Deutschlands nächste Casting-Show: Wer übernimmt das Verteidigungsministerium?

Berlin - Seit Montagmorgen ist der Rücktritt von Christine Lambrecht (57, SPD) als Verteidigungsministerin amtlich. Nun stellt sich die Frage, wer das Amt künftig übernehmen wird. TAG24 stellt die möglichen Kandidaten einmal vor.

Als Verteidigungsministerin gab Christine Lambrecht keine gute Figur ab. Zuletzt war sie eher als "Pannen-Ministerin" bekannt.
Als Verteidigungsministerin gab Christine Lambrecht keine gute Figur ab. Zuletzt war sie eher als "Pannen-Ministerin" bekannt.  © Jens Büttner/dpa

Der Rücktritt Lambrechts schien spätestens seit ihrem Silvester-Video nur noch eine Frage der Zeit zu sein, nachdem die Ex-Ministerin bereits zuvor für sämtliche Pannen stark in die Kritik geraten ist.

Ein Hin und Her um Waffenlieferungen an die Ukraine, Mängel bei der Einsatzbereitschaft deutscher Panzer und Forderungen nach einer kompetenteren Besetzung des bedeutsamen Ministeramtes: Nein, Frau Lambrecht hinterlässt wahrlich alles andere als einen geordneten Arbeitsplatz.

Wer auch immer das Verteidigungsministerium übernimmt, steht vor vielen Herausforderungen und von Beginn an unter großem Druck.

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Wer also bekommt den Job? Bundeskanzler Olaf Scholz (64, SPD) hat bereits eine "zeitnahe" Regelung der Nachfolge angekündigt.

Nachfolgerin oder Nachfolger? Scholz in seiner eigenen Zwickmühle!

Olaf Scholz (64, SPD) steht vor einer schwierigen Entscheidung. Findet er zeitnah einen geeigneten Kandidaten?
Olaf Scholz (64, SPD) steht vor einer schwierigen Entscheidung. Findet er zeitnah einen geeigneten Kandidaten?  © Kay Nietfeld/dpa

Nach aktuellem Stand der Dinge stehen insgesamt fünf Kandidaten für die Nachfolge Lambrechts bereit. Drei Männer und zwei Frauen.

Die Beachtung des Geschlechts spielt dabei eine wichtige Bedeutung, zumal es sich Kanzler Scholz zum Ziel gesetzt hat, die Kabinettsposten gleichermaßen mit Frauen und Männern zu besetzten.

Mit Lambrecht geht nun eine Frau, also müsste theoretisch auch eine Nachfolgerin in das Amt berufen werden, oder?

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Wie sich zeigt, hat Scholz aber auch andere Optionen. Gewiss ist nur, dass er bei seiner Entscheidung unter großem öffentlichen Druck steht.

Eine weitere Fehl-Besetzung kann sich der Kanzler nicht leisten.

Erfahrung ja, aber ...

Arbeitsminister Hubertus Heil (50, SPD) ist unter den Nachfolge-Kandidaten. Wird er den Ansprüchen gerecht?
Arbeitsminister Hubertus Heil (50, SPD) ist unter den Nachfolge-Kandidaten. Wird er den Ansprüchen gerecht?  © Fabian Sommer/dpa

Unter den möglichen Kandidaten stehen dabei zwei Politiker, die bereits jetzt Mitglied in der Regierung sind. Arbeitsminister Hubertus Heil (50, SPD) und Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (52, SPD).

Vorneweg ist für beide Kandidaten klar: Sollten sie das Amt übernehmen, muss ihr aktuelles Amt mit einer weiblichen Ministerin besetzt werden.

Für Heil spricht dabei seine langjährige Erfahrung in der politischen Führungsebene. Als zweimaliger Generalsekretär der SPD (2005 bis 2009 und kurz 2017) sowie als SPD-Vorstandsmitglied (seit 2011) und als stellvertretender Fraktionsvorsitzender (2009-2017) kann man dem aktuellen Arbeitsminister keine mangelnde Expertise vorwerfen.

Gegen Heil spricht jedoch sein Bezug zum Militär. Wie oft musste sich Lambrecht, die eigentlich lieber Justiz- oder Familienministerin geworden wäre, anhören, dass sie ungeeignet für das Verteidigungsministerium sei.

Dieser Kritik würde sich im Falle einer Nachfolge auch Heil ausgesetzt sehen, zumal in seinem Lebenslauf kein absolvierter Wehrdienst auftaucht. Anstelle beim Militär zu dienen, bevorzugte Heil stattdessen den Zivildienst beim Paritätischen Wohlfahrtsverband.

Ebenfalls erscheint es unwahrscheinlich, dass Heil erst hart an seiner Renten-Reform arbeitet, sich auf die Seite der Arbeiter kämpft, um schließlich den "Schleudersitz" im Verteidigungsministerium einzunehmen.

Die Modernisierung der Bundeswehr als besondere Aufgabe?

Für Kanzleramtschef Schmidt sieht es dabei ähnlich aus wie für Heil. Langjährige Berufserfahrung, ja. Bezug zur Bundeswehr, nein.

Als Jurist und Sekretär mangelt es nicht an bürokratischer Erfahrung. Mit seinem Amt als Minister für "besondere Aufgaben" lässt sich zumindest vermuten, dass er sich in die besondere Aufgabe im Verteidigungsministerium schnell einleben könnte.

Doch der Kanzler hat auch drei Kandidaten zur Auswahl, die Expertise im Feld der Verteidigungspolitik mitbringen.

Kanzleramtschef und Minister für besondere Aufgaben. Wechselt Wolfang Schmidt (52, SPD) vom Kanzleramt in das Verteidigungsministerium?
Kanzleramtschef und Minister für besondere Aufgaben. Wechselt Wolfang Schmidt (52, SPD) vom Kanzleramt in das Verteidigungsministerium?  © Lennart Preiss/dpa

Lars Klingbeil: Noch mehr Stühlerücken

Zunächst wird da der SPD-Parteivorsitzende Lars Klingbeil (44) gehandelt. Als Mitglied des Verteidigungsausschusses setze er sich eigenen Angaben zufolge für das Wohl der Soldaten und die Modernisierung der Armee ein.

Mit seiner Fachkenntnis wäre Klingbeil also klar bereit, Lambrechts Nachfolge gewissenhaft zu übernehmen.

Der SPD-Vorsitzende bringt jedoch einen großen Nachteil mit: Sollte er Verteidigungsminister werden, müsste ein anderer männlicher Minister seinen Platz für eine weibliche Kollegin räumen, ohne weiterhin im Kabinett bleiben zu können.

Hierfür einen bereitwilligen Kandidaten zu finden, könne Scholz mehr in die Bredouille bringen als die Fehltritte Lambrechts selbst.

Deshalb erscheint eine der beiden möglichen Nachfolgerinnen als einfachste und effektivste Option für Scholz.

SPD-Parteivorsitzender Lars Klingbeil (44) engagiert sich schon lange im Verteidigungsausschuss des Bundestags.
SPD-Parteivorsitzender Lars Klingbeil (44) engagiert sich schon lange im Verteidigungsausschuss des Bundestags.  © Christophe Gateau/dpa

Die Top Zwei

Die Wehrbeauftragte der SPD, Eva Högl (54), und die bisherige Staatssekretärin im Verteidigungsministerium, Siemtje Möller (39, SPD), erscheinen als einfachste und kompetenteste Besetzung für das Amt.

Durch ihre Nachfolge würde Scholz weitere Streitigkeiten im Kabinett aufgrund der geschlechterspezifischen Besetzung umgehen und gleichermaßen der Kritik einer unpassenden Besetzung des Amtes im Verteidigungsministerium ausweichen.

Högl wird dabei auch aus Reihen der Opposition unterstützt. Sowohl der CDU-Verteidigungspolitiker Florian Hahn (48) als auch der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Union, Johann Wadephul (59, CDU), haben sich bereits für die 53-Jährige stark gemacht.

Bekommt Zuspruch von der Opposition: SPD-Wehrbeauftragte Eva Högl (54, SPD) hat gute Karten.
Bekommt Zuspruch von der Opposition: SPD-Wehrbeauftragte Eva Högl (54, SPD) hat gute Karten.  © Michael Kappeler/dpa

Letztlich entscheidet der Kanzler

Möller hingegen steht mit ihrem jungen Alter für die dringend benötigte Modernisierung innerhalb der Bundeswehr. Bisher ist sie politisch allerdings kaum in Erscheinung getreten.

Von der Sekretärin zur Chefin? Siemtje Möller (39, SPD, r.) könnte nach Lambrechts Rücktritt die Karriereleiter im Ministerium höher klettern.
Von der Sekretärin zur Chefin? Siemtje Möller (39, SPD, r.) könnte nach Lambrechts Rücktritt die Karriereleiter im Ministerium höher klettern.  © Patrick Pleul/dpa

Eine rasche Entscheidung täte definitiv allen Beteiligten gut.

Titelfoto: Kay Nietfeld/dpa

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