von Jutrczenka/dpa

Massive Erinnerungslücken schienen auch 54,3 Prozent der Mitglieder der Berliner SPD aufzuweisen, die für eine Koalition mit der CDU stimmten.

Aus dem SPD-Motto "Nie wieder GroKo" bei der letzten Bundestagswahl wurde infolge der Wiederholungswahl in Berlin und einem großen Stimmverlust der Sozialdemokraten um Franziska Giffey (44) ein "Meinetwegen wieder GroKo, solange wir an der Macht bleiben".

Die ersten Demenz-Erscheinungen unserer Politiker in dieser Woche haben erneut gezeigt, dass es einfacher ist, heute genau das zu behaupten, was alle hören wollen und sich morgen einfach nicht mehr daranzuhalten. Ein wahrer Klassiker und leider fester Bestandteil der Anfänger-Lektüre "Politik für Dummies".

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Weil es einem die deutsche Politik diese Woche auch einfach zu leicht machte, hier noch ein letztes Beispiel dafür, warum sich niemand wundern sollte, wenn eines unserer Regierungsmitglieder mal verwirrt und "hinten offen" mit Kittel bekleidet auf der Autobahn gesichtet wird.

Nachdem sich die Ampel-Koalition mit dem "Gebäudeenergiegesetz" mehr oder weniger auf die künftige Nutzung von Wärmepumpen geeinigt hatte, freute man sich dennoch darüber, als das hessische Unternehmen Viessmann die deutsche Zukunftstechnologie am Mittwoch mal eben an die amerikanische Konkurrenz verhökerte.

Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums sagte diesbezüglich, dass dies kein Rückschlag für Deutschland sei, sondern dass der Verkauf ganz im Gegenteil zeige, dass in deutsche Technik investiert werde. Somit hat Habecks Familienbande im Wirtschaftsministerium wohl vielmehr ein Problem mit Intelligenz, als mit fragwürdigen Personalentscheidungen.

Der Tweet der Woche!

Auf den ersten Blick scheint dieser Tweet alles andere als lustig. Finanzminister Christian Linder (44, FDP) hält eine Rede an einer amerikanischen Uni und preist den Liberalismus mit einem Lobgesang an, na und?

Das Amüsante erwartet schließlich all jene, die bereit sind, dem Link des Finanzministeriums zu besagter Rede Lindners an der Universität Princeton zu folgen.

Für die englische Aussprache, die unser Finanzminister dort an den Tag legte, hätte mich mein früherer Englisch-Lehrer geohrfeigt.

TAG24-Redakteur Malte Kurtz (28) fasst die politischen Ereignisse der vergangenen Woche kurz und kritisch zusammen.
TAG24-Redakteur Malte Kurtz (28) fasst die politischen Ereignisse der vergangenen Woche kurz und kritisch zusammen.  © Eric Münch

Kommendes Wochenende folgt dann die nächste Episode des politischen Wochenrückblicks "Politik aufs Korn".

Titelfoto: Bildmontage: Kay Nietfeld/dpa, Bernd von Jutrczenka/dpa

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